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Zukunft des Weltwirtschaftsforums DavosKongress­veranstalter ohne Kongress

Wegen Corona treffen sich Konzern- und Regierungschefs wieder nicht beim Weltwirtschaftsforum. Nun fragen manche: Wer braucht Davos noch?

Blick auf das winterliche Davos, ohne Gipfelteilnehmerinnen Foto: Pascal Lauener/reuters

Berlin taz | Der Schweizer Skiort Davos bleibt auch dieses Jahr von der Globalisierung verschont. Jedenfalls von dem zusätzlichen Andrang aus allen Teilen der Welt, der normalerweise im Januar über das Städtchen im Kanton Graubünden hereinbricht. Die Hotellerie findet das schlecht, aber wegen der Corona-Variante Omikron blieb den Veranstaltern des Weltwirtschaftsforums (WEF) aber wohl keine Wahl, als den riesigen Kongress nach 2021 zum zweiten Mal abzusagen. Es gibt aktuell nur einen kleinen Online-Ableger, der längst nicht die Größe der einstigen Treffen erreicht. Offiziell wurde das Forum auf Sommer verschoben. Steckt das WEF nun in Schwierigkeiten? Manche fragen sogar: Hat es sich in Post-Corona-Zeiten möglicherweise überlebt?

Ein Kongressveranstalter ohne Kongress hat ein Problem. Gerade in diesem Fall: Normalerweise begrüßt WEF-Chef Klaus Schwab 50 Staats- und Regierungschefs persönlich, wenn er nach Davos einlädt, dazu Dutzende Vorstände der größten Konzerne weltweit. Tausende Journalistinnen und Reporter berichten.

Davos präsentiert sich eine Woche lang als Gipfel der politisch-ökonomischen Weltelite. Wenn der Kongress vielleicht in diesem Frühjahr – oder doch erst im Januar 2023 – stattfindet, werden wahrscheinlich wieder viele Leute kommen. Wie zahlreich, wird sich zeigen.

Auch betriebswirtschaftlich bedeutet die Absage einen herben Verlust. 2021 sank der Umsatz des WEF im Vergleich zum Vorjahr um etwa 14 Prozent auf rund 315 Millionen Schweizer Franken (300 Millionen Euro). Verantwortlich dafür waren vor allem die ausgebliebenen regelmäßigen Teilnahmegebühren und geringeren Mitgliedsbeiträge der Unternehmen, die das Forum tragen.

WEF angeblich nicht existentiell gefährdet

Das WEF hat etwa 1.000 Mitgliedskonzerne, viele davon mit einem Umsatz im Milliarden-Dollar-Bereich. Trotzdem verfügt das WEF laut eigenem Finanzbericht über Reserven von mindestens 200 Millionen Franken. Durch die Absage des Forums ist es angeblich vorerst nicht existentiell gefährdet.

Schwierig für das WEF gestaltet sich die Weltlage. Die 1971 als gemeinnützige Stiftung gegründete Organisation wurde groß im Zuge der Globalisierung. Sie befürwortet wachsenden Welthandel und setzt sich im Prinzip für offene Märkte ein. Beides funktioniert jetzt jedoch schlechter als früher.

Der Welthandel lahmt, die großen Machtblöcke China, USA, Russland und Europa entfernen sich voneinander. Ob die Freunde der Globalisierung von der Tendenz zur Deglobalisierung profitieren, bleibt abzuwarten. Allerdings lässt sich das Argument auch herumdrehen: Gerade politische und ökonomische Probleme können zusätzlichen Gesprächsbedarf generieren, für den Davos eine Plattform bieten mag.

Ähnliches gilt für die Kritik, die das Weltwirtschaftsforum auf sich zieht. Inspiriert von Schwabs Buch „The Great Reset“ (Der große Neustart) behaupten rechte Globalisierungskritiker, die im WEF zusammengeschlossenen Konzerne verfolgten einen Masterplan zur Umgestaltung der Welt. Schwächt dieser Angriff die Organisation?

Davos profitierte von Globalisierungskritikern

Unklar. Von der Auseinandersetzung mit der linken globalisierungskritischen Bewegung in den 2000er Jahren hat Davos profitiert. Der Kongress wurde größer, vielgestaltiger, kontroverser, das WEF insgesamt einflussreicher. Rechte und linke Kritikerinnen und Kritiker widersprechen sich zwar in vielen Punkten, in gewissen Teilen ihrer Analysen liegen sie jedoch nah beieinander.

Lange war der Einfluss der Veranstaltung gewachsen. Mittlerweile ist das WEF nicht mehr in erster Linie ein Kongressveranstalter, sondern eine Lobbyorganisation, die die Interessen der weltgrößten Unternehmen an die Politik heranträgt. Ein Beispiel für solche Aktivitäten, die kaum vom Radar der Öffentlichkeit erfasst werden, ist die 2019 abgeschlossene Partnerschaftsvereinbarung zwischen den Vereinten Nationen und dem Weltwirtschaftsforum.

Dabei geht es vor allem um die Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele. Man kann den Text allerdings auch so lesen: „Die Weltbehörde gewährt den durchs WEF vertretenen Konzernen direkten Zugang zu vielen relevanten Gremien und Programmen“, sagt Oliver Classen von der linken, globalisierungskritischen Organisation Public Eye in Zürich.

Im vergangenen Jahr kooperierten die Vereinten Nationen und das WEF im Umkreis des UN-Gipfels für Ernährungssysteme (UNFSS). Positiv betrachtet machten sich die Agrarkonzerne dabei Gedanken, wie zehn Milliarden Menschen zu ernähren seien. Negativ betrachtet bewarb die Industrie ihre großtechnischen Produkte, ohne auf die Interessen der Entwicklungsländer und der dortigen Kleinbauern Rücksicht zu nehmen.

Türen öffnen kann das WEF für seine Mitgliedsfirmen auch ohne den Kongress – wenngleich sich die öffentlichen und nicht-öffentlichen Aktivitäten im besseren Fall gegenseitig befruchten. Vom Weltwirtschaftsforum wird man noch einiges hören. Oder eben auch nicht.

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8 Kommentare

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  • Däh&Zisch - Mailtütenfrisch schlenztein:

    “ "Nun fragen manche: Wer braucht Davos noch?" Die Davoser natürlich. Die über-demokratische / un-demokratische Vereinigung WEF hingegen wird nicht gebraucht. Kann weg.“

    kurz - anschließe mich •



    Die eine eine Frage bleibt:



    Ja wie? => Wohin - Verklappen - Sondermülldeponie?



    Na dann - Prima Klima.



    kurz2 - le petit cheflereporter übernehme Sie! PU esu •

  • Sach mal so - nicht so inhaltlich! die Knaller. But.

    “…Zudem ist er ein Young Global Leader des Weltwirtschaftsforums[200]…“



    Klar - Jens Spahn



    & voll AA -



    “ …Seit 2020 ist Baerbock Mitglied der Community Young Global Leaders des Weltwirtschaftsforums.[117]…“



    & was machen‘s da so!? “Wir über uns“



    www.younggloballeaders.org/community/



    “ Community



    The Forum of Young Global Leaders is a community of innovators from diverse backgrounds and experiences. Search current members and alumni by year awarded, sector or region.“ Ach was!



    Mild-offene Beschreibung für Eliten-Geklüngel-Nachwuchs-Gezücht - wa!



    “Mal von 1 - 93 durchscrollen! Denn =>



    The Forum of Young Global Leaders is an initiative of the World Economic Forum.



    YGL® and Young Global Leaders® are registered trademarks of The Forum of Young Global Leaders“

    kurz - Wie der gern so auffällig nachsichtige Hannes Koch anmerkt:



    “… Ein Beispiel für solche Aktivitäten, die kaum vom Radar der Öffentlichkeit erfasst werden,…“ Genau Genau - Denn!



    Genau darum geht es global the beautys & the rich: Bloß keine Kontrolle - gar igittigitt demokratische - sich nicht in die Karten gucken lassen!



    & Däh NIs =>



    NÜTZLICHE IDIOTEN HERANZÜCHTEN •



    Das muß für nötig allemal reichen - wa!

    Naja - vllt geht das ja so in die Hose wie -



    Die Harzburger Front - öh ich mein das Harzburger Modell.

    unterm——- Zuchtauswahl —-



    de.wikipedia.org/wiki/Jens_Spahn



    &



    de.wikipedia.org/wiki/Annalena_Baerbock



    &



    de.wikipedia.org/wiki/Harzburger_Front



    & Kontinuität =>



    de.wikipedia.org/wiki/Harzburger_Modell



    “… Das Konzept zum Harzburger Modell entstand 1954 durch den ehemaligen SS-Oberführer und NS-Staats- und Verwaltungsrechtler Reinhard Höhn auf der Grundlage militärischer Führungsgrundsätze und wurde an der am 26. März 1956 von Höhn gegründeten Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft Bad Harzburg (AFW) in Bad Harzburg gelehrt. Sie vermittelte Führungskräften Wissen, … ff

    • @Lowandorder:

      ff

      … wie sie im Mitarbeiterverhältnis mit der Delegation von Verantwortung und der damit verbundenen Stellenbeschreibung führen konnten. Es hat seinen Namen vom Ort der Präsentation. Im Jahre 1962 stellte Höhn ein geschlossenes Management-System vor. Seitdem erlebte das Harzburger Modell in der Wirtschaft, Verwaltung und bei der Bundeswehr einen Aufschwung, 1966 erschien die erste Auflage des von Höhn und Gisela Böhme verfassten Buchs Führungsbrevier der Wirtschaft. Ab etwa 1972 rückten in deutschen Unternehmen amerikanische Managementsysteme stärker in den Vordergrund und ließen das – inzwischen kritisierte – Harzburger Modell an Bedeutung verlieren. Im September 1989 ging der Bad Harzburger Bildungsverbund in Konkurs[1] und wurde aufgespalten. Die Cognos AG übernahm den Seminarbetrieb der AFW. In Vahlens Großes Wirtschaftslexikon wurde 1999 das Harzburger Modell noch als das mit Abstand höchstentwickelte Führungssystem gewürdigt.[2] Bis zum Todesjahr Höhns 2000 wurden etwa 600.000 Führungs- und Nachwuchskräfte in der Akademie ausgebildet, und 100.000 Teilnehmer erhielten im Fernstudium das „Harzburg-Diplom“.



      Seit 1972 kam in der Fachliteratur zunehmend Kritik auf.[6][7] Das 350 Organisationsregeln umfassende Modell besitzt eine hohe Regelungsdichte, die einen autoritär-bürokratischen Führungsstil präferiert und deshalb von der propagierten „Führung im Mitarbeiterverhältnis“ weit entfernt ist, weil der Mitarbeiter lediglich Routineentscheidungen treffen darf, während der Vorgesetzte in außergewöhnlichen Situationen regelmäßig einzugreifen hat. Dem Mitarbeiter fehlt es an der präzisen Vorgabe des Ermessens- und Ausnahmebereichs. Durch die Regelungsdichte neigt das Modell zur Überorganisation und lässt weitgehend Aussagen zur Zielbildung und Planung vermissen.

      Als Höhns prominente Rolle im Dritten Reich bekannt wurde, trug dies ebenfalls zum Niedergang des Modells und der Akademie selbst bei.[8]



      ff & Rest

      • @Lowandorder:

        Vielen Dank für den Hinweis auf die Parallelen von YGL/WEF und Harzburger Modell als Kaderschmiede der Polit-und Wirtschaftseliten, v. a. auf dessen Wurzeln im Hakenkreuzler-Regime. 600 000 Führungskader wurden also von einem SS-Oberführer nach militärischen Führungsgrundsätzen der SS geformt! Das erklärt so manches...

        Auf der Gegenseite hatte wohl die Parteihochschule der KPdSU in Moskau eine vergleichbare Zuchtfunktion für die Funktionselite der Bündnissphäre rund um den Kreml-Orbit.

        Der Wikipedia-Liste zum Thema auch den zur „Harzburger Front“ beizumischen, ist sehr hintergründig und witzig. Freud hätte es gefreut.

        • @Reinhardt Gutsche:

          Gern. Kleiner Schlenker -

          “ Herrhausen besuchte das Carl-Humann-Gymnasium in Steele (Essen) und die Reichsschule Feldafing, eine NS-Ausleseschule. Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte er an der Universität zu Köln Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre. 1951 im Corps Hansea Köln recipiert, zeichnete er sich als Senior aus.“

          Auch hübsch - wa. & So sanns:



          “Sie! wissen - Warum ich! hier sitze!“



          Als Jungdackel Vorsitzender der Deutschen Bank!

          So geht das



          & btw entre nous only =>



          Freu mich immer - wenn ich an seiner etwas runtergekommenen Chorps-Kaderschmiede einmal die Woche vorbeikomme.



          de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Herrhausen - die sterben nicht - auch wenn sich der ein oder andere Hohlkopf - wie zB 😷Spahn - sich selbst ins Aus katapultiert & der Linksruck phantasia di tazis den Rest besorgt!



          Um Frau AA di Annalena mach ich mir keine Sorgen - Null mal Null is Null -



          m.youtube.com/watch?v=RyUalCcUxO4



          Bläck Fööss - En d'r Kayjass nummer Null -

          Ende des Vorstehenden

      • @Lowandorder:

        ff & Rest

        “… Zu dieser Zeit war auch der ehemalige SS-Obersturmbannführer Justus Beyer in der Akademie als Dozent tätig.[9]

        Weil das Regelwerk nicht mehr zeitgemäß war, wurde das Harzburger Modell seit 1989 nicht mehr umfassend gelehrt. Heute hat es nur noch eine untergeordnete Bedeutung im Hinblick auf die Grundprinzipien der Delegation von Verantwortung. Seit 2004 wird dieser Ansatz von der AFW stark erweitert und umfassender als Harzburger Führungslehre (HFL) gelehrt, welche evolutionär ausgerichtet ist.“

        kurz - Öffentlichkeit & demokratische Kontrolle ist gerade für derartig obskure dreist abgeschottete Organisationen - anslog oder digital positioniert - zwingend notwendig - um der Welt & ihrer Bewohner willen •

  • Keiner braucht WEF! sowie Bilderberg,Sicherheitskonferenz München...G7...G20 außer unseren inzwischen blauen Truppen,die darüber den Ankauf neuer Wasserwerfer von 1 Million €/Stück rechtfertigen! G20 Kosten Hbg 130 Millionen €, letzter G7 Elmau 113 Millionen und dieses Jahr in Elmau bestimmt ähnlich-ein schönes Konjunkturprogramm !

  • Gute Frage

    Zitat: „Nun fragen manche: Wer braucht Davos noch?“

    Was heißt hier „noch“? Wurde das WEF denn je von jemandem gebraucht?