Zukunft des Nahverkehrs in Berlin: Die S-Bahn fährt in den Pool
Die künftigen Fahrzeuge für die Teilnetze Stadtbahn und Nord-Süd sollen dem Land Berlin gehören. Man habe „aus der Vergangenheit gelernt“, so die Grünen.
Die meisten Fahrzeuge der S-Bahn werden in Zukunft nicht mehr dem privaten Betreiber S-Bahn Berlin GmbH gehören, sondern den BerlinerInnen. Die rot-rot-grüne Koalition hat am Dienstag in einer Gesprächsrunde mit der Senatsverkehrsverwaltung beschlossen, einen landeseigenen Fahrzeugpool aufzubauen.
Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für die Grünen) nannte es eine „wichtige Weichenstellung für die Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs in Berlin“; der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Harald Moritz, sprach von einem „Durchbruch“. Man habe „aus den Herausforderungen der Vergangenheit gelernt“: der S-Bahn-Krise und dem zuletzt durchgeführten Vergabeverfahren für die Ringbahn.
Geplant ist nach Informationen der taz, Beschaffung, Instandhaltung und Betrieb von mindestens 600 Viertelzügen für die Teilnetze Stadtbahn und Nord-Süd auszuschreiben. Unternehmen können sich auf das gesamte Paket oder aber nur auf die Teillose Beschaffung/Instandhaltung bzw. Betrieb bewerben. In jedem Fall soll das Land Eigentümerin der Fahrzeuge werden. Damit, so Moritz, werde der Wettbewerb angeregt, weil auch Bieter ohne die Finanzkraft der Bahn AG – dem Mutterunternehmen der S-Bahn Berlin GmbH – eine Chance hätten, zum Zuge zu kommen.
„2,5 bis 3 Milliarden Euro kann eben nicht jeder stemmen, deshalb blieb bei der Ausschreibung der Ringbahn ja nur die S-Bahn GmbH übrig“, so Moritz. Fachleute weisen darauf hin, dass der Ende 2015 abgeschlossene Vertrag mit der GmbH – die auch jetzt schon Betreiberin und Eigentümerin der Fahrzeuge ist –, das Land teurer kommt als der alte Verkehrsvertrag. Für die Ringbahn hat die Bahn-Tochter bereits 191 Viertelzüge geordert, diese werden dann auch weiterhin nicht dem Land gehören.
Derzeit läuft noch ein sogenanntes Markterkundungsverfahren, mit dem die Verkehrsverwaltung mögliche Hersteller und Betreiber eruieren will. SPD, Linke und Grüne hatten aber schon in ihre Koalitionsvereinbarung geschrieben, die Schaffung eines landeseigenen Fahrzeugpools zu prüfen, um die „Abhängigkeit von einem/r einzelnen Betreiber*in zu verringern“, „mehr Einfluss auf die Qualität des S-Bahn-Verkehrs zu erreichen und die Kosten zu senken“.
Aus der SPD war auch die Forderung laut geworden, der DB AG die S-Bahn GmbH abzukaufen und die S-Bahn ebenso wie die BVG gänzlich in Landeseigentum und -regie zu überführen. Da die Bahn AG an der S-Bahn gut verdient, hält sie von solchen Plänen jedoch gar nichts.
Nach Auskunft von Harald Moritz favorisieren die Grünen die Variante, dass der Hersteller der künftigen Fahrzeuge auch die Instandhaltung übernimmt. „Dann wird er etwa die Verschleißteile an den Zügen so konzipieren, dass sie haltbar sind und sich über die gesamte Betriebsdauer von rund 30 Jahren problemlos austauschen lassen.“
Zuallererst einmal muss allerdings die am Dienstag getroffene Entscheidung richtig festgeklopft werden: Dazu gehört nicht nur ein formaler Senatsbeschluss, es müssen auch Gespräche mit der brandenburgischen Landesregierung geführt werden – schließlich fährt die S-Bahn in beiden Bundesländern.
Ein Jahr vor der endgültigen Ausschreibung muss das Land eine „Vorinformation“ veröffentlichen. Moritz sagte zur taz, er hoffe, dass dies bereits im November geschehen könne. Ein zügiges Tempo ist auch wichtig, denn die Züge auf dem S-Bahn-Netz sind zum Teil stark veraltet.
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