Zugvögel und Klimawandel: Alle Vögel sind schon da
Zugvögel kommen rund eine Woche früher an, das belegt eine finnische Studie. Der Klimawandel gefährdet besonders „Langstreckenzieher“.
Mit dem Ergebnis, dass ein typischer Zugvogel um mehr als eine Woche früher aus seinem Winterquartieren zurückkommt als noch in den 1950er Jahren. Einige Arten weisen noch extremere Migrationszeiten auf: Singschwäne kämen inzwischen etwa zwei Wochen früher als in den 1980er Jahren in Finnland an. Insgesamt verlängert sich durch den Temperaturanstieg die Migrationszeit der Zugvögel.
„Die Studie hat Ergebnisse zusammengetragen, die in Teilen bekannt waren“, sagt Lars Lachmann, der beim Naturschutzbund Deutschland (NABU) die Sparte Ornithologie und Vogelschutz leitet. „Die Hauptaussage ist aber der Unterschied zwischen Kurz- und Langstreckenziehern.“ Die finnischen Forscher*innen haben herausgefunden, dass sich die Ankunftszeit bei Vögeln, die im Frühjahr nur kurze Strecken aus dem Mittelmeerraum zurücklegen, pro Jahrzehnt um bis zu zwei Tage nach vorne verschoben hat. „Die Kurzstreckenzieher kriegen mit, wenn aus dem Norden ein laues Lüftchen weht“, erklärt Lachmann die Veränderung.
Langstreckenzieher hingegen, die südlich der Sahara überwintern, kommen laut Studie jedes Jahrzehnt nur 0,6 bis 1,2 Tage früher an. Bei diesen Tieren verschiebe sich der Migrationszyklus langsamer, sagt der Ornitologe Lachmann. Denn sie migrieren nicht nach dem Wetter, sondern nach ihrem genetischen Kalender – und bekämen das gute Wetter im Norden einfach nicht mit. Zudem seien sie auf die Regenzeiten in Afrika angewiesen, um sich ein Futterpolster für den langen Flug anzufressen. Trauerschnäpper verpassen so in Europa die Zeit der Insektenlarven und können ihre Brut nicht ernähren. Dadurch geht die Zahl der Schnäpper zurück.
Klimawandel zu schnell für einige Arten
„Langstreckenzieher sind durch den Klimawandel besonders stark gefährdet, weil sie sich nicht so schnell an den wärmeren Frühling anpassen können“, sagt Lachmann. Wildgänse, die hierzulande in den Frühlingsmonaten häufig am Himmel zu sehen sind, profitieren hingegen von den wärmeren Temperaturen. Sie überwintern in Deutschland, brüten aber in der sibirischen Tundra. Im Winter rasten die Gänse nun an Elbe und Oder, anstatt weiter bis zum Rhein zu fliegen. Und können so den anstrengenden Flug verkürzen.
Forscher*innen sollten den Trend nun bei anderen Migrationspopulationen analysieren, schreiben die Autor*innen der Studie rund um den federführenden Ornithologen Aleksi Lehikoinen vom Finnischen Museum für Naturgeschichte. Möglicherweise sind auch bei anderen Arten die Auswirkungen des Klimawandels direkt zu beobachten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!