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Zugverkehr im europäischen VergleichDeutsche Bahn schlecht, aber immerhin besser als Flixtrain

Eine Rangliste gibt einen Überblick über Preise und Zuverlässigkeit der Eisenbahnen in Europa. An der Spitze stehen Italien und die Schweiz.

ICE der Deutschen Bahn: In anderen Ländern läuft’s mit den Zügen besser als hierzulande Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Brüssel dpa | Die Deutsche Bahn (DB) und Flixtrain schneiden im Vergleich mit anderen europäischen Bahnbetreibern eher schlecht ab. Die staatseigene DB landet in einer Rangliste mit 27 europäischen Bahnen auf Platz 16, die private Konkurrenz auf Platz 20.

Das geht aus einer Erhebung der europäischen Dachorganisation Transport & Environment (T&E) hervor, die sich für einen nachhaltigen Verkehr einsetzt. Zu den Mitgliedern zählen etwa der Verkehrsclub Deutschland (VCD) und der Naturschutzbund Deutschland.

In Sachen Pünktlichkeit schneiden die beiden deutschen Bahnunternehmen sogar noch schlechter ab, die DB ist beinahe Schlusslicht. Sowohl die Deutsche Bahn als auch Flixtrain können jedoch in einzelnen Bereichen punkten. „DB und Flixtrain müssen noch eine Schippe drauflegen, um in puncto Service und Qualität aufzuholen und ein besseres Angebot für Deutschland und Europa bereitzustellen“, sagte Alexander Kaas Elias, der für die Bahn zuständige Sprecher des VCD.

T&E berücksichtigt für die Auswertung acht Kriterien. Am stärksten gewichtet werden die Fahrkartenpreise. Weitere Kriterien sind etwa die Zuverlässigkeit, das Buchungserlebnis, die Annehmlichkeiten an Bord sowie – falls vorhanden – Nachtzüge und die Fahrradmitnahme. Die Auswertung konzentriert sich auf Mittel- und Langstreckenverbindungen.

Italiener und Schweizer vorn

An der Spitze stehen die italienische Eisenbahngesellschaft Trenitalia sowie die Schweizerische Bundesbahnen SBB. Die Italiener überzeugen mit 7,7 von 10 möglichen Punkten in fast allen Bereichen, in der Kategorie Sondertarife und Ermäßigungen erzielen sie sogar den Bestwert. Die SBB (Gesamturteil 7,4) kommt dagegen bei der Zuverlässigkeit auf den europaweiten Bestwert von 7,8. Das tschechische Privatunternehmen Regiojet kommt ebenfalls auf 7,4 – vor allem wegen günstiger Tickets.

Auf dem letzten Platz landet dagegen der Anbieter Eurostar, der mit Hochgeschwindigkeitszügen von London durch den Eurotunnel fährt. Grund dafür sind vor allem hohe Ticketpreise, aber auch geringe Zuverlässigkeit. Eurostar verlange pro gefahrenem Kilometer zwar beinahe das Doppelte des europäischen Durchschnitts, liefere aber keinen besseren Service, heißt es.

Die deutsche Privatbahn Flixtrain ist der Auswertung zufolge der günstigste Anbieter. Flixtrain sei mit drei Cent pro gefahrenem Kilometer viermal billiger als die Deutsche Bahn. Auf der Strecke Hamburg-Berlin seien die Preise sogar 5,5-mal günstiger.

Auch mit Zuverlässigkeit kann die Deutsche Bahn nicht punkten. Mit einem Wert von 2,5 landet der Konzern auf dem drittletzten Platz aller Anbieter. Passagiere erlebten häufig Verspätungen und Ausfälle, hieß es. Flixtrain kommt auf 3,9 Punkte und landet damit auf Platz 17. Überzeugen kann die DB vor allem mit einem sehr guten Buchungserlebnis (9,6) und guten Erfahrungen bei der Fahrt an sich (8,7).

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14 Kommentare

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  • Na ja, ob das Buchungserlebnis wirklich viele Fahrgäste in die Züge der DB lockt, sei einmal dahingestellt. Und die Annehmlichkeiten an Bord weichen insbesondere im Nahverkehr zunehmend neu definierten Erlebnisreisen. Ein Hauptproblem der DB ist, dass an der Basis emsige Bahner für die Aufrechterhaltung des Betriebs sorgen, während das höhere, von der herrschenden Politik beeinflusste Management die Fahrgäste verachtet. Das fängt damit an, dass man aus den DB-Unzulänglichkeiten auch noch Profit schlägt: Statt jedem Fahrgast einen Platz anzubieten wie fast ausnahmslos in der Schweiz, werden für die knappen Sitzplätze bei Kosten von 40 Ct. Reservierungspreise von 5,20 Euro in der zweiten und 6,50 Euro in der ersten Klasse verlangt. Wer mit einer Sparpreis-Fahrkarte seinen gebuchten Zug nicht nutzen kann, weil er vielleicht krank geworden ist, muss trotzdem ohne Gegenleistung den vollen Preis bezahlen. Dafür wird aber schön gegendert und gesellschaftlich tolerierter Rassismus bedient.

  • Das Problem von Flixtrain ist halt, dass sie das Schienennetz der DB mieten müssen und dort immer der zweite Sieger gegenüber der Deutschen Bahn sind, ständig umgeleitet werden, einem anderen Zug die Vorfahrt lassen müssen, ... alles Originalansagen! Es wird Zeit, dass es einen unabhängigen Betreiber des Netzes gibt, damit Konkurrenten eine kleine Chance haben ...

    • @Otto Buchmeier:

      Da achtet die Bundesnetzagentur drauf, dass kein EVU benachteiligt wird. Ständig umgeleitet werden, einem anderen Zug die Vorfahrt lassen müssen, vorzeitig enden, defekte Technik etc. ist Normalzustand im gesamten deutschen Schienenverkehr.

  • Die Schweiz hatte schon bisher recht bekanntermaßen zuverlässigere Verbindungen - habe aber gehört, dort gibt es geringere Takten und keine Fernverkehr-Schnellzüge.

    Wenn weniger Züge aufeinander abgestimmt werden müssen, sinkt natürlich das Risiko von Störungen. Die höhere Zuverlässigkeit wird also durch weniger Züge/Verbindungen und ggf. längere Fahrzeiten erkauft.

    • @Ciro:

      Na, dann schauen Sie sich doch einmal die Zugdichte in/um Zürich an! Übrigens gibt es auf Führerständen in der Schweiz Stoppuhren, die bei Halt dem Triebfahrzeugführer anzeigen, wieviele Sekunden der Fahrgastwechsel bereits andauert.

    • @Ciro:

      Das ist ein falsch, die Bahn hat Probleme mit den Ersatzteilen, Probleme mit den Strecken (Einige Unfälle der letzten Jahre wurden durch die Gleise verursacht), Probleme mit dem Personal und einen Vorstand, der zu gut mit der Politik verbandelt ist und sich immer selbst für 200%+ Planerfüllung hunderte Millionen auszahlen kann, und dabei sogar noch die eigenen Rechnungen für die Erfüllung fälschen darf.



      Dazu Kostentreiber wie S21, die Bezahlregelung bei Instandsetzung(Bahn)/Neubau(Bund), bahnfeindliche Politiker, veraltete Technik...



      Schön wärs, wenn die Probleme nur an der Größe liegen würden.

      • @Genosse Luzifer:

        Ist das wohl aber zumindest indirekt verknüpft. Wenn mal wieder eine Weiche ausfällt und es wird nur ein Zug aufgehalten ist es weniger folgenreich als wenn eine Kettenreaktion erfolgt, weil hinter diesem Zug noch viele andere warten.

    • @Ciro:

      PS.



      Was m.E. nichts schlechtes ist. Weniger Verbindungen, die aber zuverlässig, dann passt das ja.

      • @Ciro:

        PPS.



        Noch ein Nachgedanke: eine höhere Taktfrequenz dient nicht nur der Bequemlichkeit für die eigene Planung, sondern dann können auch mehr Leute befördert werden, was auch ein Ziel sein sollte.

        • @Ciro:

          Die Schweiz hat auch nur ein Zehntel der Schienenlänge wie Deutschland.



          Es kann also auch weniger kaputt gehen.

    • @Ciro:

      Schnellzüge im Sinne von ICEs braucht es auch nicht in der Schweiz. Mit den normalen ICs kommt man überall recht schnell hin.

    • @Ciro:

      "Die höhere Zuverlässigkeit wird also durch weniger Züge/Verbindungen und ggf. längere Fahrzeiten erkauft."



      Das geschieht bei der DB auch seit Jahren... - ich möchte sie daran erinnern, dass ICE schon mal mit über 300km/h unterwegs waren. Dann wurden sie auf 250 eingebremst und letztes Jahr gar die öffentliche Debatte, ob nicht ein Limit von 200 die katastrophalen Pünktlichkeitswerte stabilisieren könnte...



      Die Frecce in Italien fahren immerhin 300, die Schweizer schicken ihre RABe immerhin mit 250 ins Rennen.



      Schweiz und Italien haben allerdings mit deutlich größeren Herausforderungen was die Topographie betrifft zu kämpfen - Deutschlands Gelände ist in großen Teilen eigentlich sehr dankbar und optimal für einen Bahnbetrieb, umso peinlicher in welchem Zustand Bahn und Netz sind.

  • Naja, der Eurostar hat deutlich höhere Sicherheitsvorkehrungen, einen recht neu gebauten langen Tunnel unter dem Kanal, an den Eingängen gesichert, und die Briten haben es seit Thatcher nicht so mit Infrastruktur für die Vielen. Das erklärt vielleicht einiges bereits.



    A propos: Könnten wir hier endlich mal weniger die absterbende Verbrennerproduktion mit teurem Geld und versteckten Kosten pämpern und mehr die Grundversorgung für jeden, auch ohne Auto oder Führerschein oder ausreichend Reflexen? In der Bahn kann man lesen, plaudern, schlafen, mit Kopfhörer Filme gucken, ... das ist ein Wohlfahrtsgewinn.

    • @Janix:

      "In der Bahn kann man lesen, plaudern, schlafen, mit Kopfhörer Filme gucken, ... das ist ein Wohlfahrtsgewinn."



      Wir müssen wirklich in Paralleluniversen leben🤷‍♂️



      Filme gucken ja, aber nur über eigenes Datenvolumen - ansonsten erlebe ich es immer wieder, dass das WLAN weg ist, langsam ist, etc... Ein stetes Auf und Ab.



      Schlafen und Lesen geht nur mit Oropax. Dazu gerade typisch jeder niest, hustet, keucht - dann hast du mindestens die eine Gruppe im Wagen die sich in derartiger Lautstärke unterhalten muss, dass alle daran teilhaben können...



      Die Toiletten sehen grundsätzlich ab dem dritten Bahnhof aus wie Sau, im Bistro ist oft genug auf halber Strecke nur noch ein Menü verfügbar, ausgefallene Reservierungsanzeigen der Sitzplätze, umgekehrte Wagenreihung, Heizungs- oder Klimaanlagenausfall und die obligatorische Verspätung sowieso.



      Wirklich ich kann die Bahnfahrten bei denen alles reibungslos und planmäßig verlief und übereinstimmend Service und Sauberkeit gepasst haben an einer Hand abzählen - dafür dann die unverschämten Preise für Spontanfahrten...



      Wenn mir einer sagt er fährt Bahn fürs Klima versteh ich es - Bahn fahren als Gewinn zu kategorisieren ist was für Masochisten