Zugeständnisse an die Opposition: Straferlass für Regierungsgegner
Die Teilnehmer der ukrainischen Demonstrationen bleiben straffrei. Das entschied das Parlament in Kiew. Gleichzeitig verbittet sich der Präsident ausländische Einmischung.
KIEW/WARSCHAU dpa/rtr | Nach wochenlangen Protesten hat die ukrainische Führung der prowestlichen Opposition mit einem Straferlass für Regierungsgegner weitere Zugeständnisse gemacht. Das Parlament in Kiew verabschiedete am Donnerstag mit große Mehrheit ein Gesetz, das den Teilnehmern der Demonstrationen seit dem 21. November Straffreiheit garantiert. Präsident Viktor Janukowitsch hatte vergangene Woche zugesichert, diese Forderung zu erfüllen.
In einem Fernsehinterview verteidigte der Staatschef die am Vortag von Kremlchef Wladimir Putin zugesicherte Finanzspritze über 15 Milliarden Dollar (10,9 Milliarden Euro). „Dieser Kredit ist vorteilhaft für uns, denn Russland hat keinerlei Bedingungen gestellt“, sagte der 63-Jährige. Der neue niedrige Preis ermögliche es, mehr Gas vom Nachbarn zu kaufen.
Zugleich lehnte Janukowitsch ausländische Vermittler bei einer Lösung der politischen Krise ab. „Ich bin kategorisch dagegen, dass jemand hierherkommt und uns lehrt, wie wir zu leben haben“, sagte er.
Der ukrainische Oppositionspolitiker Vitali Klitschko hatte an Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier appelliert, sich als Vermittler in den Konflikt einzuschalten. Steinemeir lehnt dies ab. Es mangele derzeit nicht an Vermittlern zwischen Regierung und Opposition dort, sagte Steinmeier am Donnerstagabend bei seinem Antrittsbesuch in Warschau. „Das Problem ist, es finden keine Entscheidungen statt, die dieses Land aus der Zerrissenheit, in der es sich befindet, befreien würden“, erklärte der SPD-Politiker nach einem Treffen mit seinem polnischen Kollegen Radoslaw Sikorski.
Zusammenarbeit mit der EU nach wie vor möglich
Steinmeier warf dem ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch Reformunwilligkeit vor. „Langfristig wird die Ukraine keinen Weg aus Abhängigkeiten heraus finden, wenn man den schwierigen Weg der Reformen im eigenen Land nicht geht“, sagte der Minister mit Blick auf die finanzielle Abhängigkeit des hoch verschuldeten Landes von seinem Energielieferanten Russland. Das Angebot zur Zusammenarbeit mit der EU bliebe auf dem Tisch.
Zugleich regte Steinmeier an, eine in seiner ersten Amtszeit begonnene Kooperation zwischen den Außenministern Russlands, Polens und Deutschland wiederzubeleben. Dies könne gerade mit Blick auf Schwierigkeiten wie derzeit in der Ukraine vielleicht hilfreich sein, sagte er.
Die Opposition um Boxer Vitali Klitschko forderte erneut vorgezogene Präsidentschafts- und Parlamentswahlen. Auf dem Kiewer Unabhängigkeitsplatz – dem Maidan – harrten derweil weiterhin mehrere Hundert Demonstranten trotz nächtlicher Minusgrade aus.
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