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Zufriedenheit in SachsenKrasse Kontraste

Der Sachsenmonitor konstatiert eine zufriedene Bevölkerung – einerseits. Auf der anderen Seite werden etwa Aufstiegschancen mau gesehen.

Sachsen: Land der Zufriedenen und Unzufriedenen Foto: Sylvio Dittrich/imago

Dresden taz | Auch nach der Vorstellung des Sachsen-Monitors 2022 bleibt es eine unlösbare Aufgabe, das Wesen der sächsischen Nation zu verstehen. Oder besteht zwischen der hohen Zufriedenheit von vier Fünfteln der Befragten mit ihren persönlichen Lebensumständen und dem sprichwörtlichen Sachsentrotz im Mutterland der schlechten Laune und seinen blau wählenden Wutbürgern etwa kein Gegensatz?

Vier Jahre lang war die Befragung nicht mehr erschienen. Das beauftragte Umfrageinstitut dimap legt Wert auf persönliche Interviews, die in Corona-Zeiten sehr erschwert wurden. Gegenüber 2018 wurde die Stichprobe außerdem auf 2.013 Personen verdoppelt. Dabei zeigt sich, dass die am stärksten AfD wählende Oberlausitz, also der Raum zwischen Hoyerswerda und der Neiße, bei Kriterien wie Zufriedenheit, Optimismus und Demokratieverankerung weit zurückliegt.

Teilweise entwertet wird die 210.000 Euro teure Umfrage durch ihren frühen Schluss Mitte März. Nur bei 15 Prozent der Befragten spielten schon die ersten Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine hinein. Die verschlechterte Stimmungslage werde kaum wiedergegeben, räumte am Dienstag bei der Vorstellung auch Staatskanzleichef Oliver Schenk ein. Dennoch spricht er von einem „positiven Trend“: Die Sachsen hätten auch während der Pandemie ihren Optimismus nicht verloren.

Drei Viertel der Befragten sind mit Einkommen zufrieden

Dieser Eindruck kann zunächst bei der Beurteilung der persönlichen Lebensumstände und der Zukunftserwartungen entstehen. Drei Viertel der Befragten sind mit ihrem Einkommen zufrieden, sogar 93 Prozent mit ihrer Wohnsituation. Die Zukunftserwartungen haben zwar einen leichten Dämpfer erhalten, aber etwa zwei Drittel der Befragten bekunden eine optimistische Grundhaltung. Über 90 Prozent schreiben das ihrer eigenen Leistung zu und bekunden den Willen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. „Wenn ich mich anstrenge, werde ich auch Erfolg haben“, behaupten 83 Prozent.

Dieselbe Stichprobe ist aber zu 69 Prozent auch der Auffassung, „dass das, was man im Leben bekommt, nicht so sehr von den eigenen Anstrengungen abhängt“, sondern von externen Einflüssen des Marktes und der Sozialpolitik. Die soziale Mobilität, also die Aufstiegschancen werden entsprechend von jeweils einer knappen Hälfte als gut oder schlecht bewertet. Ein wachsender Anteil fühlt sich aber der Mittelschicht zugehörig.

Legt man weitere unvereinbare Befragungsergebnisse aus verschiedenen Kapiteln übereinander, kommt zumindest der Verdacht der Schizophrenie auf. Der Anteil derer, die die Erinnerung an das DDR-Revolutionsjahr 1989 hochhalten wollen, ist sogar leicht auf 88 Prozent gestiegen. Zugleich fühlen sich mit 55 Prozent mehr Sachsen als Menschen zweiter Klasse als 2018, gehen auf Distanz zum Westen und rücken Osteuropa wieder näher.

Die Zuneigung zu einer Partei hat zwar um sagenhafte 24 Prozent zugenommen. Den Parteien insgesamt aber vertrauen nur 22 Prozent. Auch das Politikinteresse soll angeblich zugenommen haben. Die Landrats- und Bürgermeisterwahlen im Mai aber zeigten eine alarmierend geringe Wahlbeteiligung von teils unter 40 Prozent.

Rückgang bei Rassismus und Islamfeindlichkeit

Glaubt man dem Sachsen-Monitor und nicht der alltäglichen Umgangserfahrung, sind Ressentiments wie Islamfeindlichkeit und Rassismus zurückgegangen, der Antisemitismus stagniert. Die Landtagsabgeordneten Frank Richter (SPD) und Kerstin Köditz (Linke) warnten, dies als Entwarnung anzusehen.

Das Umgangsklima miteinander jedenfalls leidet. Fast zwei Drittel meinen, man könne gegenüber anderen Menschen „nicht vorsichtig genug sein“. Vier Fünftel sehen den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet, und noch mehre sorgen sich wegen der zunehmenden Spaltung in Arm und Reich.

Sorgen bereitet auch der erstmals abgefragte Klimaschutz. Aber nicht einmal die Hälfte der Teilnehmer ist bereit, dafür Gewohnheiten und Lebensweisen zu ändern. Dennoch rutschte dimap-Studienleiter Reinhard Schlinkert bei der Vorstellung unbeeindruckt ein „glückliches Sachsen“ heraus. Und Staatskanzleichef Schenk kann in der Studie keine „Dagegen-Mentalität“ erkennen.

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