Zollstreit und Landwirtschaft in den USA: Trumps Handelskrieg lässt US-Bauern um Existenz bangen
China kauft keine Sojabohnen mehr. Nun fürchten die Landwirte um ihre Zukunft. Hilfsgelder bleiben vage, während Kosten steigen und Preise fallen.

taz | Ob Zölle, Razzien gegen Migrant:innen oder Leugnung des Klimawandels – die Politik von US-Präsident Donald Trump macht es Unternehmen in den USA nicht leicht. Im Augenblick ist es vor allem seine Handelspolitik, die die Existenz vieler Betriebe gefährdet. Auch die Landwirtschaft ist betroffen. Für sie ist die Wirtschaftspolitik der amerikanischen Regierung mindestens ein zweischneidiges Schwert.
„Die nächsten sechs Monate werden von großer Bedeutung sein“, erklärt Josh Manske im Gespräch mit der taz. Der Soja- und Maisbauer bewirtschaftet in den US-Bundesstaaten Iowa und Minnesota mehr als 800 Hektar Land. Er ist einer von mindestens 270.000 Landwirten in den USA, die auf ihren Feldern Sojabohnen anbauen. Und genau diese Bauern trifft der Handelskrieg mit China gerade akut, denn viele dieser Betriebe sind von Exporten abhängig. Die Volksrepublik China gehörte in der Vergangenheit zu den größten Abnehmern der US-Ernte. Nicht so in diesem Jahr.
„China kauft so gut wie nichts von uns, weder Mais noch Sojabohnen“, sagt Manske. Mehr als die Hälfte aller in den USA angebauten Sojabohnen sind für den Exportmarkt vorgesehen. In den vergangenen fünf Jahren gingen im Schnitt fast 50 Prozent der Soja-Exporte in die Volksrepublik.
Doch seit mehreren Monaten ist damit Schluss. Zuletzt kaufte China im Mai Sojabohnen aus den USA. Und auch im aktuellen Erntejahr, das am 1. September losging, liegen bislang noch keine Kaufaufträge vor.
Droht eine echte Krise?
Ohne Gewissheit, ob und wann China wieder US-Sojabohnen importieren wird, fürchten viele Bauern nun um ihre Existenz. Eine Umfrage der US-amerikanischen Getreidebauern-Vereinigung NCGA hatte jüngst gezeigt, dass fast 80 Prozent der befragten Landwirte davon ausgehen, dass die USA am Rande einer Landwirtschaftskrise stehen.
Josh Manske, Farmer
Auch steigende Kosten machen vielen Landwirten zu schaffen. Die Produktionskosten sollen laut einer Untersuchung des US-Landwirtschaftsministeriums in diesem Jahr branchenweit um 12 Milliarden US-Dollar steigen. Gleichzeitig sind die Preise für Agrargüter so niedrig wie lange nicht mehr. „Ich habe wirklich Angst, dass es angesichts dieser Ausgangssituation auf dem Land viel Leid geben könnte“, sagt Manske. Die Anzahl der Insolvenzanträge im Landwirtschaftsgewerbe war im ersten Halbjahr so hoch wie seit 2021 nicht mehr.
Ein Hilfspaket soll es richten
Auch US-Präsident Donald Trump hat den Ernst der Lage erkannt. Zunächst stellte er Hilfszahlungen in Aussicht. „Die Soja-Bauern unseres Landes leiden darunter, dass China aus reiner ‚Verhandlungstaktik‘ nichts kauft“, sagte er in einem Post auf „Truth Social“ zu Beginn des Monats. Zuletzt drohte er dort: „Als Vergeltungsmaßnahme erwägen wir, den Handel mit China in Bezug auf Speiseöl und andere Handelsgüter einzustellen. So können wir beispielsweise Speiseöl problemlos selbst herstellen und müssen es nicht aus China beziehen.“
Details oder auch nur ein Zeitplan für die Hilfen für die Landwirte stehen aber immer noch aus. Aus Regierungskreisen wurde eine Größenordnung von bis 14 Milliarden US-Dollar genannt. Eine Idee ist es, die aus Trumps diversen Abkommen resultierenden höheren Zolleinnahmen dafür zu verwenden. Auch könnte die Regierung den Notfalltopf des Landwirtschaftsministeriums nutzen, um die US-Bauern zu entschädigen. Auf die zuletzt genannte Variante griff die Regierung bereits im März zurück, als das Ministerium 10 Milliarden Dollar verteilte.
„Die endgültige Summe wird davon abhängen, wie viel die Landwirte benötigen und wie hoch die Zolleinnahmen sind“, zitiert der Sender CNN einen Regierungsbeamten.
Ländlicher Raum in Sorge
Auch mit Hilfszahlungen aus Washington könnte sich die wirtschaftliche Lage in vielen ländlich geprägten Regionen der USA verschlechtern. Manske erklärt, dass er sich als Landwirt um mehr als die aktuelle Ernte kümmern müsse: „Ich beschäftige mich gerade mit der Ernte vom letzten Jahr, die wir noch verkaufen müssen, mit der diesjährigen Ernte, die wächst, und ich treffe bereits Vorbereitungen für die Ernte, die im nächsten Frühjahr gepflanzt werden soll.“
Landwirte können seiner Meinung nach nicht darauf vertrauen, dass die Regierung strukturelle oder politische Probleme immer wieder mit Hilfszahlungen ausgleicht. Es brauche Stabilität und Planungssicherheit. „Ein Handelsabkommen mit China wäre eine sehr willkommene Nachricht“, sagt Manske.
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