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Zoff zwischen SPD und IG MetallAutoprämien braucht es nicht

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Betriebsräte fordern Staatsknete für Firmen, die auch ohne Coronakrise vor einem schmerzhaften Umbruch stehen. Das ist verständlich, aber unsinnig.

Es gibt derzeit Neuwagen im Wert von 15 Milliarden Euro, die vermarktet werden müssen Foto: Geisser/imago

G ewerkschaft gegen SPD ist eine Schlagzeile, die immer gut geht. Im Fall Abwrackprämie für Autos stimmt sie allerdings nicht. Nicht die Gewerkschaft, sondern der Betriebsrat von Mercedes und ein mit der Autoindustrie verknüpfter Teil der IG Metall hält das Nein der SPD-Spitze zu einem staatlichen Verkaufsrabatt für Benziner und Diesel für falsch. Das ist von naheliegenden Interessen geleitet. Es gibt derzeit Neuwagen im Wert von 15 Milliarden Euro, die vermarktet werden müssen.

Doch sachlich spricht wenig für die gesonderte Staatsprämie für Benziner und Diesel. Erstens gibt es via Mehrwertsteuersenkung eine solche Prämie. Bei einem 50.000 Euro Mercedes beträgt sie 1.500 Euro. Die Autoprämienfans fordern aber mehr. Warum aber sollen Steuerzahler finanzieren, was die Konzerne selbst zahlen können? BMW, Mercedes und VW haben 2019 Gewinne gemacht und zwischen zehn und 20 Milliarden Euro auf dem Konto. Sie zahlen in diesem Jahr Hunderte von Millionen Euro an ihre Aktionäre aus. Die Konzerne können ihre Autos mit Rabatten billiger machen. Es gibt keinen einsichtigen Grund, warum die Steuerzahler das berappen sollen.

Zudem ist eine Abwrackprämie kein Wundermittel, um teure VW, Mercedes und BMW unter die Leute zu bringen. Im Jahr 2009 profitierten Fiat, Suzuki und Hyundai von der Abwrackprämie, BMW und Mercedes hingegen kaum. Faktisch subventionierte der Staat damals den Kauf ausländischer Kleinwagen.

Dass Betriebsräte Staatsknete für ihre Firmen wollen, die auch ohne Coronakrise vor einem schmerzhaften Umbruch stehen, ist verständlich. Dass Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel der SPD wegen ihres Neins zur Abwrackprämie grünen Populismus vorwirft, ist peinlich. Populistisch ist doch vielmehr, die Legende zu nähren, eine aus verblasenen Ökogründen verweigerte Abwrackprämie hätte den Handel mit deutschen Autos flugs wieder in Schwung gebracht. So ist es nicht.

Die SPD-Führung hat dem Gemeinwohl den Vorzug vor Einzelinteressen gegeben. Es ist kein Schaden, dass Sigmar Gabriel in der Partei nichts mehr zu sagen hat.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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8 Kommentare

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  • Die Nähe zum Großkapital hat Gabriel schon anlässlich seiner Ministerentscheidung gegen alle Expertengutachten im Fall Edeka/Tengelmann bewiesen. Sein permanentes, kleingeistiges Nachtreten gegen die SPD im Ansschluss an seine Nichtberücksichtigung als Außenminister wirkt zunehmend dümmlich; vor allem aus der Position eines Kapitalvertreters unter dem Deckmantel des Arbeitnehmerschutzes.

  • "Bei einem 50.000 Euro Mercedes beträgt sie 1.500 Euro."



    Das timmt nur für Autos, die Netto 50.000 kosten. Brutto 50.000 wäre eine Ersparnis von 1260,50.



    Auch kein Schmutz.

  • Die Gewerkschaften IG Metall und IG BCE haben den Gedanken der Gewerkschaftsbewegung pervertiert. Was einst ein internationaler Zusammenschluss der Arbeiterklasse sein sollte, ist durch die neoliberale Aufweichungsstrategie längst zu einer Interessenvertretung ständischer Berufsgruppen geworden.

    Daran hat die SPD natürlich kräftig mitgearbeitet. Mit dem Godesberger Programm, damals von machtgeilen SPD-Bonzen gegen die Basis durchgeboxt, haben es sich Wehner & Co sehr gut gehen lassen und sorgten für eine Nachfolgegeneration schmieriger verkrachter Existenzen, die sich an der "neuen Heimat", an "Coop" persönlich bereicherten, die die Gewerkschaften an den Abgrund brachten, weil die Mitglieder wegen dieser Affären reihenweise austraten.

    Im Tross dieser Glücksritter und Absahner folgten dann solche Gestalten wie ein Sigmar GAbriel, Franz Müntefering oder Graf Gerhad von Gazprom, welche in den Gewerkschaften nur eine Hilfsarmee zur Durchsetzung der arbeitgeberhörigen Politik ihrer Partei sehen. Der 1. Mai ist als Tag der Arbeiterfolkore geblieben und die Ironie der Geschichte zeigt es, wie einst im dritten Reich, dient er lediglich der Propaganda.

    Bereits die schon angesprochene Leiharbeit ist von der IG Metall nie wirksam bekämpft worden, weil das oberste Ziel stets der Tarifvertrag für feste Mitarbeiter steht. Das ist auch wichtig, wenn es nur noch ein einziges tarifgebundenes Unternehmen geben wird, dass wenigstens dessen Mitarbeiter nach einem ausgehandelten Tarif entlohnt werden - dann hat sich doch die Mühe gelohnt.

    Denn, statt Gruppenegoismus wäre der Kampf aller Gewerkschaften die Regierung zur allseitigen verpflichtenden Tarifbindung zu zwingen ein Ziel, was wirksam die Ungleichheit mindern könnte.

    Doch dazu braucht es Mut statt persönlicher Gewinnsucht.

  • Eine nicht ganz so kleine Petitesse am Rande :

    War es die Heute Show? Oder Extra 3? Eine dieser Sendungen berichtete, dass die neue Förderung für Elektromobilität auch den Kauf von Hybridautos betrifft. Das seien unter anderem SUV, die dann erfahrungsgemäß und damit erwartbar nicht mit Elektroenergie sondern Benzin (oder Diesel?) betrieben werden.



    Soweit zur Förderung von Benzin- bzw Dieselbetriebenen Autos...

  • Hey, dass ich das noch erleben darf. Hoffentlich sind die 250.000 IGM-Tarif Era bezahlten VAG Reaktionärinnen und Reaktionäre bald arbeitslos, dann können die endlich lokale Genossenschaften und Kommunen gründen, haben Zeit für Selbstverwirklichung- und Versorgung, morgens Fischerinnen und Fischer, mittags Bäuerinnen und Bauern, abends Philosophinnen und Philosophen. Dann wird der Planet geschützt, Geld spielt keine Rolle mehr und die AfD verschwindet auch. Ach herrliche Welt, welch goldene Zukunft verheisst uns der Transformationsprozess.



    Aber bitte aufpassen, nicht gleichzeitig auch noch Veganer und Naturradler werden, sonst verblasst mein eigener Ruhm des besseren Menschen.

  • Es gibt kaum etwas Reaktionäreres als Betriebsräte in der Automobilindustrie. Und die Facharbeiter dort wählen von je her eher CDU als SPD, seit spätestens den 80ern auch gerne FDP.

    • @guzman:

      Stimme Ihnen zu. Gerade wenn man bedenkt, welchen Anteil die Zeitarbeitnehmer an der Stammbelegschaft in der Metall- und Autoindustrie hat. Dies interessierte die Betriebsräte und die IG Metall nicht im Geringsten.

  • 9G
    90857 (Profil gelöscht)

    Der Überschrift stimme ich zu!

    Ebenso meine ich, dass die 1%-Regel für die private Nutzung von hochpreisigen Dienstwagen nicht mehr zeitgemäß ist, dürfen das je nach Kaufpreis gern drei bis fünf Prozent sein. Nur ist es immer leicht, das Falsche zu kritisieren,

    wenn das Richtige offensichtlich nicht in die Gänge kommt. Gerade wird gemunkelt, dass der e-mobile Hardliner und VW-Vorstandsvorsitzende nach verbalen Attacken gegenüber seinem Aufsichtsrat vor der Ablösung steht.

    Auch die verdoppelte Prämie für seine derzeit auf Halde produzierten (nicht fahrfähigen? nicht zulassungsfähigen?) ID.3 werden Herbert Diess nicht mehr retten können.

    Das muss man sich mal vorstellen: Wenn die Brötchenholer für gut betuchte Eigenheimer (mit viel Platz für die Stromtankstelle nebst richtigem Auto) dann irgendwann im Hebst oder noch später auf die Menschheit losgelassen werden (dürfen), dann haben sie sich bereits über lange, lange Monate die Beine in den Bauch gestanden;

    was neben dem Brötchenholen wohl eh' ihr primärer Daseinszweck sein dürfte ...