Zoff in der Saar-Linken: „Jude“ oder „Judas“?
Die Affäre um antisemitische Äußerungen des Saarlouiser Linksparteichefs Mekan Kolasinac ist ein Tiefpunkt der Grabenkämpfe der Partei.
Nach empörten Reaktionen korrigierte sich Kolasinac: Er habe sich bloß vertippt und Riexinger lediglich als „falschen hinterlistigen Judas“ kritisieren wollen.„Das macht die Sache nicht besser“, meint der ehemalige saarländische Bundestagsabgeordnete Volker Schneider, der inzwischen Geschäftsführer der von Wagenknecht angeführten Linksfraktion im Bundestag ist. „Das ist die Sprache des NSDAP-Hetzorgans Der Stürmer“, so Schneider zur taz.
Die Affäre markiert einen neuen Tiefpunkt der Grabenkämpfe, mit denen sich die Landespartei seit fast zehn Jahren schwächt. Die Brüche verlaufen quer zu inhaltlichen Positionen. Auf der einen Seite streitet Parteigründer, Fraktionschef und Ehemann von Wagenknecht, Oskar Lafontaine, zusammen mit der Mehrheit der Vorstands- und Fraktionsmitglieder. Auf der anderen Seite stehen der wiedergewählte Bundestagsabgeordnete Thomas Lutze und seine Mitstreiter, darunter der Vorsitzende der Schiedskommission, Nikolaus Staut.
Der Landesvorstand der saarländischen Linken beantragte am 17. Oktober Kolasinac’ Parteiausschluss: „Derlei Gedankengut hat nichts in unserer Partei verloren“, so die Begründung. Lutze, auch Schatzmeister der Saarland-Linken, war bei der Sitzung nicht anwesend. Er stellte sich danach aber vor seinen Mitarbeiter Kolasinac und will ihn weiterhin beschäftigen.
Stillhalten aus Selbstschutz?
„Der Facebook-Eintrag war unterirdisch und nicht tolerabel“, so Lutze zur taz. „Aber Herr Kolasinac hat ihn dann sofort gelöscht und sich öffentlich entschuldigt.“ Den VorstandsgenossInnen versicherte er in einem Brief, „parteischädigendes Verhalten“ sei von Kolasinac in Zukunft „nicht zu befürchten“.
Lutze ist in der Landespartei heftig umstritten. Bei der Listenaufstellung für die Bundestagswahl im Mai gab es Manipulationsvorwürfe. Vor seiner Nominierung habe er Stimmen gekauft und Mitglieder zum Parteitag gekarrt, um seine Mehrheit zu sichern, so seine KritikerInnen. Sie fochten die Landesliste an und riskierten damit, dass die Saar-Linke nicht zur Bundestagswahl zugelassen wird. Die Landeswahlleiterin ließ die Liste mit Kritik passieren.
Der Ex-Saarländer Schneider fordert von seinem Nachfolger Lutze, sich von Kolasinac zu trennen, und weiß dabei den Landesvorstand hinter sich. Dass er sich weigere, habe wohl einen einfachen Grund, mutmaßt Schneider gegenüber der taz: „Vielleicht traut Lutze sich nicht, gegen Kolasinac vorzugehen, weil der zu viel weiß.“
Volker Schneider
Unterdessen schafft Lutzes Vertrauter Staut Fakten. In der vergangenen Woche schloss die Schiedskommission, deren Vorsitzender Staut ist, den Schriftführer des Landesvorstands, Adolf Loch, in Abwesenheit aus der Partei aus. Loch war es, der wegen der Manipulationsvorwürfe vor Gericht gezogen war und die Listenaufstellung angefochten hatte. Staut kündigte außerdem an, noch vor dem Landesparteitag werde die Kommission auch über den Parteiausschluss der Landesvorsitzenden Astrid Schramm entscheiden. Beide, Loch und Schramm, hatte Staut zuvor schon öffentlich als „Schädiger“ der Partei angegriffen.
Dass die GenossInnen selbst nach der recht erfolgreichen Bundestagswahl – im Saarland wählten 11,9 Prozent die Linke – munter weiter aufeinander losgehen, ist Ausdruck des schwelenden Machtkampfs. Auf dem Parteitag am 25. November wird ein neuer Landesvorstand gewählt.
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