Zinspolitik der EZB: Wie verbrenne ich mein Geld?
Raus mit der Kohle!, sagt die EZB. Aber wohin? Sechs Anlagentipps für alle, die zu viel Geld haben und taz nicht zahlen wollen.
CFDs
Was ist das? Mit dem Kauf eines „Contract for Difference“ (CFD) - zu Deutsch: Differenzvertrag – spekuliert man darauf, wie sich Aktien, Anleihen, Indizes, Devisen oder Rohstoffe entwickeln - ganz ohne dass man diese selbst besitzen muss.
Wie funktioniert‘s? Vereinfacht gesagt, wettet man darauf, dass der Kurs des jeweiligen Basiswerts steigt oder fällt - Wettpartner ist in der Regel eine Bank.
Was ist das Problem? DAS Problem? Es gibt eine ganze Menge: So werden CFDs mit einem Hebel angeboten. Das bedeutet, der Investor kann überproportional profitieren, wenn er die richtig liegt. Anderfalls ist er nicht nur das eingesetzte Kapital los, sondern muss auch so viel Geld nachschießen, dass der Gewinn seines Wettpartners finanziert ist. Kein Wunder, dass nicht nur Verbraucherschützer, sondern auch die EU-Bankenaufsicht vor CFDs warnen. In den USA sind sie bereits verboten. Von einer Finanztransaktionssteuer würden sie wegen ihres außerbörslichen Handels übrigens nicht erfasst.
Nachrangdarlehen
Was ist das? Anleger geben Firmen eine eine Art Darlehen. Im Falle einer Insolvenz werden ihre Ansprüche aber nur nachrangig bedient.
Wie funktioniert‘s? Damit das Risiko nicht auffällt, taucht der Begriff „Nachrangdarlehen“ nur im Kleingedruckten auf. Geworben wird statt dessen mit der Beteiligung an einem Projekt, das hohe Renditen abwerfen soll – immer wieder handelt es sich dabei beispielsweise um Regenwaldinvestments oder Anlagen in erneuerbaren Energien.
Was ist das Problem? Der Anleger bringt sich rechtlich genauso in das Unternehmen ein wie ein Gesellschafter. Das bedeutet: volles Unternehmensrisiko – und volles Verlustrisiko für das angelegte Geld.
Genussscheine
Was ist das? Der Anleger erwirbt Anteile an einem Unternehmen, mit allen Risiken.
Wie funktioniert‘s? Der Genuss hoher Renditen, in den Anleger anfangs kommen können, wird meist durch eine Art Schneeballsystem erwirtschaftet. Je mehr Geldgeber sich ködern lassen, umso eher können die versprochenen Renditen gezahlt werden, auch wenn die Firma, nicht nachhaltig wirtschaftet.
Was ist das Problem? Bei einer Insolvenz der Firma müssen die Anleger damit rechnen, ihre Einlage zu verlieren. Denn erst wenn die anderen Gläubiger – Arbeitnehmer, Lieferanten, Banken etc. – aus der Insolvenzmasse bedient sind, kommen auch noch die Genussscheininhaber zum Zuge. Es ist meist unwahrscheinlich, dass dann noch etwas zu holen ist. Letzter spektakulärer Fall war die Windkraftfirma Prokon, bei der rund 75.000 Anleger um ihr Geld zittern müssen.
Penny Stocks
Was ist das? Das sind Aktien, deren aktueller Wert sehr niedrig ist – also etwa unter einem Euro (in diesem Fall wäre es ein Cent-Stock).
Wie funktioniert‘s? Anleger werden geködert mit der Prognose, der Kurs der Aktie könne bald steigen. Da das einzelne Papier sehr billig ist, kaufen Anleger gern größere Mengen.
Was ist das Problem? Genauso gut kann der Kurs aber auch noch tiefer fallen – und der Anleger steht mit einem wertlosen Papier da. Denn selbst bei geringen Kursschwankungen sind hohe Verluste möglich.
Black Jack
Was ist das? Das beliebteste Karten-Glücksspiel in Casinos wird mit sechs französischen Kartensets gespielt, also mit insgesamt 312 Spielkarten, denen Werte von ein bis elf zugeschrieben werden.
Wie funktioniert‘s? Es stehen sich Spieler und ein Croupier gegenüber. Der teilt nach einer offenen Karte weitere verdeckte auf, die die Spieler aufdecken können oder auch nicht. Wer insgesamt mehr als 21 Punkte aufdeckt, verliert. Die Spieler, die näher an der 21 sind als der Croupier, gewinnen.
Was ist das Problem? Auf den ersten Blick sind die Spieler im Vorteil, weil sie selbst entscheiden können, ob sie noch eine Karte nehmen, außerdem können sie ihre Einsätze selbstständig verdoppeln. Trotzdem gewinnt am Ende des Tages die Bank: Denn wenn ein Spieler zuviel Punkte hat, verliert er, ganz egal, ob der Croupier ebenfalls die Marke überschreitet. Trotz des gefühlten Unentschiedens gibts kein Geld zurück.
Geschlossene Fonds
Was ist das? Der Fonds heißt deshalb geschlossen, weil anders als bei offenen Fonds nur in einem bestimmten Zeitraum investiert werden kann.
Wie funktioniert‘s? Der Anleger wird Miteigentümer des Fonds. Gängige Investitionsgüter für solche Fonds sind Immobilien, Schiffe, Medien und wieder Projekte zur Nutzung erneuerbarer Energien. Gängige Werbestrategie: Tue Gutes, spare Steuern, genieße hohe Sicherheit und hohe Renditen!
Was ist das Problem? Konstruktionsbedingt steckt der Anleger über die volle Laufzeit fest in dem Fonds. Er kann seine Anteile weder an der Börse verkaufen noch an den Initiator zurückgeben. Wenn der Fonds schlecht wirtschaftet, droht ihm als Miteigentümer der Totalverlust. Im schlimmsten Fall kann der Anleger sogar einer Nachschusspflicht unterliegen, das heißt, er muss mit seinem sonstigen Eigentum mögliche Verluste des Fonds ausgleichen.
Leser*innenkommentare
h4364r
@Gabriel Renoir Ihr Beitrag suggeriert, dass Sie zu der Gemeinschaft der Gläubigen der Marktwirtschaftsreligion gehören.
Vermutlich wäre die Mehrheit der Bevlkerung Griechenlands, Italiens oder Spaniens gerade froh in einem staatskapitalistischen System wie dem der DDR zu leben, wo Arbeitslosigkeit nicht wirklich vorkam.
Als Staat, der sich - u. a. auf Kosten seiner Mit-EU-Staaten - "gut durchschlägt" warten wir jetzt auf das Platzen der nächsten Finanzblase und das Versenken weiterer Hunderter von Milliarden zur nächsten "Bankenrettung".
Die Reichen waren noch nie so reich wie heute. Das ist doch ein erhebendes Gefühl. :D
Gabriel Renoir
@H4364R Ihr Beitrag suggeriert, dass Sie zu der Gemeinschaft der Gläubigen des Staatskapitalismus gehören.
Vermutlich ist die Mehrheit der Bevölkerung Polens, Lettlands und Deutschland gerade froh in einem System der SOZIALEN Marktwirtschaft zu leben, wo die Firmen vorwärts kommen und Aufträge hereinkommen. Die DDR war dagegen ausgezeichnet durch die Vernichtung von Zukunftsfirmen, zB BMW, Junkers, Heinkel.
Als Staat, der auf dem Weltmarkt agiert, sind wir zuversichtlich im Hinblick auf neue Nationen mit positiver Wirtschaftsentwicklung, wie S Korea, Taiwan, Singapur, China, Brasilien.
Die weltweite Mittelschicht war noch nie wo groß wie jetzt,
APOKALYPTIKER
@h4364r ... es gibt ja nur ein paar Milliarden erkenntnisunfähige , erkenntnisresistente und7oder resignierte Zeitgenossen , was das falsche Glücks- und Wohlstandsversprechen des kapitalistisch organisierten Reproduktions- und Gesellschaftssystems angeht . Auf einen RENOIR mehr oder weniger ...
Gabriel Renoir
@APOKALYPTIKER es gibt ja nur ein paar Tausend erkenntnisunfähige , erkenntnisresistente Staatskapitalismusgläubige, die das ökonomische Disaster in den früheren sozialistischen Staaten mit der damaligen Arbeitsplatzgarantie verklären, ein falsches Glücks- und Wohlstandsversprechen des sozialistisch organisierten Reproduktions- und Gesellschaftssystems, das wie im Falle der DDR 1988 schlicht pleite war. Auf einen APOKALYPTIKER mehr oder weniger ...
Detlef Dwenger
Das die taz für solche "Erkenntnisse" 2 Autoren benötigt - nun ja. Im Archiv der taz schlummern ähnliche "Nachrichten". Für die Autoren 3 Thesen zur kritischen Recherche: 1. Nachrangdarlehen von der GEPA, 2. Genussrecht von Solarcomplex und 3. Fehlendes Beispiel für Geldverbrennung: taz Genossenschaft. Von meiner Einlage habt ihr zumindest ein Drittel verbrandt.
ioannis
Prekärerweise komm' ich nun grad nicht in die Bredouille "Wohin mit all dem Geld?"... von daher haben solche Artikel immer etwas von Spielzeugladen, wo man schaut, aber nichts kriegt...
Gabriel Renoir
Der Artikel suggeriert, dass das aktuelle Wirtschaftssystem von irren Hazardeuren dominiert wird. Dabei vergessen Sie, dass viele deutsche Weltfirmen Familienbetriebe oder Stiftungen sind (Robert-Bosch), die sehr langfristig agieren. Der Artikel ist also eher von einer weltanschaulichen Obsession geprägt. Realität ist, dass sich viele Staaten gut durchschlagen. Realität ist, dass sozialistische Staaten die Bevölkerung in Armut halten, Beispiel DDR, Nordkorea.
677 (Profil gelöscht)
Gast
@Gabriel Renoir Diesen Eindruck habe ich aber auch beim sehen der Tagesschau. Ich glaube nicht, dass die übermäßig von weltanschaulichen Obsessionen getrieben wird.
Gabriel Renoir
@677 (Profil gelöscht) Die Tagesschau ist euro-zentriert und berücksichtigt viel zu wenig die Entwicklung in den BRIC-Staaten etc.. Insgesamt haben wir über die letzten Jahrzehnte eine sehr positive Entwicklung in Asien zu verzeichnen. Staaten, die früher Entwicklungsländer waren (Südkorea, Taiwan, Singapur, usw) gehören heute zur entwickelten Welt. Andere sind auf dem Weg dahin (zB Brasilien).
AhaEffekt
Der Aritkel suggeriert gar nichts. Er stellt ein paar Finanz-Konstrukte und ihre Risiken vor.
Dass wir längst auf dem Weg in neue Blasen sind oder uns schon darin beswegen, weiss jeder, der die Wirtschaftszahlen kennt.
Wer vor unkalkulierbaren Risiken auf dem Finanzsektor warnt, hat mit DDR oder Nordkorea gar nichts aber auch wirklich gar nichts zu schaffen.
Gabriel Renoir
@AhaEffekt Der Artikel suggeriert einen Zusammenhang zwischen der Niedrigzinspolitik und einigen riskanten Finanzprodukten. Das eine hat jedoch mit dem anderen direkt nichts zu tun. Insgesamt fehlt hier durchwegs eine weltwirtschaftliche Betrachtung: Die gesamte Diskussion ist eurozentriert, wenn nicht Mittelmeer-zentriert (Griechenland, Griechenland, Griechenland ...). Dass zB der Umgang mit "Blasen" in der bald größten Volkswirtschaft der Welt, China, komplett anders verläuft, wird nicht berücksichtigt. Und China ist "blasen-gefährdet", hat aber auch ganz andere Instrumente an der Hand, um diese zu verhindern.
APOKALYPTIKER
@AhaEffekt Ach , der Arme leidet doch nur wie ein Hund daran , dass seine übergroße Liebe , der Menschheitsbeglücker namens Kapitalismus , von schwarzem Hautkrebs befallen ist . Er weigert sich aber hartnäckig , die Augen auf zu machen ...
Gabriel Renoir
@APOKALYPTIKER Es geht nicht um Kapitalismus, Marxismus oder welcher -ismus auch immer. In China haben wir zB ein gemischtes System. Es geht um Resultate. Richtig ist, dass der ungehemmte Kapialismus erhebliche Risisken beinhaltet. Daher ist der "Glaube" an den Neoliberalismus (noch ein ismus) weggebrochen. Die Realität hat die Probleme gezeigt. Trotzdem zeigt die Realität überdeutlich, dass ein gelenkter Kapitalismus, oder sagen wir ein gemischtes System (China) bisher das erfolgreichste ist. Sicher lässt es sich verbessern. Daher schauen wir uns die Ergebnisse weltweit an. Und das gibt es gute (Schweden, Südkorea, Brasilien, China ...) und schlechte (Süditalien, Griechenland in den letzten Jahren, Nordkorea, Iran ....).
shumil
Wie gut, dass mein Geld in Gold umgewandelt und BEI MIR vergraben ist, da wird einem ja weich in den Knien, wenn man diese Risiken hier liest - zu was die Menschen sich aus Gier hinreissen lassen, tststs
lichtgestalt
D-Day, Draghie-Day, Dooms-Day