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Zerwürfnis mit Donald TrumpMusk schmeißt Single-Party

Elon Musk möchte seine eigene Partei gründen. Die „America Party“ soll das US-Zwei­parteiensystem aufbrechen. Es ist eine offene Kampfansage an Donald Trump.

Autokrat startet Solokarriere: Elon Musk im Tesla Foto: Tingshu Wang/reuters

Berlin taz | Der Tech-Milliardär Elon Musk will offenbar seine Drohung wahrmachen und in den USA eine dritte Partei gründen. Sie soll „America Party“ heißen. Musk hatte diesen Schritt angekündigt, falls Trumps Haushalts- und Steuergesetz im Kongress durchkäme. Das am Donnerstag tatsächlich gebilligte sogenannte Big Beautiful Bill hatte er als „widerliche Abscheulichkeit“ bezeichnet, weil es die US-Verschuldung weiter in die Höhe treiben würde. Zuvor hatte Musk im Auftrag Trumps mit der Behörde DOGE zahlreiche staatliche Institutionen zerschlagen und über 260.000 Stellen im öffentlichen Dienst gestrichen, um angeblicher Verschwendung im US-Budget beizukommen.

Aus dem wirtschaftspolitischen Streit zwischen Musk, dem reichsten Mann der Welt, und Trump, dem mächtigsten Politiker der Welt, wird damit eine offene Kampfansage. Am 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag der USA, ließ Musk auf seinem Kurznachrichtendienst X abstimmen, ob die Nut­ze­r*in­nen „die Unabhängigkeit vom Zweiparteiensystem (manche würden sagen Einparteiensystem)“ und „die Gründung der America Party“ befürworten. Beide großen Parteien, so Musk, trieben das Land mit Verschwendung und Selbstbereicherung in den Bankrott. Über 1,2 Millionen Nutzer stimmten ab, 65,4 Prozent sagten Ja.

Eine solche Partei, schrieb Musk auf X, könne sich auf zwei oder drei der 100 Senatssitze und acht bis zehn der 465 Sitze im Repräsentantenhaus konzentrieren. Bei den üblich knappen Mehrheiten im Kongress könnten diese Mandate sicherstellen, dass „der wahre Wille des Volkes“ Gehör finde. „Heute wird die America Party gebildet, um euch eure Freiheit zurückzugeben“, kommentierte Musk das Ergebnis.

Er unterstützte auf X eine Liste programmatischer Ziele: die Reduzierung der Staatsverschuldung, die Modernisierung des Militärs durch künstliche Intelligenz, die Förderung moderner Technologien, weniger Regulierung, vor allem im Energiebereich, Meinungsfreiheit und eine höhere Geburtenrate. Dies sind alles politische Forderungen, die entweder Steckenpferde Musks sind (wie die Kritik an der sinkenden Geburtenrate in den USA beziehungsweise sein Einsatz für die angeblich von der Regierung eingeschränkte Redefreiheit in sozialen Medien) oder von denen seine Unternehmen wie X, der Autobauer Tesla, die Raketenschmiede SpaceX oder die stark auf KI setzende Medizintechnikfirma Neuralink profitieren würden.

Dritte Parteien bisher kaum mit Erfolg

Im November 2026 stehen alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus zur Wahl, dazu ein Drittel der Senatssitze. Derzeit halten die Republikaner 220 Sitze im Repräsentantenhaus und 53 im Senat, die Demokraten 212 beziehungsweise 47. Amtsinhaber haben meist Vorteile: größere Bekanntheit und prallere Wahlkampfkassen. Doch Musk könnte mit seiner Medienmacht über X und seinem Vermögen von über 300 Milliarden Dollar diese Regel auf die Probe stellen.

Sein Beitrag war entscheidend für Trumps Wahlsieg und die republikanischen Mehrheiten im Kongress. Nach dem Bruch mit Trump, den viele vorausgesehen hatten, muss Musk 280 Millionen Dollar Wahlkampfspenden als Fehlinvestition abschreiben. Ob der impulsive Milliardär die neue Partei bei Misserfolg ebenso schnell fallen lässt, wenn irgendetwas nicht nach seinem Gusto läuft, bleibt ungewiss.

Dritte Parteien hatten in der Vergangenheit kaum Erfolg, wenn sie Kan­di­da­t*in­nen für den Kongress ins Rennen schickten. Das liegt am reinen Mehrheitswahlsystem in den USA. Deswegen führen Parteien wie die Green Party oder die Libertarian Party ein Nischendasein.

Anders sieht es bei Präsidentschaftswahlen aus. Kandidaten kurzlebiger Parteien erreichten dort bis zu 20 Prozent der Stimmen. Zu nennen sind John B. Anderson 1980, die Schwarze Aktivistin Lenora Fulani 1988 oder der texanische Geschäftsmann H. Ross Perot 1992. Perot zog so viele Stimmen vom Republikaner George Bush ab, dass Bill Clinton mit nur 43 Prozent der Stimmen ins Weiße Haus einziehen konnte.

Umgekehrt hatte Clintons Vizepräsident Al Gore bei der Wahl im November 2000 wegen eines Drittkandidaten Pech. Der Verbraucheranwalt Ralph Nader, der für die Green Party antrat, kam im wahlentscheidenden Staat Florida auf fast 100.000 Stimmen. Gore fehlten dort am Ende 600 Stimmen zum Sieg. Wahlanalysen ergaben, dass Gore statt George W. Bush ins Weiße Haus eingezogen wäre, hätte Nader nicht auf dem Stimmzettel gestanden.

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6 Kommentare

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  • Rocker Show down - in one Chapter only!

    War - der Rest ist bekannt - wa.

    Na Mahlzeit



    —-



    Listen



    “War, huh, yeah



    What is it good for?



    Absolutely nothing, uhh



    War, huh, yeah



    What is it good for?



    Absolutely nothing



    Say it again, y'all



    War, huh (good God)



    What is it good for?



    Absolutely nothing, listen to me, oh



    War, I despise



    'Cause it means destruction of innocent lives



    War means tears to thousands of mother's eyes



    When their sons go off to fight



    And lose their lives







    War, huh (God y'all)



    What is it good for? You tell me (nothing)



    Say it, say it, say it, say it



    War (good God), huh (now, huh)



    What is it good for?



    Stand up and shout it (nothing)

    The Temptations - War -



    https://www.youtube.com/results?sp=mAEA&search_query=war+temptations+live

  • Wie beliebt ist Elon Musk in den USA? Wie beliebt können ihn seine Milliarden und seine Technologie machen? Von hier aus ist das schwer einzuschätzen. Die großen Parteien sind beide Pro-Business, können die Wählenden aber regelmäßig vom Gegenteil überzeugen. Sie sind auch beide konservativ; der Unterschied ist graduell. Ihre langjährigen Geldgeber sind diskreter als Musk, aber genauso marktradikal. Eine dritte Partei, die das Land noch weiter nach rechtsaußen bringt, ist im Einklang mit dem Rest der Welt, leider. Der alternde Rechtsutopist Musk und seine Tech-Bros suchen mit messianischen Verheißungen und spending sprees das Rampenlicht. Sie müssen relevant bleiben, um Investoren anzulocken. Bei KI wurden sie von Altman überholt, dem Musk 2.0. Das dürfte ihnen stinken. Die Superreichen verbrennen unser aller CO2-Budget, um ihren Wettstreit zu gewinnen: Wer ist der Reichste?



    Wer wird als erster Billionär?



    Wer zieht die dicksten Strippen?



    Können wir uns leisten, in dieser Tragikomödie weiter Statisten zu sein?

  • Tja, man muss sagen, dass eine dritte Partei durchaus ganz gut wäre, um die Polarisation in den USA aufzubrechen. Und Musk hat darüber nicht erst seid kurzem nachgesonnen, er hat sich schon oft darüber beklagt, dass man in den USA nur für die einen oder für die anderen sein kann. Was natürlich nicht hilft, wenn beide Seiten sich nur gegeneinander aufbäumen.

    Ob Musk der Richtige dafür ist, ist natürlich eine ganz andere Frage... ich glaube, er unterschätzt manchmal, wie sehr er von fast allen gehasst wird, zumal alle Medien geradezu panische Angst vor ihm haben und ihn demontieren wo es nur geht.

    • @Mustardman:

      "zumal alle Medien geradezu panische Angst vor ihm haben"



      Wie bitte?! Und wie soll es logisch möglich sein jemanden zu demontieren, wenn man Angst vor ihm hat?

  • Musk hat lt Nachrichten gesagt, dass die USA in Puncto Steuerverschwendung ein Einparteinstaat sei. Nun will er also auch eine Partei gründen... Habe sehr gelacht. Bisher großes Kino mit vielen Genres da drüben.

  • "Über 1,2 Millionen Nutzer stimmten ab, 65,4 Prozent sagten Ja."

    Um das einordnen zu können, sollte man wissen, dass Musk auf Twatter 220 Millionen Follower hat, dh. nur ein Zwanzigstel hat überhaupt daran teilgenommen. Eine Zustimmung von "nur" 2/3 der Teilnehmenden ist überdies im Eloniversum eine krachende Niederlage, da herrschen sonst eher nordkoreanische Verhältnisse. Dh. nicht mal bei seinen engsten Jüngern bricht ob der Ankündigung nennenswerte Begeisterung aus.

    Amerikanische Wähler tun sich beim Parteiwechsel so schwer wie Deutsche bei Banken und Versicherungen. Bei Dems ist er eh untendurch, Oldschool Reps konnten nie was mit ihm anfangen und MAGA hat er ausschließlich als nützlicher Idiot gedient, an dem sie fast alles an Persönlichkeit und Positionierungen von Herzen verachten.

    Da bleiben nicht mehr soo viele über, und die würden ansonsten am ehesten Reps wählen. So gesehen eine gute Entwicklung, wäre da nicht die katastrophale inhaltliche Leere auf der demokratischen Seite.