Zentrum für Politische Schönheit: Schikane bei Protest gegen rechts
Das Zentrum für Politische Schönheit kritisiert die Beschlagnahme eines Demo-Busses als unrechtmäßig. Die Berliner Polizei lüge, so die Politkünstler.
Zudem habe die Polizei zu den Gründen der Beschlagnahmung „Lügen verbreitet“. Die Aktivisten fordern die Löschung entsprechender Einträge der Polizei auf X und die sofortige Herausgabe des Busses.
Die Berliner Polizei hatte am Sonntagnachmittag den umgebauten Gefangenentransporter bei der Auftaktkundgebung einer Demonstration gegen CDU und FDP unter dem Titel „Sie zündeln, wir löschen“ beschlagnahmt. Zur Begründung schrieb die Polizei auf X, der Bus habe keine gültige Betriebsgenehmigung.
Polizei: Bus hatte „keine Einzelbetriebserlaubnis“
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Auf taz-Nachfrage am Montag erklärte ein Polizeisprecher, die Beamten hätten den Bus wegen „unzulässiger technischer Einrichtungen und Aufbauten, für die zum Zeitpunkt der Feststellung keine Einzelbetriebserlaubnis vorlag, zunächst sichergestellt“. Da der Halter Widerspruch dagegen erhoben habe, sei das Fahrzeug anschließend beschlagnahmt worden.
Das ZPS bestreitet, dass keine Betriebsgenehmigungen vorgelegen hätten, und stellte entsprechende Papiere online. Für die Aufbauten, etwa Lautsprecher, habe man zudem eigene Sicherheitsgutachten anfertigen lassen, sagte Pelzer. Diese hätten die Beamten am Sonntag jedoch gar nicht sehen wollen.
Weiter erklärte die Polizei auf X: „Auch eine gemeinsam vorgenommene Durchsicht der Unterlagen und eine kurze Erörterung der verkehrsrechtlichen Lage mit dem Verantwortlichen brachten keine Lösung.“
Dagegen sagte Pelzer am Montag, es habe überhaupt keine Kommunikation der Polizei mit dem ZPS oder ihren Anwälten gegeben. Ein Polizist habe den Bus betreten, den Zündschlüssel an sich genommen und sofort gesagt: „Dieser Bus ist jetzt beschlagnahmt.“ Offenkundig habe die Polizei von vornherein vorgehabt, den Bus mitzunehmen: Sonst übliche Überprüfungen der Fahrtüchtigkeit hätten nicht stattgefunden, so Pelzer.
Foto manipuliert
Fast schon komisch sei die dritte „Lüge“ der Polizei, sagte er weiter. So habe die Behörde ein manipuliertes Foto von der Abschleppaktion bei X hochgeladen. Auf dem Foto sieht man den ZPS-Bus – allerdings ist der Schriftzug „Adenauer SRP+“ wegretuschiert, ohne dass dies kenntlich gemacht wurde.
Auf Nachfrage der taz erklärte der Polizeisprecher, die Retusche sei aus Datenschutzgründen erfolgt sowie wegen des „Neutralitätsgebots“. Die Polizei mache sich nicht mit der politischen Kampagne, die der Bus mit dem Schriftzug verkörpere, gemein. Solche Bildmanipulationen seien durchaus üblich, so der Sprecher.
Dass es bei der Abschleppaktion von Sonntag um mehr geht als die Sorge der Polizei um die Verkehrstüchtigkeit eines Fahrzeugs, ist für die Politkünstler offensichtlich. Ihr Bus sei seit der Erstzulassung am 10. Januar bundesweit siebenmal kontrolliert worden, davon viermal von der Berliner Polizei, und habe drei Hauptuntersuchungen ohne Mängel bestanden, erklärte Pelzer. „Gibt es eigentlich auch nur ein einziges Fahrzeug, dass von derselben Behörde in den letzten 4 Wochen mehr als einmal untersucht wurde?“, fragt das ZPS auf Facebook.
Offenkundig, so das Zentrum, wolle die Polizei mit der Schikane die Proteste der Zivilgesellschaft gegen die AfD behindern. Bis auf einen Termin vorigen Samstag in Bremen bei einer Bunt-statt-Braun-Demo sei ihr Bus jedes Mal kontrolliert und an Demo-Teilnahmen gehindert worden, dadurch habe man zahlreiche Protest-Termine in ganz Deutschland verpasst.
Erstes Parteiverbot 1952
Das ZPS hatte den Bus im Rahmen seiner AfD-Verbotskampagne im Januar mit Spendengeldern gekauft und umgebaut. Er enthält laut Pelzer neben Lautsprechern und Demo-Technik eine „Beweissammlung“ zur Verfassungsfeindlichkeit der AfD und einen Recherche-Computer für AfD-Zitate. Erstmals kam er bei den Protesten gegen den AfD-Parteitag in Riesa Mitte Januar zum Einsatz und sollte seither im ganzen Land bei Kundgebungen für ein Verbot der AfD werben.
Der Name „Adenauer SRP+“ verweist auf die nationalsozialistisch ausgerichtete „Sozialistische Reichspartei“, die 1952 unter Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) durch das Bundesverfassungsgericht verboten wurde.
Der Bus wird nun von der Polizei „einer Prüfgesellschaft im Sachverständigenwesen“ zur Erstellung eines technischen Gutachtens vorgestellt, so der Polizeisprecher. Bis Montagnachmittag war laut Pelzer allerdings noch nichts geschehen: Er könne anhand eines Trackers feststellen, sobald der Bus angerührt werde – er stehe jedoch unangerührt auf einem Polizeigelände in Marzahn. Das Zentrum kündigte rechtliche Schritte gegen die Polizei an.
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