Zentralafrikanische Republik: Massaker an der Kathedrale
Bei einem Überfall auf Christen in Zentralafrika sind Dutzende Menschen getötet worden. Die Kirche erhebt heikle Vorwürfe.
Sogar für die Verhältnisse in der Zentralafrikanischen Republik war die Gewalt in der Stadt Alindao am vergangenen Donnerstag bemerkenswert. Mehrere zehntausend Menschen sind auf der Flucht, seit das Lager für christliche Kriegsflüchtlinge auf dem Gelände der katholischen Kathedrale von Bewaffneten überfallen wurde. Nach UN-Angaben starben mindestens 42 Menschen.
Die Kathedrale sowie benachbarte Kirchengebäude gingen in Flammen auf. Zu den Toten gehören nach Kirchenangaben auch Generalvikar Abbé Blaise Mada sowie Célestin Ngoumbango, Gemeindepfarrer des Ortes Mingala. Berichte, wonach einer der beiden lebendig verbrannt worden sei, blieben zunächst ohne Bestätigung.
Die Täter gehörten zur Rebellengruppe UPC (Union für Frieden in Zentralafrika), eine Splittergruppe der einstigen muslimischen Rebellenallianz Séléka und Sammelbecken für Kämpfer der in der gesamten Sahelzone verbreiteten Volksgruppe der Peul, auch Fulani genannt. Alindao ist die Hauptstadt der UPC – die Kleinstadt liegt auf der einzige Fernstraße in den Osten des Landes.
Wie alle Städte der Zentralafrikanischen Republik hat Alindao in den Bürgerkriegsjahren seinen einst multireligiösen Charakter zugunsten eines Flickenteppichs verfeindeter Gruppen verloren. Von den einst 71 Stadtvierteln sind laut einer UN-Erhebung vom September nur noch 15 bewohnt.
Vorwürfe heizen Spannungen an
Knapp 40.000 Vertriebene leben in verschiedenen Lagern, geteilt nach Herkunft und Religion; das größte davon, genannt „Catholique“ nach seinem Standort an der Kathedrale, beherbergte bis jetzt knapp 27.000 Christen.
Nach Berichten aus Alindao war der UPC-Angriff ein Racheakt für die vorherige Tötung eines UPC-Kämpfers. Der Bischof der Nachbardiözese Bangassou sagte der katholischen Nachrichtenagentur Fides, der Tote stamme aus Niger, wie auch die Peul „mehrheitlich aus Nachbarländern wie Niger“ kämen – die Wiedergabe einer in vielen Ländern der Region verbreiteten Propaganda, wonach Peul zugezogene Ausländer seien.
Er beschuldigte auch die UN-Blauhelme in Alindao der Untätigkeit und präzisierte, sie kämen aus Mauretanien, Ägypten und Pakistan – muslimische Länder.
Solche Vorwürfe heizen die Spannungen an. Die steigen in der Zentralafrikanischen Republik sowieso, seit am Wochenende der christliche Anti-Balaka-Milizenführer Alfred „Rambo“ Yekatom an den Internationalen Strafgerichtshof überstellt wurde. Hohe Anti-Balaka-Führer warfen Staatspräsident Faustin Touadéra am Sonntag „Verrat“ vor und erinnerten daran, dass er nur dank ihrer Stimmen 2016 zum Präsidenten gewählt worden sei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch