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Zentralafrikanische RepublikEine Frau soll Bangui retten

Catherien Samba-Panza, die Bürgermeisterin der Hauptstadt, wird für eine Übergangszeit Präsidentin. Keine leichte Aufgabe.

Die neue Präsidentin verlässt das Parlamentsgebäude in Bangui nach ihrer Wahl. Bild: ap

BERLIN taz | Am Ende war die Entscheidung ziemlich einfach. Die 128 Mitglieder des Übergangsparlaments der Zentralafrikanischen Republik hatten die Wahl zwischen der bekanntesten Frau des Landes und dem Sohn eines Exdiktators.

Mit 75 gegen 53 Stimmen setzte sich Catherine Samba-Panza, Bürgermeisterin der Hauptstadt Bangui, am Montagnachmittag in der Stichwahl gegen Désiré Kolingba durch, Sohn des Diktators André Kolingba, der das Land von 1981 bis 1993 regiert hatte.

Es ist das erste Mal, dass irgendwo in einem zentralafrikanischen Land eine Frau die Führung übernimmt. Catherine Samba-Panza soll nun einen Übergangsprozess hin zu freien Wahlen leiten, innerhalb dessen die verschiedenen bewaffneten Gruppen des Landes in eine nationale Armee zusammengeführt werden müssen.

Das ist keine leichte Aufgabe angesichts der mörderischen Massaker zwischen christlichen und muslimischen Milizen in den letzten Wochen und der Flucht eines Viertels der Bevölkerung. Zudem ist der Staatsapparat in Bangui in den Monaten seit der Machtergreifung der mehrheitlich muslimischen Seleka-Rebellen im März 2013 weitgehend zerstört worden.

Seleka-Führer Michel Djotodia war vor zehn Tagen als Staatschef zurückgetreten und hatte damit zwar den Weg für einen politischen Neuanfang freigemacht, aber auch einen Scherbenhaufen hinterlassen.

Juristin und Geschäftsfrau

Die Gegner der neuen Präsidentin haben zuletzt versucht, sie in die Nähe der berüchtigten Anti-Balaka-Milizen zu rücken – die christlichen Terrorbanden, die systematisch Jagd auf die muslimische Minderheit der Zentralafrikanischen Republik machen. Ein Anti-Balaka-Sprecher begrüßte ihre Wahl, was kein gutes Zeichen ist.

Genauso gut könnte man sie aber in die Nähe der Seleka stellen: Samba-Panza wurde am 14. Juni 2013 Bürgermeisterin von Bangui, unter Seleka-Herrschaft.

Davor war die gelernte Juristin mehrfach in leitender Position an diversen politischen Dialogrunden zur Lösung der wiederkehrenden Krisen der Zentralafrikanischen Republik beteiligt und ist auch Ausbilderin von Menschenrechtsaktivisten gewesen. Zur persönlichen Absicherung hat sie eine Versicherungsfirma gegründet – Filiale eines französischen Konzerns, wie sich das in Bangui gehört.

Auf den Schutz französischer Interessen in der Zentralafrikanischen Republik kann man sich bei Samba-Panza also verlassen, ebenso auf ihre Fähigkeit, zwischen Bürgerkriegsfraktionen zu vermitteln – genau das richtige Profil für den anstehenden Friedensprozess unter Ägide des französischen Militärs mit europäischer und afrikanischer Hilfe.

Aufruf, die Waffen niederzulegen

Als Frau wird sie aber automatisch in einer gewissen Distanz zu den Warlords des Landes gesehen. In ihrer Rede vor den Parlamentariern, als sie ihre Wahl annahm, rief sie zum allgemeinen Niederlegen der Waffen auf.

Samba-Panzas Bewährungsprobe wird kommen, wenn sie versucht, ihre Macht über die Hauptstadt hinaus auszudehnen. Während in Berichten aus Bangui eine gewisse Euphorie über die glatte Machtübergabe an die Stadtchefin vermeldet wird, droht die Lage außerhalb der Hauptstadt vollends außer Kontrolle zu geraten.

Sowohl Seleka als auch Anti-Balaka haben in den letzten Tagen neue Massaker begangen. Sie versuchen, ihre jeweiligen Positionen zu konsolidieren, bevor sie sich in einen politischen Prozess einfügen.

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1 Kommentar

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  • W
    Werner

    Die Berichterstattung nimmt langsam sachliche Formen an!

     

    Anstatt von Muslimen gegen Christen zu sprechen, haben die Gruppen nun Namen, welche sie eindeutig identifizieren und oberflächliche Charakteristika in den Hintergrund treten lassen.

     

    Ich frage mich jedoch, warum die gegen die Seleka agierende Gruppe Anti-Balaka und nicht Anti-Seleka oder nur Balaka heißt.

     

    Zudem wäre ein Artikel schön, der die verschiedenen Gruppen beschreibt. So gibt es neben der Religion doch auch die Region und ggf. Ethnie als beschreibendes Merkmal. Damit würde sich auch erklären, warum die Seleka nur mehrheitlich muslimisch ist und weshalb Nichtmuslime ihre Ziele unterstützen können.

     

    Mit den Gruppennamen können auch deren Ziele benannt werden, womit die primitiven Muster und Vorurteile der Leser nicht mehr angewandt werden können. Zu schnell werden islamfeindliche Äußerungen bei Konflikten in Afrika getätigt. Ebenso schnell werden Frankreich imperialistische oder koloniale Beweggründe für sein Eingreifen unterstellt. Wie kann der Leser ohne Kenntnis der Gründe Lösungsmaßnahmen verstehen oder ein Eingreifen der Weltgemeinschaft goutieren?

     

    Insoweit ist die Nennung von Gruppennamen ein richtiger Schritt in der Berichterstattung!