piwik no script img

Zentralafrikanische RepublikUNO will große Blauhelmmission

Der UN-Generalsekretär will knapp 12.000 Soldaten und Polizisten entsenden. Die bisherigen Eingreiftruppen sind zu wenige und zu schlecht koordiniert.

Hilfstransporte am Flughafen von Bangui: Ab September unter Blauhelmschutz? Bild: dpa

BANGUI taz | Marokkanische Soldaten sichern das Gelände hinter den großen Mauern. Neue weiße Geländewagen mit UN-Zeichen stehen auf dem Parkplatz. Das Gebäude ist frisch in den Farben Weiß und Blau gestrichen, neue Drucker und Kopierer werden installiert. Im Konferenzsaal besprechen Vertreter von Hilfsorganisationen die Lage.

Die UNO ist dabei, sich in der zentralafrikanischen Hauptstadt Bangui fest einzurichten – jenseits der provisorischen Containersiedlung des bislang operierenden UN-Büros Binuca. Dies soll zu einer richtigen Blauhelmmission aufgestockt werden. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte am Montag den UN-Sicherheitsrat auf, 10.000 Blauhelme plus 1.820 UN-Polizisten mit einem „robusten“ Mandat in das Herz des Kontinents zu schicken.

Seit Dezember töten und vertreiben in der Zentralafrikanischen Republik Jugendmilizen, Anti-Balaka genannt, die Muslime, nachdem die muslimischen Séléka-Rebellen im März 2013 ein Terrorregime errichtet hatten, bis sie wieder die Macht verloren.

Mindestens 2.000 Menschen wurden getötet, die Hälfte der 4,5 Millionen Einwohner wurde zeitweilig vertrieben. Die UN spricht von quasi-genozidartigen Zuständen und fürchtet eine Teilung des Landes.

"Unsere Armee ist nicht existent"

„Wir sind sehr glücklich über das Engagement des UN-Generalsekretärs, denn unsere Armee ist faktisch nicht existent und wir benötigen internationale Truppen, um unser Land zu befrieden“, sagt Léa Koyassoum Doumta, Vizepräsidentin des Übergangsparlaments in Bangui. Die derzeit unter UN-Mandat stationierten Eingreiftruppen reichen nicht aus, so Ban Ki Moons Bericht.

Frankreich hat 2.000 Soldaten geschickt, die Afrikanische Union 6.000 in der Mission MISCA. Die EU plant eine Eingreiftruppe „Eufor“ von bis zu 1.000 Mann in Bangui; eine schwedische Vorabmission ist bereits vor Ort.

Guckt man sich die Truppenstationierung in Bangui an, dann scheinen die Truppensteller sich aber nicht gut zu koordinieren. Aus Misca-Kreisen hört man Beschwerden, dass die Franzosen sich aufführen wie die Alleinherrscher: Sie würden in Sektoren patrouillieren, die den Misca-Kontingenten zugeschrieben seien, ohne dass sie diese vorher informieren.

Der Misca-Stab und der französische Stab planen ihre Aktivitäten nicht gemeinsam. „Wir brauchen dringend einen übergeordneten Stab, um diese Missionen zu koordinieren“, sagt ein Misca-Verantwortlicher.

Eine UN-Truppe, die alles zusammenführt, könnte jedoch frühestens im September stationiert werden, sagt Ban Ki Moon. Bis dahin müsse eine Zwischenlösung gefunden werden – voraussichtlich mehr Unterstützung für die afrikanische Misca-Truppe. Die Massenflucht der Muslime aus Bangui gen Norden hat den Konflikt weit ins Inland verlagert.

Afrikanische Truppe braucht Luftkapazitäten

Doch Misca-Soldaten jenseits von Bangui beklagen fehlende Ausrüstung, Lebensmittelrationen, Benzin und Stromversorgung. Um Truppen schnell zu verlegen, benötigt die Misca außerdem Flugzeuge, Piloten und Luftsicherung.

Auch medizinische Evakuierung steht den Misca-Einheiten nicht zur Verfügung, anders als für die Franzosen. Jüngst wurde einem ruandischen Soldaten in die Brust geschossen – er musste per Linienflug nach Kongo-Brazzaville ausgeflogen werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • IF
    Ich finde

    Das hat schon in Syrien und dem Libanon nicht funktioniert. Und jetzt in dem Pulverfaß. Das ist eine Todgeburt, ein Rohrkrepierer.

    Wenn dort Europäer hingehen sind sie Kolonisten! Afrikaner haben die Schwierigkeit mit der Stammes und Relegionszugehörigkeit. Die Inder haben kein Geld und den Chinesen mißtrauen die Amerikaner. Es wird also weiter gestorben.

    Solange nicht von innen und von selber etwas passiert. Diesen Satz kann mam übrigens auf alle Konflikte anwenden von Afgnistan über den nahen Osten bis Arika. Und demnächst wohl auch Europa.

    • @Ich finde:

      CAR ist weder Syrien noch Libanon, bzw Lybien. Der große Unterschied: Syrien (und Lybien) hat(ten) eine starke repressive Führung, die das Land lange Jahre beherrschte und in gewissem Sinne auch für Ordnung sorgte. So herrschte dort immerhin eine gewisse Stabilität.

      In CAR hat in den letzten Jahren ein Putsch den anderen abgelöst. Was wir dort sehen ist das Ergebnis von Führungslosigkeit. Schlecht bezahlte Soldaten und Polizisten, die sich am Volk schadlos halten müssen, dazu keine vernünftige Führung. Mit Stammes- oder Religionszugehörigkeit hat das nur mittelbar zu tun, die Hauptursache ist Armut und der Mangel an Führung.

       

      Natürlich kann man die Augen verschließen vor Tatsachen und die Sichtweise vereinfachen, wie Sie das tun. Ist auf jeden Fall bequemer. Aber warum dann überhaupt Nachrichten lesen? Den Kopf in den Sand zu stecken ist da wirkungsvoller.