Zeitungszusteller und Mindestlohn: Die im Dunkeln bezahlt man schlecht
Der Mindestlohn kommt, aber nicht für alle. Für Zeitungszusteller etwa gelten vorerst Ausnahmen von der 8,50-Euro-Regel.
BERLIN taz | Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde, den der Bundestag am Donnerstag beschließt, wird so sicher kommen wie die abonnierte Zeitung in den Briefkasten – nur eben mit Ausnahmen. Zu denen gehören auch die Zeitungsboten.
Für sie gibt es eine Übergangsregelung: Im Jahr 2015 darf der Botenlohn 25 Prozent unter dem Mindestlohn liegen, 2016 noch 15 Prozent darunter. Erst ab 2017 sollen auch Boten 8,50 Euro bekommen – also zwei Jahre später als Angestellte in anderen Branchen.
Das betrifft auch Zeitungsboten, die die taz austragen – auch wenn zwischen taz und Bote keine direkte Verbindung besteht. Die taz hat Verträge mit der Post und Regionalzeitungen, die sich dann um die Auslieferung der Zeitungen kümmern – meist mittels Vertriebsgesellschaften, die wiederum mit Agenturen zusammenarbeiten. Was ein Zeitungsbote also am Ende verdient, kann die taz selbst kaum beeinflussen.
Besonders kompliziert: Die Boten werden heute in der Regel nach Stückzahl bezahlt. Ihr Lohn fällt je nach Siedlungs- und Abonnentendichte unterschiedlich aus. In Berlin verdient ein Träger beispielsweise pro Zeitung zwischen 4 und 10 Cent. Meist bleibt am Monatsende ein Lohn, der durch Hartz IV aufgestockt wird. Insofern sollte selbst die Übergangsregelung für viele eine Verbesserung sein.
taz-Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch sieht aber ein ganz anderes Problem: „Ich glaube, die Boten werden vielleicht nie einen Mindestlohn kriegen, weil es dann diesen Beruf nicht mehr gibt.“ Ein Mindestlohn in ländlichen Regionen werde wohl zu Stellenabbau oder Scheinselbstständigkeit führen. Eine gedruckte Zeitung könnte dann durch E-Paper ersetzt werden. Dann wäre für den Boten nicht der verzögerte Mindestlohn das Problem, sondern die Frage, ob er seinen Job behält.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung