Zeitenwende in Europa: Wer zahlt die europäische Aufrüstung?
Nach von der Leyens Ankündigung auf dem EU-Gipfel wird deutlich: Die Finanzierung ist ungeklärt.

Eigentlich sollte es um die 100-Tage-Bilanz der neuen EU-Kommission gehen, die am 1. Dezember ihre Arbeit aufgenommen hatte. Doch dann kamen vor allem Fragen zum neuen Rüstungsprogramm, das die CDU-Politikerin, offenbar in Absprache mit CDU-Chef Friedrich Merz, auf dem EU-Gipfel vorgelegt hatte. Von der Leyen war um Antworten verlegen.
So blieb unklar, warum die EU jetzt in aller Eile aufrüsten müsse. Beim EU-Gipfel war dies, zumindest hinter den Kulissen, mit der neuen amerikanischen Ukrainepolitik und der mangelnden Bündnistreue von US-Präsident Donald Trump begründet worden. In den Gipfelbeschlüssen jedoch ist nur von einem „sich verändernden Umfeld“ in der Außenpolitik die Rede.
Von der Leyen wurde auch nicht deutlicher. Auf die Frage, ob die USA noch ein verlässlicher Partner seien, wich sie aus. „Natürlich sind die USA unsere Verbündeten“, erklärte sie. Das heiße aber nicht, dass es keine Differenzen gebe. Außerdem müssten die Europäer ihre „Hausaufgaben“ machen und die Rüstungsanstrengungen verstärken. Genau das fordert Trump seit Jahren.
Nur 150 Milliarden Euro sind gedeckt
Ein Wort der Kritik an Trump kam von der Leyen nicht über die Lippen. Sie setzt weiter auf die „transatlantische Zusammenarbeit“ – auch in der Rüstung. Bisher gehen 80 Prozent der europäischen Rüstungsinvestitionen in Länder außerhalb der EU – profitieren können davon vor allem die USA. Denn nur die Amerikaner haben die nötigen Kapazitäten und das erforderliche Know-how.
Ein weiteres Problem ist die Finanzierung der Rüstungspläne. Von der Leyen hatte ein Volumen von bis zu 800 Milliarden Euro angekündigt. Davon sind aber nur 150 Milliarden Euro durch ein geplantes schuldenfinanziertes EU-Instrument gedeckt, für das erst noch die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden müsste, wie die Kommissionschefin einräumte.
Der große Rest von 650 Milliarden Euro ist ein Hoffnungswert für den Fall, dass die 27 Mitgliedstaaten ihre Rüstungsausgaben um bis zu 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung erhöhen. Dafür sollen die gerade erst reformierten Schuldenregeln gelockert werden – allerdings nur für Rüstungsausgaben, nicht für Klimaschutz oder Soziales. Dort gelten die strikten Regeln weiter, so von der Leyen.
Man wandele auf einem „schmalen Grat“ zwischen Lockerung und Budgetdisziplin, sagte sie. Nach Ansicht vieler Experten wird das Geld jedoch nicht ausreichen. In Brüssel wird daher die Schaffung von Eurobonds diskutiert, um die europäische Aufrüstung und den Krieg in der Ukraine zu finanzieren. Für diese Rüstungsanleihen macht sich vor allem Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron stark – seine Staatskasse ist leer. Von der Leyen zieht jedoch nicht mit. Es sei zu früh, über neue Finanzquellen zu sprechen, sagte sie. Vor allem Deutschland steht Eurobonds bisher ablehnend gegenüber. Das letzte Wort dürfte auch hier von der Leyens Parteifreund Merz haben.
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