Zeit für eine Büttenrede: Die Narren sind unter uns
Im Karneval regieren die Jecken das Land, heißt es. Schön wär's. Dann wäre der Irrsinn ja in ein paar Tagen vorbei.
berall in unserem Land
übernehmn sie jetzt die Macht
Perücke, Kappe, Feengewand
Helau, Alaaf die ganze Nacht.
Ein ehrenwerte Job. Eigentlich.
Narr zu sein im Altertum
war ein ehrenwerter Job.
Den König dissen hintenrum,
Satire, Witz und derben Spott
auszugießen über alle,
die im Land das Sagen hatten
War gefährlich, doch auch reizvoll
als des Herrschers irrer Schatten.
Wo die echten Jecken regieren
Doch wenn unsere NärrI+*nnen heute
Rathäuser stürmen, Büros besetzen,
Wundern sie sich über Leute,
die dort durch die Flure hetzen.
Sind's Kollegen? Sind es Klone?
Konkurrenten zweifelsohne:
Verkehrsminister, Präsidenten,
MdBs, Fraktionsvorstände,
Scheuers, Trumps und Bolsonaros,
CEOs und Senior Experts
Mit und ohne saubere Hände.
Unsichtbar die Narrenkappen
Voll mit ihrem wirren Stolz,
egomanisch mit Scheuklappen
Und nem Kopf aus hartem Holz.
Irrsinn auch im Rest des Jahres
Denn sie glauben an den Wahnsinn:
Ewig wachsen! Geiz ist geil!
Geld ist Sinn des Überlebens,
Dieser Wald kommt unters Beil!
Autofahren nützt der Umwelt,
Bienen killen, Schweine quälen,
Profi kommt von „Profit machen“
und immer die Falschen wählen.
Tja, der Virus „Narretei“
ist gefährlich wie Corona.
Von Süd-Chile bis Türkei
meinen diese Arschbewohner,
Luft und Wasser, sauberen Boden,
Klima, Arten und Natur
könnten sie gern ruinieren
für Gewinn auf harte Tour.
Freie Fahrt den Blöden
Doch das ist ein Spiel mit Feuer.
Wenn die Blöden freie Fahrt
weiter haben, dann wird's teuer.
Zwanzig-neunzehn war schon hart:
Groß und fies, was keiner braucht,
Russland, Amazonien,
wo es stinkt und qualmt und raucht
Kalifornien, Brandenburg,
Indonesien und Australien
Wo es brennt und noch und noch
weiterschwelt. Denn diese Narren
garantieren: Alle Tage
Aschermittwoch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau