Zahlen zu Antiziganismus in Berlin: Rassismus ist auch Behördensache
Die neuen Zahlen der Dokumentationsstelle Antiziganismus zeigen: Corona und Ukraine-Krieg haben den Rassimus gegenüber Rom*nja noch verschärft.
Oder dies: „Ein Sozialarbeiter einer Gemeinschaftsunterkunft schlägt einer Kollegin vor, einer jungen Bewohnerin der Unterkunft nicht so viel Aufmerksamkeit zu schenken. Diese habe einen Roma-Hintergrund und würde die Schule deshalb sowieso bald abbrechen und heiraten, da dies ‚zur Kultur‘ gehöre. Die Kollegin antwortet entsetzt, dass sie selbst der Minderheit angehört, studiert und keine Kinder hat. Dann sagt dieser: ‚Ach, Sie sind auch Roma? Sie sehen aber nicht so aus.‘“
Die drei Beispiele illustrieren die zahlreichen Formen von Antiziganismus, mit denen Menschen in Berlin, die als Rom*nja gelesen werden, täglich rechnen müssen. Versammelt sind sie im neuen Bericht der Dokumentationsstelle Antiziganismus (DOSTA), der seit 2014 alle zwei Jahre von der Roma-Selbstorganisation Amaro Foro herausgegeben wird. Am Mittwoch hat Amaro Foro die Zahlen für die Jahre 2021/22 vorgestellt – und, man ahnt es schon, sie sind nicht besser geworden.
Vor dem Hintergrund von Coronapandemie und Ukrainekrieg verzeichnet DOSTA einen starken Anstieg an Diskriminierungsfällen: 2021 wurden 147 Vorfälle gemeldet, 2022 waren es 225 – die höchsten Jahresfallzahlen seit Projektbeginn. Vor allem im Lebensbereich Bildung verzeichnen sie im Vergleich zu den Vorjahren besonders viele Fälle.
Bildungschancen in Pandemie verschlechtert
Während der Pandemie, heißt es im Bericht, haben zum Beispiel Jobcenter wiederholte Male Zahlungen für Computer für die Schule abgelehnt – obwohl die Familien Anrecht darauf hatten. Oder Schulen gaben keine digitalen Lernmittel an Kinder aus Rom*nja-Familien heraus mit der Begründung, „diese Gruppe können mit den Sachen nicht umgehen“, so der Bericht. Dort heißt es weiter: „Die Coronapandemie hat die Bildungschancen von Rom*nja in Berlin zusätzlich erschwert.“
Auch der Ukrainekrieg hat Vorurteile gegenüber der Minderheit forciert. Aus der Ukraine geflüchtete Rom*nja würden, anders als „weiße“ Ukrainer*innen, nicht als Schutzsuchende akzeptiert, sondern als „illegitime Geflüchtete“ markiert – und sowohl in den Unterkünften als auch bei den Leistungsstellen benachteiligt, sagte Violeta Balog, Vorstandsmitglied von Amaro Foro und Projektleiterin von DOSTA. „Krieg und Krisen verstärken Antiziganismus – auch in Berlin. Die Konsequenzen sind in allen Lebensbereichen spürbar“, sagt sie. Und warnt: „Sie können lebensbedrohliche Ausmaße annehmen.“
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