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Yorck-Kinos starten Streamingdienst„Filmen ein Fortleben ermöglichen“

Die Berliner Yorck-Gruppe bietet nun auch Kinofilme „on demand“. Geschäftsführer Christian Bräuer glaubt, dass sich damit Geld verdienen lässt.

Filme gucken kann man überall, natürlich auch in der Badewanne Foto: YorckKinogruppe
Interview von Andreas Hartmann

taz: Herr Bräuer, die Corona-Maßnahmen laufen langsam aus und man kann bald wieder so problemlos ins Kino gehen wie vor der Pandemie. Ausgerechnet jetzt haben Sie als Kinogruppe Ihre Streaming-Plattform Yorck On Demand gestartet. Graben Sie sich damit nicht selbst das Wasser ab?

Christian Bräuer: Ich sehe nicht, dass man damit eine Konkurrenz zum Kino schafft. Wir machen es eher wie ein Restaurant, das nun auch einen Lieferservice anbietet. Wir zeigen die Filme, die die große Leinwand verdienen – und die es aber auch verdienen, nach der Auswertung im Kino noch gesehen zu werden. Irgendwann müssen wir Filme aus dem Programm nehmen, weil Neue kommen. Und die betreut man dann gleich weiter.

Wer einen bestimmten Film im Kino verpasst hat, soll ihn sich dann eben daheim auf der Couch wenigstens streamen können.

Auch die größten Filmliebhaber verpassen etwas. Je einfacher die Leute bestimmte Filme dann via Streaming sehen und wertschätzen können, desto eher gehen sie doch umgekehrt auch wieder ins Kino. Es geht darum, Filmkultur zu steigern. Wir sehen ja auch, dass gerade viele junge Menschen ins Kino kommen, die vor der Pandemie nicht da waren. Vielleicht weil sie online viel leichter Filme entdecken können als früher, wenn sie sich für Cinephilie interessieren. Ich glaube, es könnte eine Win-win-Situation entstehen. Je mehr Filmkultur präsent ist, desto besser ist das auch für die Kinos.

YorckKinogruppe
Im Interview: Christian Bräuer

Christian Bräuer

ist der Geschäftsführer der Yorck-Kino GmbH und außerdem Vorstandsvorsitzender der AG Kino – Gilde deutscher Filmkunsttheater.

Streaming soll also eine Ergänzung zum Erlebnis Kino sein und nicht der Ersatz?

Kino bleibt Kino. Aber wir müssen uns weiterentwickeln, unsere Geschäftsmodelle anpassen. Ich glaube an das Kino, und ich glaube an den analogen Raum. Alles um uns herum hat sich verändert, aber das Kinoerlebnis bleibt gleich. Trotzdem hat die Marktwelt sich verändert. Wir denken den Schritt, was mit einem Film passiert, nachdem er im Kino zu sehen war, nun mit. Wir wollen bestimmten Filmen ein Fort-, ein Weiterleben ermöglichen. Tatsächlich lohnt sich das Produzieren von Arthousefilmen ja auch nur, wenn sie auch nach der Auswertung im Kino noch Erlöse erzielen.

Einst lief das vor allem über den Video-, dann über den DVD- und Blue-Ray-Markt.

Und dieser Zwischenstopp fällt ja zunehmend weg. Früher haben wir auch in unseren Kinos DVDs verkauft, und jetzt sagen wir: Die Filme, die ihr in unseren Häusern entdecken könnt, könnt ihr danach auch bei uns online finden.

Streaming ist ein hart umkämpfter Markt. Gibt es zwischen den großen Playern wie Netflix und einer Arthouse-Streaming-Plattform wie Mubi wirklich noch eine Lücke für Sie?

Netflix ist ein riesiger Streamingdienst, der global funktioniert, vor allem mit seriellen Formaten. Das ist ein ganz anderes Segment. Aber wir unterscheiden uns auch von anderen Plattformen, die sagen: Da draußen ist die große digitale Welt, in der bin ich zu Hause. Denn die Basis bei uns ist weiterhin das Kino vor Ort, der kulturelle Raum in Berlin. Das ist der Ausgangspunkt. Wichtig ist auch das Kuratieren. Ich glaube, dass die menschliche Empfehlung wieder an Bedeutung gewinnt, und unser Programm wird immer noch persönlich kuratiert. Das gibt auch Orientierung.

Aber ambitioniert klingt es schon: Eine kleine Berliner Kinogruppe will nun deutschlandweit auf dem Streamingmarkt mitmischen.

Wir bekleben jetzt nicht in der ganzen Republik Litfaßsäulen und Busse mit Werbung für Yorck On Demand. Das wäre auch vermessen. Aber ich höre immer wieder aus anderen Städten: In Berlin habt ihr so eine tolle Auswahl an Filmen. Man darf ja nicht vergessen: Es gibt keine Stadt auf der Welt, die mehr Kinos und Arthouse-Kinos hat als Berlin. Dieses Angebot nun auch außerhalb Berlins zeigen zu können ist nun eine Chance, damit es sich zudem finanziell rechnet.

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