Yoko Ono wird 80: Eine funkelnde Stimme
Sie sang nicht nur mit John Lennon: Yoko Onos musikalisches Werk von der europäischen Avantgarde über Pop zu New Wave.
BERLIN taz | Jahrzehntelang haftete ihr das Stigma der Beatles-Spalterin an – aber selbst Hardliner räumen inzwischen ein, dass John Lennon erst durch Yoko Ono aus seiner künstlerischen Krise herausfand. „Woman is the Nigger of the World“ heißt ein kämpferischer, von Lennon und Ono gemeinsam komponierter Song, erschienen 1972 auf dem Album „Shaved Fish“.
Bevor Yoko Ono in den USA 1952 eine Kunsthochschule besuchte, nahm sie in ihrer Heimatstadt Tokio bereits Piano- und Gesangsunterricht und erwog, Musikerin zu werden. Sie sollte sich im doppelten Sinn emanzipieren: vom großbürgerlichen Elternhaus und ihrem Vater Eisuke, der Ambitionen als Pianist hegte, aber auf Druck der Familie Ökonom wurde. Zudem stemmte sich Yoko Ono auch mittels Musik gegen das restaurative Gesellschaftsklima der 50er Jahre und die damals weit verbreitete Haltung, Frauen die Fähigkeit zu kreativen Eigenleistungen generell abzusprechen.
Zunächst stand sie im Bann der europäischen Avantgarde, an den Werken von Arnold Schönberg schulte sie ihre sägende Tremolo-Stimme. Unter der Ägide von John Cage wagte sie sich 1961 in New York erstmals auf die Bühne, setzte ihre Stimme als Instrument ein: mit Glucksen, Singen, Lachen, Heulen. Die Spontaneität von Pop lernte sie näher kennen, als sie 1966 auf Lennon traf. „Unfinished Music 2. Life with Lions“, das zweite, 1969 entstandene Gemeinschaftswerk von Lennon und Ono, stellt Onos funkelnde Stimme heraus.
Sie klingt unfassbar laut, fühlbar kratzig und – wenn man sich die Kommentare wütender Fans auf YouTube ansieht –: immer noch provozierend. Dabei erklingt nach dem 20-minütigen Lärm auch zwei Minuten Stille, frei nach John Cage; schiebt Yoko Ono auch ein Schlaflied, „No Bed for Beatle John“, hinterher; fährt Lennon fürsorglich die Skala eines UKW-Bandes auf und ab.
Onos größter Song ist „Walking on thin Ice“, entstanden kurz vor Lennons Tod 1980. Er gibt dem schockgefrosteten Takt des New Wave mit Onos distanzierter Stimme die Peitsche. Ein Dokument aus der Paranoia der bankrotten Metropole New York, die Yoko Ono die schönsten, aber auch schlimmsten Momente ihrer Karriere als Musikerin und bildende Künstlerin bescherte.
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