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Yoga als postkoloniales ProblemEs hat sich ausgedehnt

Sind Yogakurse eine kulturelle Aneignung durch den Westen? Ja, fanden Studierende in Ottawa. Der Kurs flog aus dem Unisport-Programm.

Sehr viele sehr pinke Frauen beim Schwangerschaftsyoga in China. Foto: Reuters

Auf Sanskrit heißt „Yoga“ so viel wie „Vereinigung“ oder „Integration“. Ursprünglich eine philosophische Richtung aus Indien, ist Yoga zum trendigen Feierabend- und Pausensport geworden. Das finden nicht alle gut: An der University of Ottawa gibt es Zwist darüber, ob Sportkurse, in denen gedehnt und geatmet wird, weiter „Yoga“ heißen sollten.

Die Studierendenschaft der kanadischen Uni findet Yoga nämlich gar nicht so integrativ, wie der Name unterstellt, sondern sieht darin eine kulturelle Aneignung durch den Westen.

„Kulturelle Aneignung“ bezieht sich auf Traditionen aus ehemaligen Kolonien, die sich im Westen in abgewandelter Form etablieren – es ist sozusagen ein postkolonial verletztes Copyright.

Ausgerechnet ein Yoga-Inklusionskurs im Zentrum für behinderte Studierende der Universität wurde deswegen vorsorglich aus dem Programm genommen. Dabei hatte die Kursleiterin sogar einen Kompromiss vorgeschlagen: Sie wollte den Kurs umbenennen, in „mindful stretching“, also „achtsames Dehnen“.

Das ist nicht nur pragmatisch, es ist auch zutreffend. Denn die meisten Yoga-Kurse bestehen ohnehin bloß daraus: sich dehnen und darauf achten, was dabei im Körper passiert. Für den philosophischen Überbau hat sowieso kaum jemand Zeit.

Hinzu kommt, dass „Achtsamkeit“ gerade en vogue ist und deshalb achtsame Dehnkurse wohl nicht schlechter besucht wären als Yoga. Einziges Problem: Die Achtsamkeits-Lehre stammt aus dem Buddhismus – und ist damit streng genommen kulturell angeeignet.

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16 Kommentare

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  • Eigentlich wieder mal was ->

    Hübsches - bei all dem anderen Elend.

     

    Die Erzählung - Yoga gen Europa - ging ja wohl über die englische Schiene.

    Dazu gibts auch den Bonmots -

    Daß Yoga extra für die britischen Gentlemen-Sportler quasi erfunden worden sei.

    Mein erstes Yoga-Buch (so Anfang 60er)

    hatte zudem eindeutig faschistische Konotierungen

    (zwangsweise Sequenzen an den Schulen/Betrieben/Unis & Übermenschentick) -

    (Leider inne Grabbel;)

    Soweit klar & tauglich für - öh kulturelle Aneignung.

     

    Aber Nordamerika?

    Nehm ich mal statt vieler den

    Tibeter - Rimposche Tartan Tulku -

    Der ja eine regelrechte Bewegung plus sein (für diese Ungelenken dort;) "Räkel"-Yoga etc aufzog.

    Missionierung ist ja bei einer Religion ohne Gott (jaja ich weiß "Millionen" davon in petto;) was schwierig.

     

    Aber - wer diese Yoga-Techniken etc mit Wunsch&Willen - ja seinem

    Auftrag sich angeeignet hat und weitergibt/unterrichtet/anleitet -

    Ein Kulturimperialist? - ah geh;)

    • @Lowandorder:

      Fritz Pearls in Big Sur verweigerte sich dem Yoga-Sitz zur Meditation: ->

      Europäer sitzen auf nem Stuhl;)

      Klar - Düsseldorfer.

  • Na bravo.

     

    Ideologisch verbrämte Entsagung nicht mehr nur beim Essen, jetzt sind die Körperübungen dran.

     

    Was kommt als Nächstes? Ich würde mal Algebra nennen, als kulturelle Aneignung arabischer Mathematik, passend zum Yoga könnte auch die "Null" als verzichtbar gelten.

     

    Das ganze ist so absurd, da fällt mir der "Tom" vom Wochenende ein; alle Menschen finden einen einzigen Glauben - Ich glaub' es hackt!

  • Der Westen versteht es, sogar aus Lösungen noch Probleme zu machen.

  • Wie schade. Vor allem für die Behinderten, die sich nun nicht mehr achtsam dehnen dürfen auf Uni-Kosten.

     

    Offenbar halten die Verantwortlichen in Ottawa nicht nur das Yoga und die Achtsamkeit für geklaut, sondern auch die Empathie und die Philosophie, das Mitgefühl und die Weisheitsliebe also. Sie wollten wohl das Copyright der alten Griechen nicht verletzen, und stellen das Denken und das Mitfühlen vorsichtshalber gleich ganz ein. Was wohl die alten Griechen dazu sagen würden?

     

    Übrigens: Universitäten gelten als eine klassische (west-)europäische Erfindung des ausgehenden Mittelalters. Ich schlage also vor, die Universität zu Ottawa löst sich umgehend selber auf und entlässt all ihre Mitarbeiter. Bevor noch jemand klagt.

    • @mowgli:

      Yoga ist für den Menschen gemacht, damit es jedem jederzeit zur Verfügung steht. Wer nicht begriffen hat, dass Yoga auch zu Hause und allein praktiziert werden kann, der hat von Yoga nichts begriffen und könnte genau so gut auf Aerobic rumhampeln.

  • Das Gerede von der "Kulturellen Aneignung" ist letztlich nichts anderes als eine pseudolinke Variante der rechten Theorie des "Ethnopluralismus", die propagiert, daß die verschiedenen Kulturen getrennt bleiben sollten, und daß ja niemals eine Kultur etwas von einer anderen lernen solle.

    • @yohak yohak:

      So ist es. Schade, dass das so wenige durchschauen.

  • Was spricht denn gegen "kulturelle Aneignung" ... Auf der einen Seite wird Multi-Kulti, Bunte Gesellschaft etc gefordert, aber andererseits darf nichts gemacht/gehört/gegessen etc werden, was ursprünglich aus einem anderen Kulturkreis stammt ? Das ist doch absurd.

  • Kein Wunder, dass islamistische Terroristen meinen, den Westen mit ein paar Terroranschlägen in die Knie zwingen zu können ...

     

    Wie sieht es eigentlich mit der Musik aus? Grooves sind für Europäer verboten, dafür aber die Durtonleiter und alle im Westen erfundenen Instrumente für den Rest der Welt?

    • @Breitmaulfrosch:

      Der Westen wird sich dank seiner fundamentalen Verblödung und geistigen Degeneration vorher noch selbst in die Knie zwingen.

  • Läuft sowas nicht allen Bemühungen um ein "Miteinander" entgegen? Was soll sowas? Ist doch toll wenn es so einen interkulturellen Austausch gibt. Im Gegenzug dürfen sich dann Asiaten nicht mehr westlich kleiden oder wie? Die Menschen sind echt furchtbar!

  • Jeder kulturelle Austausch ist kulturelle Aneignung. Gerade wurde das Comprehensive Economic and Trade Agreement (Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen) verhandelt. In CETA geht es um den Ausverkauf von allem, was auch nur entfernt Kultur sein könnte, so es sich nur zu Geld machen lässt. Vor diesem Hintergrund sind Bedenken um die Herkunft von Yoga absurd. Hier wird eine Meta-Ebene geschaffen, die keinem nutzt. Jeder der diesen Sport macht, wird früher oder später von den Ursprüngen hören, wenn nicht, auch nicht schlimm. Denn in Asien, Cina, Japan, Korea gilt es als normal andere zu kopieren. Erst diese Wirtschaftsverträge vergiften das Klima. Wenn ein Mobilfunk-Hersteller um die Rundung des Telefons klagt, wächst das Bewusstsein für Schutzrechte eigener Produktion im Osten. BMW muss bereits Batterien aus Asien kaufen. Dieses Preisschild für alles beginnt bereits der Kreativität zu schaden.

  • Was natürlich etwas untergeht ist, dass Canada m.W.n. nie eine buddhistisch-dominierte Kolonie hatte. Oder überhaupt eine Kolonie.

  • Achja, die kulturelle Aneignung... ich stellte letztens einer Anhängerin der "Cultural Appropiation is racism!"-These die Frage, ob Sushi-Essen in einem original japanischen Sushi-Restaurant ok, aber Sushi selber zuhause machen rassistisch sei. Sie versprach, darüber nachzudenken und mir dann Bescheid zu geben. Ich verkniff mir die Nachfrage, ob ich im Restaurant dann aber auch die Geburtsurkunde des Sushi-Kochs verlangen müsste, um sicher zu gehen, dass er auch tatsächlich Japaner ist und ich nicht postkoloniale, rassistische Ausbeutung betreibe dadurch, dass ich mein Sushi bestelle bei irgendwelchen vietnamesischen oder chinesischen Pseudo-Sushi-Köchen, die durch die imperialistisch-kapitalistische Verwertungslogik zu solch pervertiertem kulturellen Kannibalismus gezwungen worden sind.

    • @Kawabunga:

      Beim nächsten Mal, liebe/r Kawabunga, bitte nicht kneifen!

      Die richtigen Fragen an die richtige Person zur richtigen Zeit gestellt, garantieren Ihnen eine stressfreie Verschnaufpause in dieser von hyperaktiven und dauerplappernden Wichtigtuern geplagten Welt.

      Verraten Sie uns auch zu welch elementaren Neuerkenntnissen jene Dame gelangt ist?

      Dann bitte Nachlegen mit der Frage wie es sich damit verhält dass der Bayer ein bestimmtes essbares Pfannenprodukt Pfannkuchen nennt, während der Österreicher dieses Palatschinken nennt.

      Wer hat da wen kulturell beklaut? Wer ist hier der Kultur-Rassist?

      Oder aber auch: Dürfen Afroamerikaner überhaupt Blues spielen, wo doch dieser ein Konglomerat afrikanischer und europäischer Musik ist?

      War B.B. King ein Rassist?

      Sie werden sehen: Man muss nur durchdringen zu den grundlegenden "Problemen" der Menschheit und schon hört das Geplapper mal ein Viertelstündchen auf.

      Wer allerdings dann diese Verschnaufpause mit Yoga vergeigt, dem ist nicht zu helfen. Obwohl: Lach-Yoga soll es ja auch geben.