Yasmin Fahimi soll DGB-Chefin werden: Erstmals eine Frau, weiterhin SPD
Der DGB-Vorstand schlägt Yasmin Fahimi als Nachfolgerin von Reiner Hoffmann vor. Die Nominierung der SPD-Abgeordneten ist eine Überraschung.
Die Nominierung der 54-jährigen SPD-Bundestagsabgeordneten sei einstimmig erfolgt, teilte der DGB am Montag mit. Ihre Wahl auf dem Bundeskongress des Gewerkschaftsdachverbandes im Mai 2022 in Berlin dürfte damit nur noch eine Formsache sein.
Mehr als ein halbes Jahr hatte das Gerangel um den DGB-Vorsitz gedauert. Die einen wollten ihn nicht haben, dem anderen wollten sie ihn nicht geben. Acht Einzelgewerkschaften gehören dem DGB an, doch über den Vorsitz entscheiden de facto die drei Großen allein: die IG Metall, die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) und die IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). Aber die hatten sich lange Zeit nicht einigen können, wer auf den 66-jährigen IG-BCE-Mann Hoffmann folgen soll, der seit knapp acht Jahren den DGB anführt und sich im Mai in den Ruhestand verabschieden wird, folgen soll.
Eigentlich hätte der IG Metall diesmal das Vorschlagsrecht zugestanden. Doch dort tobt gerade hinter den Kulissen ein Machtkampf, wer 2023 die Nachfolge des derzeitigen IG-Metall-Chefs Jörg Hofmann antreten soll. Bereit für die Übernahme des DGB-Vorsitzes wäre hingegen Michael Vassiliadis gewesen, der seit 2009 die IG BCE anführt.
Zur Bedingung machte Vassiliadis allerdings einen breiten Rückhalt für seine Kandidatur. Daran fehlte es: Verdi-Chef Frank Werneke zeigte sich äußerst skeptisch bezüglich der Unterstützung aus seinen Reihen für den 57-jährigen Chemiegewerkschafter. Daraufhin gab Vassiliadis sein Vorhaben auf.
Überraschende Kompromisskandidatin
Dass mit Yasmin Fahimi als Kompromisskandidatin jetzt ausgerechnet die Lebensgefährtin von Vassiliadis neue DGB-Chefin werden soll, ist eine Überraschung. Schließlich liegt ihre Gewerkschaftskarriere schon ein paar Jahre zurück. 2014 wechselte Fahimi aus der Hannoveraner Zentrale der IG BCE, für die sie zuletzt als Abteilungsleiterin für Grundsatz und Organisationsentwicklung tätig war, als SPD-Generalsekretärin ins Berliner Willy-Brandt-Haus.
Nach einer Zwischenstation als Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium zog sie 2017 als direkt gewählte Abgeordnete in den Bundestag ein. In der SPD-Fraktion gehört Fahimi der Parlamentarischen Linken an. Sie ist auch Mitglied des SPD-Parteivorstands.
Von Hans Böckler bis Reiner Hoffmann: Seit der Gründung des DGB 1949 hatten alle elf Vorsitzenden zweierlei gemeinsam: das Geschlecht und das Parteibuch. Mit Fahimi wird nun erstmalig eine Frau an die Spitze rücken. Was die Parteimitgliedschaft anbetrifft, setzt der DGB hingegen weiter auf Kontinuität.
Flankiert werden soll Fahimi von den Verdianerinnen Elke Hannack (CDU) und Anja Piel (Grüne) sowie dem IG-Metaller Stefan Körzell (SPD), die dem geschäftsführenden Bundesvorstand auch bisher schon angehören.
Nur einen Tag bevor der DGB bekanntgegeben hat, wer ihn künftig anführen soll, präsentierte er gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände eine weitere bemerkenswerte Personalie: Auf Vorschlag der Arbeitnehmer:innenseite soll die frühere SPD-Vorsitzende Andrea Nahles neue Chefin der Bundesagentur für Arbeit (BA) werden. Auch sie wäre die erste Frau auf dieser Position.
Fahimi und Nahles kennen sich bereits seit Juso-Zeiten. Und nachdem sie Nahles als SPD-Generalsekretärin nachgefolgt war, war diese es auch, die als damalige Ministerin Fahimi ins Bundesarbeitsministerium geholt hatte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Täter von Magdeburg
Schon lange polizeibekannt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml