X-Gespräch von Musk und Trump: Demonstration der Schwäche
US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump ist verzweifelt. Sein Live-Gespräch mit Elon Musk sollte seine Kampagne wiederbeleben. Doch das misslang.
Es sollte die große Rückkehr des Ex-Präsidenten zu der Plattform sein, die ihn einst verbannte. Nach dem Sturm auf das Kapitol im Januar 2021 hatte Twitter den Account von Donald Trump gesperrt. Am Montag lud Techmilliardär Elon Musk, der aktuelle Besitzer von Twitter (jetzt X), den republikanischen Präsidentschaftskandidaten zum Gespräch.
Doch was vorab nach einem Heimspiel für Trump aussah, wurde zum Desaster. Dabei hätte er nach drei katastrophalen Wahlkampfwochen, in denen die Demokraten ihren Präsidentschaftskandidaten Joe Biden durch Kamala Harris ersetzten, dringend einen Sieg gebraucht.
Bevor der Space – so heißt das Audiogesprächsformat von X – um 20 Uhr Ortszeit überhaupt beginnen konnte, wurde er von technischen Pannen überschattet. Der Space stürzte ab. 45 Minuten lang passierte nichts. Die Fehlermeldung: „Details not available“ – ein Spruch, der genauso gut ein Wahlslogan für Trumps oft unberechenbare, impulsive Kampagne sein könnte.
Musk hatte zunächst behauptet, ein DDOS-Cyber-Angriff sei dafür verantwortlich, der die X-Server überlastet habe. Doch der Rest der Plattform funktionierte während der vermeintlichen Attacke einwandfrei. Und zwei Insider des Unternehmens sagten dem Technikportal The Verge, dass es einen solchen Angriff nicht gegeben habe und Musk „zu 99 Prozent“ lüge.
Am Ende hörten laut Angaben von X 1,2 Millionen Menschen das Space-Gespräch. Zum Vergleich: 51 Millionen Zuschauer*innen schalteten bei der Trump-Biden-Debatte im Juni ein, nach der Biden vom Rennen zurücktrat.
Für Trump, ein großer Fan der Symbolpolitik, ist das ein schlechtes Omen. Die technischen Probleme erinnern stark an den katastrophalen Kampagnenstart des republikanischen Trump-Herausforderers Ron DeSantis im vergangenen Jahr. Musk pries damals den Space-Event auf X als „bahnbrechend“ an, als neue Grenze der politischen Meinungsfreiheit. Das Medium sollte die Message sein.
Kamala Harris dürfte laut lachen
Doch der Stream stürzte immer wieder ab. Erst nach 25 qualvollen Minuten konnte der Moderator DeSantis fragen, ob er etwas anzukündigen habe. Ja, hatte er: „Ich kandidiere für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten, um unser großes amerikanisches Comeback anzuführen“, antwortete DeSantis – aber das Comeback blieb aus, das Publikumsurteil war gefallen. Trump lachte ihn aus.
Nun dürfte Kamala Harris, bekannt für ihre Heiterkeit, laut lachen. Ihre Unterstützer*innen hatten vor dem Gespräch eine Nachricht erhalten: „Die beiden schlimmsten Menschen, die du kennst, sind heute Abend live.“ Nach dem Ende des Gesprächs schrieb das Team: „Trumps gesamter Wahlkampf steht im Dienste von Leuten wie Elon Musk und ihm selbst – selbstverliebte reiche Typen, die die Mittelschicht verraten und im Jahr 2024 keinen Livestream betreiben können.“
Tatsächlich wirkte das Gespräch wie ein Laberpodcast zweier selbstgefälliger Bros – wobei Musk kaum zu Wort kam. Trump lobte Musk, weil er als Tesla-CEO streikende Mitarbeiter*innen gefeuert habe: „You’re the greatest cutter“. Musk wiederum lobte Trump: „Du bist der Weg zum Wohlstand.“ Eine Bromance ohne Factchecking oder kritische Nachfragen.
Doch damit demonstriert Trump keine Stärke, im Gegenteil. Vergangene Woche sagte er eine für September vereinbarte Debatte mit Kamala Harris auf ABC News wieder ab. Er hätte lieber, dass sie auf dem rechtskonservativen und ihm viel wohlgesinnteren Sender Fox News stattfindet. Dafür wurde Trump heftig angegriffen – und ruderte dann zurück.
Der Biden-Harris-Wechsel hat Donald Trump wahrlich überrumpelt. Das Kuschelinterview mit Musk wirkte wie der verzweifelte Versuch, Trumps Kampagne wieder zu stabilisieren. Doch nicht mal das scheint Trump mehr zu gelingen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles