Wutrede im EU-Parlament: Ausbruch mit Geschmäckle
Der belgische Abgeordnete Guy Verhofstadt greift Tsipras an und begeistert die Netzgemeinde. Doch seine Kritik ist verlogen.
![Guy Verhofstadt Guy Verhofstadt](https://taz.de/picture/502420/14/13934877.jpg)
Der Mitschnitt seiner siebenminütigen Brandrede verbreitete sich rasant – allein auf YouTube wurde das Video in weniger als zwei Tagen über 600.000 Mal angesehen.
Zentraler Vorwurf des Belgiers: Syriza betreibe in gleichem Maße Klientelpolitik wie ihre Vorgängerregierungen. Diese zu beenden, ist Verhofstadts erste Forderung an Tsipras, er lässt vier weitere folgen: Die Regierung müsse den öffentliche Sektor schrumpfen, Banken privatisieren, Märkte öffnen und Privilegien abschaffen.
Nichts Überraschendes, schaut man sich den politischen Hintergrund des 62-Jährigen an. Verhofstadt ist Vorsitzender der Allianz der Liberalen und Demokraten, der viertgrößten Fraktion im Europäischen Parlament. Dort hat er seit 2009 ein Mandat, davor war er von 1999 an neun Jahre lang belgischer Premierminister.
Verhofstadt hat Interesse an Privatisierungen
Interessanter im aktuellen Kontext aber sind seine Nebentätigkeiten, mit denen er monatlich mehrere 10.000 Euro verdienen soll. Die Plattform Krautreporter fand heraus, dass Verhofstadt unter anderem im Aufsichtsrat eines Unternehmens sitzt, das an Privatisierungen (auch in Griechenland) verdienen würde.
Konkret geht es um die Holding Sofina, die Anteile am französischen Energiekonzern Engie im Wert von 154 Millionen Euro hält. Verhofstadt und seine Fraktion setzten sich Anfang des Jahres für eine Liberalisierung des europäischen Energiemarktes ein, von dem Engie direkt profitieren würde. Der Europapolitiker muss sich damit genau das vorwerfen lassen, was er in seiner Rede angreift: Klientelismus.
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