Wohnungspolitik in Bremen: Immer weniger günstige Wohnungen
Die Wohnungsbaugesellschaft Gewoba hat ihren Bestand seit zehn Jahren kaum verändert. Eine Folge davon: Das Angebot im Niedrigpreissegment schmilzt dahin.
Auch Bremen bildet dabei keine Ausnahme – wie hoch die Mieten im Durchschnitt sind, lässt sich mangels Mietspiegel hier jedoch kaum ermitteln. Die Linksfraktion wollte angesichts des angespannten Wohnungsmarktes in einer Großen Anfrage vom Senat wissen, wie die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Gewoba im Segment des günstigen Wohnraums aufgestellt ist.
Die Antworten, die am Dienstag in der Bürgerschaft diskutiert wurden, waren ernüchternd: Der Bestand der Gewoba hat sich demnach in den letzten zehn Jahren kaum verändert. „Das kann so nicht bleiben“, sagt die baupolitische Sprecherin der Linken, Claudia Bernhard. Die Gewoba habe natürlich wie alle anderen Anbieter Mietsteigerungen zu verzeichnen. Das wiederum schlage gerade im günstigen Segment zwischen sechs Euro und 6,50 Euro Kaltmiete zu Buche: „Diese Angebote schmelzen dahin.“
Während Bausenator Joachim Lohse (Grüne) erst jüngst vor einer „Übersteuerung“ des Marktes warnte und befürchtet, bei anhaltender Bautätigkeit auf hohem Niveau drohten künftig „Bauruinen“ überall in der Stadt, sagt Bernhard: „Das ist bei der Hochpreisentwicklung der Fall, da haben wir tatsächlich kein knappes Angebot.“
Aber im günstigen Wohnraumsegment sehe die Realität anders aus: „Wenn in vielen Haushalten über 30 Prozent eines Haushaltseinkommens allein nur in die Miete fließen, ist das schon eine sehr problematische Entwicklung.“ Hier sei die Gewoba als städtische Gesellschaft für den kommunalen Wohnungsbau gefragt.
Die hält sich wiederum bedeckt, was konkrete Zukunftsszenarien und -strategien betrifft: „Der Vorstand teilte mit“, so heißt es in der Senatsantwort, „dass es sich bei den geforderten Angaben um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handelt, über die der Vorstand nach § 93 Absatz 1 Aktiengesetz Stillschweigen zu bewahren hat.“
Die Gewoba ist im Zuge der Privatisierungswelle im kommunalen Wohnungsbau seit 1997 als Aktiengesellschaft organisiert. „Diese Rechtsform ist für eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft ein Unding“, findet Bernhard. Obgleich die Stadt Bremen als Hauptanteilseignerin über den Aufsichtsrat durchaus Einfluss auf die Geschäftspolitik der Gewoba habe, werde das nicht ausreichend genutzt. „Und der Senat versteckt sich auch ein bisschen dahinter.“
Bauhandwerk voll ausgelastet
In der Anfrage wollte die Linke so unter anderem auch wissen, ob die Gewoba auch eine oder mehrere der Schlichtsiedlungen Holsteiner Straße, Sacksdamm und Reihersiedlung von der Vonovia hätte übernehmen können. In der Antwort heißt es: „Nein, die Objekte wurden der Gewoba nicht angeboten.“ Ein wenig lapidar findet das Bernhard: „Da muss man sich dann auch mal aktiv auf den Weg machen“, anstatt zu warten, dass einem jemand etwas anbiete – auch wenn das natürlich immer eine Frage des Preises sei.
Preissteigerungen sind im Übrigen nicht nur ein Problem auf dem Mietmarkt, sondern betreffen die gesamte Branche: Das Bauhandwerk ist voll ausgelastet, was sich wiederum auf die Preise auswirkt – Bauen ist sehr teuer geworden. Das betrifft private Bauherren und- frauen ebenso wie genossenschaftlich organisierte Baugemeinschaften, die gemeinschaftliche Wohnformen auch für sozial Schwächere schaffen wollen.
Rekordzahl an Baugenehmigungen
Und mancher Investor sitzt die Sache auch einfach aus: Nach Angaben von Bausenator Joachim Lohse (Grüne) sind im vergangenen Jahr zwar Rekordzahlen an Baugenehmigungen erteilt worden, die tatsächliche Bautätigkeit hinkt dabei allerdings deutlich hinterher.
Eine Lösung könnte dabei der von der Gewoba mitentwickelte „Bremer Punkt“ sein – ein kompaktes Mehrfamilienhaus, ideal gerade für Nachverdichtungen auf kleinem Raum, in serieller Bauweise herzustellen und dadurch deutlich Kosten sparend. Dass das ganz nebenher auch noch gut aussieht, hat dem „Bremer Punkt“ sogar mehrere Preise eingetragen. Gebaut wurden bislang – zwei.
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