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Wohnungspolitik der SPDBezahlbar bauen

Die SPD will die steigenden Preise auf dem Wohnungsmarkt mit einem „Mietenstopp“ beenden. Der Koalitionspartner ist irritiert.

Nicht mehr lange? Foto: dpa

Berlin dpa | Um steigende Mieten einzudämmen, will die SPD in der Wohnungspolitik deutlich über die bisherigen Koalitionsbeschlüsse hinausgehen. „Wir wollen einen Mietenstopp, um die Preisspirale zu unterbrechen“, heißt es in einem gemeinsamen Papier der Parteivorsitzenden Andrea Nahles und ihres Stellvertreters Thorsten Schäfer-Gümbel, der Spitzenkandidat bei der bevorstehenden Landtagswahl in Hessen ist.

„In den nächsten fünf Jahren sollen Mieten nur noch um die inflationsbedingte Preissteigerung erhöht werden dürfen – überall dort, wo der Wohnungsmarkt angespannt ist.“ Kritiker wittern Wahlkampfgetöse. Das Papier wurde am Samstag im Internet veröffentlicht (pdf).

Justizministerin Katarina Barley (SPD) pocht wie ihre Parteikollegen auf Beschlüsse, um steigenden Mieten entgegenzuwirken. „Wir brauchen neue, langfristige Antworten für das Mieten und Bauen der Zukunft“, sagte Barley. „Ein wichtiger Aspekt ist der Umgang mit hohen Bestandsmieten. Dazu gehören zudem weitergehende staatliche Investitionen, private Mittel und gesetzliche Regelungen.“

Der stellvertretende rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak, sprach von „neuen, unabgestimmten Vorschlägen“ und warf der SPD ein „durchsichtiges Manöver für den Wahlkampf in Hessen und Bayern“ vor. „Ich finde das unverantwortlich“, erklärte Luczak.

„Zusätzliche Maßnahmen ergreifen“

Im „Hessenplan“, dem Wahlprogramm von SPD-Spitzenkandidat Schäfer-Gümbel, steht das Thema Mieten ganz oben: „Dafür werden wir mehr bauen, Landes-Grundstücke mobilisieren und die Mieterrechte stärken“, heißt es dort im ersten von sechs Punkten. In Hessen wird am 28. Oktober gewählt.

Der Vizevorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, sieht in dem SPD-Papier einen „sozialistischen Irrweg“. Der bau- und wohnungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Chris Kühn, erklärte: „Dieses Papier zeigt, wie unzufrieden die SPD selbst mit der letzten Mietrechtsnovelle und der Wohnungspolitik der Bundesregierung ist, deren Teil sie ist.“

Offenbar ist die Bundesregierung auch bei diesem Thema uneins, und die SPD kann oder will sich nicht durchsetzen.

Bernd Riexinger

Das Kabinett hatte erst in dieser Woche ein Gesetz zum Schutz vor überhöhten Mieten auf den Weg gebracht. Es soll die bereits geltende Mietpreisbremse verschärfen und die finanzielle Beteiligung von Mietern an Modernisierungskosten begrenzen. Die SPD will weitergehen: „Der Druck auf dem Mietmarkt ist heute so dramatisch, dass wir zusätzliche Maßnahmen ergreifen müssen“, hieß es.

Der Linke-Vorsitzende Bernd Riexinger erklärte dazu: „Offenbar ist die Bundesregierung auch bei diesem Thema uneins, und die SPD kann oder will sich nicht durchsetzen.“

Auch Merkel äußert sich

Nach Einschätzung des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft kann der schnelle Anstieg der Mieten in Ballungszentren nicht allein in den Städten bekämpft werden. Verbandspräsident Axel Gedaschko forderte: „Die entwicklungsfähigen Städte in den ländlichen Regionen müssen in die Überlegungen für mehr bezahlbaren Wohnraum einbezogen werden.“

Nahles und Schäfer-Gümbel nannten als beste Mietpreisbremse „Bauen, bauen, bauen – und zwar bezahlbare Wohnungen“. Dafür müssten Kommunen nicht genutzte Baugrundstücke mit höheren Abgaben belegen können, um die Spekulation zu begrenzen und Anreize zu setzen, zügig zu bauen. Baurechte in Innenstädten sollten verstärkt mit Baupflichten einhergehen, hieß es weiter.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte am Samstag die Wohnungspolitik als einen Arbeitsschwerpunkt der Regierung: „Wir investieren in ganz besonderer Weise in den Wohnungsbau, durch das Baukindergeld zum Beispiel, aber auch durch eine Sonderabschreibung, damit wir mehr Wohnungen bauen können und genauso auch im sozialen Wohnungsbau“, sagte sie in ihrem wöchentlichen Podcast. Einen direkten Bezug auf die SPD-Forderungen gab es in dem vorher aufgezeichneten Internetauftritt aber nicht.

Neuer Sozialpakt gefordert

Eine Begrenzung von Mieterhöhungen auf die Inflationsrate wäre für Vermieter ein deutlicher Einschnitt: Sie liegt in Deutschland derzeit bei zwei Prozent. Bislang darf die Miete innerhalb von drei Jahren um bis zu 15 Prozent erhöht werden. Beim Eigentümerverband Haus und Grund kommt der „Mietenstopp“ entsprechend schlecht an. Davon halte man „rein gar nichts“, sagte Geschäftsführer Alexander Wiech.

Die SPD-Spitze fordert „einen neuen Sozialpakt“ mit Immobilieneigentümern: „Wer im Interesse der Mieter baut und nicht nur für den eigenen Profit, soll vom Staat unterstützt werden.“ Die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentum solle begrenzt, Ausnahmen sollten auf ein Minimum reduziert werden. Zudem solle es deutlich weniger Möglichkeiten für Eigenbedarfskündigungen geben. Bei öffentlich geförderten Wohnungen wollen die Sozialdemokraten günstige Mieten länger garantieren.

Aus Sicht des Sozialverbands VdK sind „drastische Eingriffe in den Wohnungsmarkt“ dringend geboten. Auch der Deutsche Mieterbund zeigte sich erfreut.

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8 Kommentare

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  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Wer verdient am besten am Hausbau? Der Staat! 19% auf alles und das sofort. Rund 80'000 Euro hab ich binnen eines Jahres für den Hausbau an den Staat gezahlt. Keine Frima hat annähernd soviel Gewinn bei mit gemacht. Die zunehmenden Anforderungen durch die EnEV machen on top das Bauen zusätzlich teuer. Die zusätzlichen Maßnahmen, um die EnEV Vorgaben zu erfüllen rechnen sich wirtschaftlich schon länger nicht mehr. Das letzte Restchen Energieeinspaarung ist das teuerste. Ökologisch sinnvoll ist manches dann auch nicht mehr.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ..."Baukindergeld"? *lol*



    Die Menschen brauchen bezahlbaren Wohnraum und keine Einfamilienhäuser.



    Ich wohne in der Nähe von München, quasi auf'm Land. Ein Einfamilienhaus kostet hier mittlerweile ca. 1,3 Mio. Euro.



    Eine Doppelhaushälfte ca. 1 Mio Euro.



    Welcher 'Normalverdiener' kann sich so etwas leisten?! Eine 4-Zimmerwohnung (Neubau) gibt's ab 2 Tsd. Euro aufwärts, im Monat, kalt.

  • Was für ein Schwachsinn. Statt endlich massiv in den Wohnungsbau zu investieren wird, wie mit der bescheuerten Mietpreisbremse, versucht von oben den Preis zu diktieren. Das kann nicht funktionieren. Das ist wie den Brotpreis vorzugeben, wenn es einfach nicht genug Brot für jeden gibt. Am Ende entsteht schlicht ein Schwarzmarkt in dem der mit dem meisten Geld am Ende zum Zuge kommt.

  • Aha, was der CSU und CDU erlaubt sein soll, soll also für die SPD unmoralisch sein?



    Endlich zeigt sie mal Profil und stellt Forderungen für bezahlbaren Wohnraum - offensichtlich war ja die CDU/CSU - Wohnungspolitik und die paar Brosamen für die SPD ein Irrweg. Die Meinug der Partei FordernDrastischeProfite kann getrost ignoriert werden. Wieso schreiben Sie hier von Einschnitten, wo doch das übermäßige Abkassieren auf höchstem Niveau erhalten bleibt?

  • Hatten die nicht gerade vor paar Monaten Koalitionsverhandlungen? Sozen scheinen jetzt soziale Luftballons aufsteigen zu lassen. Geht es dagegen ans Eingemachte, wei etwa beim Familiengeld in Bayern, dann zeigen sie ihre neoliberale Fratze...

  • Wir haben steigende Nachfrage nach Wohnraum bei nur geringem Angebot. Also können wir



    + entweder mehr bauen



    + und/oder einzelne Gruppen in ihrer Nachfrage beschränken, etwa dadurch, dass andere Nachfragergruppen, z. B. durch Eingriffe in die Preisgestaltung, bevorzugt werden.

    Erstere Lösung erfordert, dass Kommunen mehr Bauland ausweisen. Ein Schritt in diese Richtung ist die erfolgte Einführung des urbanen Gebiets in der Baunutzungsverordnung. Dieses Instruzment sollte aber auch lokal genutzt werden. Dabei erlebe ich, dass viele Kommunen nicht über die nötige Personalkapazität für mehr Baugenehmigungen verfügen. Das Problem ist also zum Teil hausgemacht.

    Die zweite Variante ist zwar möglich, aber dann sollte jeder, der so etwas vorschlägt, auch sagen, wem dafür durch Verknappung Wohnraum oder (Steuer-)Geld weggenommen wird. Diese Variante führt außerdem zu mehr Bürokratie und vielfältigen Versuchen, die Zugangskriterien zu den Vorteilen, wie auch immer sie formuliert sein mögen, zu umgehen. Das haben wir über Jahrzehnte erlebt und daraus sollten wir lernen.

    Der Vorschlag, dass die öffentliche Hand sich mehr im Wohnungsbau engagieren möge, geht am Problem vorbei: In der Nachkriegszeit herrschte Kapitalmangel, damals war dies der richtige Weg. Heute ist genügend Kapital da, es fehlt häufig an Grundstücken. Diese Lösung passt also nicht zum Problem.

    Was in der ganzen Diskussion gerne verschwiegen wird, ist, dass die Politik ein wesentlicher Kostentreiber am Bau und damit auch Kostentreiber für Mieten ist: Einerseits wurde durch mehrere Regelungen zur Energieeinsparung, die nicht am Resultat ansetzten, sondern die Methode (nämlich viel Wärmedämmung) vorschrieben, das Bauen unnötig teuer gemacht.



    Andererseits haben fast alle Bundesländer die Grunderwerbsteuer deutlich erhöht und damit Wohnen noch teurer gemacht. Dass der Bauherr diese Steuer auf die Mieten umlegt, ist klar. Damit zahlt die Grunderwerbsteuer letztlich der Mieter.

  • „Wer im Interesse der Mieter baut und nicht nur für den eigenen Profit, soll vom Staat unterstützt werden.“

    Selten so gelacht! Wer gibt sein Geld, damit andere schön (und vielleicht noch billig) wohnen können? Allenfalls der Staat und die Kommunen. Solchen Altruismus von privaten Investoren oder Eigentümern zu verlangen ist schönste SPD-Wahlkampf-Retorik. Bauen und Wohnen kann deutlich billiger werden - indem die vielen verschiedenen Nebenkosten begrenzt werden, aber die erhebt ja der Staat, Städte und Gemeinden ...