Wohnungsnot in Deutschland: Habeck will günstigere Grundstücke
Der Bund muss Grundstücke billiger an Kommunen verkaufen, fordert Grünen-Chef Habeck. Wohnungsnot könne die Gesellschaft spalten.
Der Bund verdiene bisher an Spekulationen fleißig mit, folgerte Habeck. 2.026 Liegenschaften habe der Bund seit November 2015 bis Ende März dieses Jahres zum Höchstpreis versteigert – und nur 12 verbilligt für sozialen Wohnungsbau abgegeben. „Unterm Strich fördert der Bund nicht den sozialen Wohnungsbau, er verhindert ihn.“ Über zwei Milliarden Euro flössen jährlich von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) in den Bundeshaushalt. Für den sozialen Wohnungsbau habe die Koalition aber gerade mal 500 Millionen pro Jahr übrig, kritisierte Habeck.
Der Grünen-Vorsitzende forderte eine Änderung des BImA-Gesetzes und der Haushaltsordnung. „Zumindest in Gebieten mit angespannter Lage auf dem Wohnungs- und Mietmarkt müssen Kommunen ein Vorkaufsrecht bekommen – und das zu einem Preis deutlich unterhalb des Marktwerts“, sagte Habeck. Falls die Kommune nicht von einem solchen Vorkaufsrecht Gebrauch mache und Grundstücke an private Investoren verkauft würden, müssten diese zu harten Auflagen verpflichtet werden. Dazu gehöre, auch an Menschen mit geringen Einkommen zu sozialverträglichen Mieten zu vermieten, fügte Habeck hinzu.
Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben verwaltet Immobilien und Grundstücke, die sich im Besitz des Bundes befinden. Sie ist eine der größten Immobilieneigentümerinnen Deutschlands und hat Grundstücke mit einer Fläche von rund 470.000 Hektar im Portfolio. Das Bundesfinanzministerium hat kürzlich auf Anfrage des FDP-Abgeordneten Daniel Föst bekanntgegeben, welche Grundstücke dem Bund in wichtigen Großstädten gehören.
Verkauf zum Höchstpreis
Demnach besitzt die BImA in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart 971 unbebaute Flurstücke mit einer Fläche von rund 230 Hektar. Die meisten Flächen besitzt der Bund mit gut 880.000 Quadratmetern in Berlin. Im Moment ist die BImA per Gesetz dazu verpflichtet, entbehrliche Liegenschaften „wirtschaftlich“ zu veräußern. Das bedeutet in der Praxis, dass die Bundesanstalt die Höchstpreise verlangt, die der Markt hergibt.
Die Grünen fordern schon länger, dass die BImA das Interesse der Kommunen bei Grundstücksverkäufen stärker berücksichtigt. Die Bundestagsfraktion brachte bereits im April 2012 einen entsprechenden Antrag ins Parlament ein. Dass der Vorsitzende Habeck das Thema jetzt nochmal hochzieht, ist der Einsicht geschuldet, dass Wohnen zur entscheidenden sozialen Frage des 21. Jahrhunderts wird. Habeck hatte Anfang der Woche bereits ein zentrales Immobilienregister gefordert. Ein solches würde öffentlich machen, wer welche Immobilie besitzt.
Die Große Koalition denkt in eine ähnliche Richtung wie die Grünen. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD heißt es: „Wir wollen ermöglichen, dass die BImA den Ländern und Kommunen zu Zwecken der sozialen Wohnraumförderung bundeseigene Grundstücke rechtssicher und im beschleunigten Verfahren zu vergünstigten Konditionen zur Verfügung stellen kann.“ Die Erstzugriffsoption für Kommunen solle im Haushaltsgesetz des Bundes auf alle entbehrlichen Liegenschaften des Bundes ausgeweitet werden.
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