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Wohlleben-Aussage im NSU-ProzessKeine Ahnung, keine Schuld

Der Angeklagte bestreitet, die Mordwaffe besorgt zu haben. Von der Terrorserie seiner Freunde habe er erst aus Medienberichten erfahren.

Der Angeklagte Ralf Wohlleben im Gericht. Foto: reuters

München rtr | Im NSU-Prozess hat der Angeklagte Ralf Wohlleben eine Unterstützung der Mordserie der rechtsextremen Gruppe bestritten. Er habe den Wunsch seines mittlerweile verstorbenen Bekannten Uwe Böhnhardt nach Beschaffung einer Schusswaffe zurückgewiesen und nicht ausgeführt, sagte der frühere Thüringer NPD-Funktionär am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht München.

„Ich wollte keine Waffe besorgen“, sagte Wohlleben. Er wies auch Aussagen von zwei Mitangeklagten zurück, er habe sie beauftragt, Pistolen zu beschaffen. „Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele lehne ich ab“, sagte Wohlleben, der wegen der Vorwürfe in Untersuchungshaft sitzt.

Mit seiner Aussage brach Wohleben wie zuletzt auch die Hauptangeklagte Beate Zschäpe sein Schweigen in dem Prozess, der seit Mai 2013 andauert. Die Bundesanwaltschaft bezeichnet Zschäpe als einziges überlebendes Mitglied der Gruppe, die unter der Bezeichnung „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) bekannt wurde.

Zschäpe hatte vergangene Woche von ihrem Anwalt eine ausführliche Erklärung verlesen lassen und darin jede Beteiligung an den Morden bestritten. Ihre Freunde Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, die sich bei ihrer Enttarnung umbrachten, hätten die Taten allein begangen und ihr jeweils erst im Nachhinein davon berichtet.

Wohlleben sagte, er habe von den Verbrechen der beiden Männer erst aus den Medien erfahren. „Es war mir unvorstellbar, dass die beiden dazu imstande gewesen sind.“ Den Opfern und ihren Angehörigen gelte sein Mitgefühl.

Den Ermittlungen zufolge ermordete die Gruppe binnen zehn Jahren neun Männer griechischer und türkischer Abstammung sowie eine Polizistin. Außerdem soll die Gruppe Bombenanschläge und Raubüberfälle begangen haben.

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5 Kommentare

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  • Wohleben und die anderen braunen Mörder können geduldig und gelassen auf den Richterspruch warten. Schließlich hackt eine Krähe der anderen kein Auge aus.

    Ganz anders seinerzeit bei den RAF Prozessen. Dort wurde "lebenslang" im Sekundentakt verhängt und manch eine® hing plötzlich stranguliert am Zellenfenster. Aber - ach ja, es soll sich um Suizid gehandelt haben...

    Also, Kopf hoch ihr volksdeutschen Superhelden: In Deutschland wird euch nichts passieren. In ein paar Jahren werdet ihr sogar wieder Orden tragen! 100 %ig.

    • @amigo:

      Schön das Sie es erwähnen, hier starben bisher hauptsächlich Zeugen, ähnlich unerwartet wie damals...

  • Seltsam! Kein Wort hier über die Vorwürfe, die er gegen die Behörden erhoben hat. So hat er etwa ausgesagt, dass Tino Brandt, der hoch bezahlter V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes war, ihm damals den Mitgliedsantrag der NPD unter die Nase gehalten hat. Dieser Tino Brandt soll eben nicht nur V-Mann, sondern auch ein Anführer in der rechtsextremen Szene in Thüringen gewesen sein. Nach Wohllebens Aussage war Tino Brandt der Aufenthaltsort des NSU-Trios nach deren Untertauchen 1998 bekannt. Hätte man sie aufspüren wollen, wäre das mit der Hilfe Brandts jederzeit möglich gewesen. Dass Angeklagte ihre Tatbeteiligung bestreiten, ist doch keine Zeile wert - der Rest aber schon.

    • @Rainer B.:

      Ähm. Mir wäre es zwar auch lieber, wenn der Verfassungsschutz vertrauenswürdige Agenten einschläußen würde. Aber leider wirft er halt eher originären Nazis Geld hinterher, damit die evtl. ein paar Happen Information zurückwerfen... Tino Brandt ist also Anführer der rechtsextremen Szene, der nebenher auch beim Land jobbt.

  • Ob der W. nun "eine" CZ83 oder die Tatwaffe beschafft hat, oder auch nicht wird sich kaum erhärten lassen...

     

    Und der Stand der Ermittlungen ist im Artikel sachlich falsch dargestellt: Es gibt keine Beweise für die Anwesenheit der "Uwes an den TO, weder DNA_Anträge noch daktyloskopische. Auch nicht an den Tatmitteln. Genau so wenig wie es an den ATtmitteln Spuren der Geschädigten gibt.

     

    Die einzige Verbindung von Tatmittel und Geschädigten besteht in den verfeuerungsspuren einer CZ83. Wer diese benutzt hat ist bisher nicht erwiesen.