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Wissenschaftler über Türkei nach Putsch„Erdoğan eine zweite Chance geben“

Haluk Sahin glaubt, dass der Präsident verunsichert ist. Er braucht jetzt Verbündete und muss einen Kompromiss mit der säkularen Opposition suchen.

PutschgegnerInnen solidarisieren sich mit Erdogan Foto: dpa
Jürgen Gottschlich
Interview von Jürgen Gottschlich

taz: Herr Professor Sahin, Sie sagen, der Westen, die westlichen Medien, würden die Situation in der Türkei nach dem missglückten Putsch falsch einschätzen. PräsidentErdoğan sei gar nicht dabei, im Schnellverfahren eine Einmanndiktatur zu etablieren. Er wäre im Vergleich zu der Zeit vor dem Putschversuch eher geschwächt.

Haluk Sahin: Wir können noch nicht genau einschätzen, wie sich die Türkei in den kommenden Wochen und Monaten verändern wird. Was wir jetzt erleben, ist ein tektonisches Beben, das noch eine ganze Weile dauern wird. Nur eines kann man schon feststellen: der scheinbar allmächtigeErdoğanwar gar nicht so mächtig. Der Putsch hat gezeigt, dass er die Armee, die Polizei, die Justiz eben nicht unter Kontrolle hatte. Gerettet haben ihn nicht seine islamischen Freunde, gerettet haben ihn säkulare, verfassungstreue Generäle, kritische Medien, die er zuvor verfolgt hat, die sich aber dennoch in der Stunde der Not auf die Seite der verfassungsmäßig legitimierten Regierung gestellt haben. Und eine Bevölkerung, die aus leidvoller Erfahrung gegen jeden Putsch eingestellt ist.

Was ist mit den Massenverhaftungen, den Entlassungen Zehntausender Beamter? Wurde da nicht eine vorbereitete „Säuberungswelle“, wieErdoğan sie selbst nennt, durchgeführt, um sich der letzten Kritiker vonErdoğans Alleinherrschaft zu entledigen?

Natürlich gab es Listen von Leuten, die aus dem Staatsapparat entfernt werden sollten. Die werden seit Dezember 2013, als die Gülen-Gemeinde die Korruptionsaffäre gegenErdoğaninszenierte, erstellt.ErdoğansAKP und die Gülen-Anhänger haben ja lange genug zusammengearbeitet. Die kennen sich, die wissen, wer wo was ist.

Wollen Sie behaupten, dass sämtliche Festnahmen von fast 20.000 Leuten und bald 100.000 Entlassungen im öffentlichen Dienst alle Gülen- Anhänger betreffen, die an dem Putsch beteiligt waren?

Natürlich nicht. Das sind Exzesse, die in einer quasi revolutionären, völlig aufgeheizten Atmosphäre passieren. Da ist auch viel Panik dabei.Erdoğanist verunsichert. Er hat Angst. Leute aus seiner engsten Umgebung waren in den Putsch verwickelt. Er weiß nicht, wem von seinen Leuten er noch trauen kann.

Bild: Zaptcioglu
Im Interview: Haluk Sahin

Haluk Sahin, 75 Jahre alt, ist emeritierter Professor für Kommunikationswissenschaft, Autor zahlreicher Bücher und langjähriger Kolumnist verschiedener Zeitungen. Er gehört zu den führenden säkularen, republikanischen Denkern des Landes. Er lebt in Istanbul und betreibt auf der Ägäisinsel Bozcaada einen Weinberg.

Führt eine solche Paranoia nicht in den totalen Überwachungsstaat und in die Abschaffung der Demokratie?

Ich will das nicht ausschließen. Aber ich bin Optimist.Erdoğanhat durch den Putsch gesehen, dass er das Land nicht alleine kontrollieren kann. Er braucht Verbündete. Wenn er nicht völlig verrückt ist, muss er mit der säkularen Opposition Kompromisse suchen. Es gibt ja erste Anzeichen dafür, dass er genau das tut. Ich glaube sogar, dass der Kampf zwischen den islamischen Linien, derAKP-Erdoğan-Linieund der Gülen-Bewegung letztlich für die säkularen Türken die Rettung sein wird. Der Putschversuch hat doch viele Leute daran erinnert, wie wichtig die Trennung von Religion und Politik ist.

Bislang gibt es noch keine Anzeichen dafür, dassErdoğan bereit sein könnte, auf eine neue Verfassung, die ihm als Präsidenten die alleinige, exekutive Gewalt sichern soll, zu verzichten.

Warten wir es ab.Erdoğanbraucht jetzt mehr denn je die Opposition. Denn die eigentliche sogenannte Säuberung innerhalb der AKP steht ja erst noch bevor. Man schätzt, dass mindestens 50 Abgeordnete der AKP-Parlamentsfraktion Gülen-Sympathisanten sind. Die könnten die Regierung stürzen. In dieser Situation sollten wirErdoğanan eine zweite Chance geben.

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22 Kommentare

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  • Wieso teile ich den Optimismus von Herrn Haluk Sahin?

    • @vergessene Liebe:

      Weil Sie es noch können.

  • Wenn 50 AKP-Abgeordnete Gülen-Anhänger sind, wozu dann ein MIlitärputsch? Dann hätte die Gülen-Bewegung doch leichter Erdogan auf parlamentarischem Weg entmachten können. Wenn man dann noch an die Parlamentswahlen vom Juni 2015, bei denen Erdogan seine Mehrheit im Parlament verlor, zurück denkt, dann wird die Geschichte mit dem Putsch noch dubioser. Sicher hat die Gülen-Bewegung in der Regierungspartei mehr Anhänger als im Militär, gegen dessen frühere kemalistische Führung die Gülenisten die dubiose Ergenikon-Hetzjagd veranstalteten.

  • Wer Diktator Erdogan unterstützt, ist kein Demokrat, und wenn es hundert Putschversuche gegn ihn schon gegeben hätte.

  • Wenn wir Erdogan jetzt fallen lassen, wird er sich Putin zuwenden und das, da sind wir taz-Leser*innen ja wohl alle einig, wäre die größte Katastrophe.

  • Putsch? Was denn für ein Putsch? Wo sehen hier nur alle Leute einen Putsch, einen Putschversuch, einen gescheiterten Putsch????

     

    "Ein Putsch ... ist eine oft überraschende, meist gewaltsame Aktion von Angehörigen des Militärs oder paramilitärischer Organisationen und/oder einer Gruppe von Politikern mit dem Ziel, die Regierung zu stürzen und die Macht im Staat zu übernehmen."

     

    Wo war denn hier eine ernste Gefahr?

    Die Putschisten haben das Parlamentsgebäude bombardiert: Das Parlament kann sich auch notbehelfsmäßig in einer Turnhalle versammeln. Den Präsidentenbalast: Sinnvoll, wenn der Präsident in Urlaub ist. Twitter haben die für ein paar Stunden lahmgelegt, den unbedeutendsten Fernsehsender übernommen, später für ein Stündchen auch CNN, den Atatürk-Flughafen haben sie besetzt und die Bosporus-Brücke. Vor allem: Der Putsch hatte – und hat bis heute! – kein Gesicht!

     

    Wenn Erdogan mit dem heutigen Wissen seinen Bürgern gesagt hätte: Ich bin in Sicherheit, Frau und Kinder sind wohlauf, bleibt alle besonnen zuhause und schließt Türen und Fenster, die Veranstaltung hätte sich in ein, zwei Tagen verlaufen.

     

    Wenn das das letzte Aufgebot von Gülensekte & CIA gewesen sein soll, dann geht von denen keine Gefahr mehr aus.

    • @Seeräuberjens:

      Richtig, Putsch ist das falsche Wort. Nennen wir es doch besser "Zwischenfall".

    • @Seeräuberjens:

      Worauf ich hinaus will: Ein Amokläufer, der mit einem Teppichmesser in die Fußgängerzone rennt und wahllos Leute absticht ist für mich noch kein islamistischer Selbstmordattentäter, nur weil er dabei "Allah muakbar" ruft. Der bleibt ein Amokläufer.

       

      Nennt das eine Meuterei, eine Revolte, einen kollektiven Amoklauf. Ein Putsch war das nicht.

  • "...die sich aber dennoch in der Stunde der Not auf die Seite der verfassungsmäßig legitimierten Regierung gestellt haben."

     

    Verfassungsgemäß wäre Erdogan nur mehr der Grüßaugust - mehr Macht ist aus der türk. Verfassung nicht abzuleiten!

     

    "Die werden seit Dezember 2013, als die Gülen-Gemeinde die Korruptionsaffäre gegen Erdoğan inszenierte, erstellt."

     

    "Inszeniert" - ja ne, ist klar!

     

    Das soll ein "Wissenschaftler" sein?! Hört sich mehr nach Erdogans Preseprecher an.

  • Vielleicht macht dieser Artikel über die Wiedereinführung der Kinderehen ja deutlich, warum wir Erdogan keine zweite Chance geben sollten: http://www.heise.de/tp/artikel/49/49122/1.html

  • "... als die Gülen-Gemeinde die Korruptionsaffäre gegen Erdoğan inszenierte."

     

    Sprache kann so verräterisch sein. Als ob es sich da nur um die Inszenierung einer Korruptionsaffäre gehandelt hätte. Das ist doch nur Erdogans Ausrede. Dabei gab es all diese Fälle von Korruption durchaus und zahlreiche Mitschnitte von Telefongesprächen konnten das u.a. ja auch belegen.

     

    "Der Putschversuch hat doch viele Leute daran erinnert, wie wichtig die Trennung von Religion und Politik ist."

     

    Das war allerdings sehr vielen auch schon lange vor dem Putsch völlig klar und in der derzeitigen türkischen Politik sucht man mehr und mehr vergeblich nach dieser Trennung. Die "Säuberungen" Erdogans machten ja gerade auch vor Laizisten und Kemalisten nicht Halt.

     

    Ich verstehe ja, dass Herr Sahin an seinem Weinberg hängt, aber ich bezweifle sehr, dass es ihm da noch helfen wird, sich als Ochse vor den Karren Erdogans zu spannen. Wenn seine These vom verunsicherten Erdogan stimmen sollte, Wird sich diese Verunsicherung doch früher oder später spürbar gegen jene wenden, die ihm heute so fleißig nach dem Mund reden.

  • Das hat die Welt gebraucht - einen Erdowahn-Versteher, der die Gräueltaten dieses verbrecherischen Despoten, der zur Verfolgung einer Minderheit ganze Stadtteile in Schutt und Asche legen lässt, herunterzuspielen versucht um nicht zu sagen ignoriert!

    Und selbstverständlich durfte auch der Zeigefinger auf die deutsche Vergangenheit wieder nicht fehlen - sehr entlarvend...

    Warum gibt man solchen Leuten überhaupt eine Plattform, um ihre krude Propaganda abzusetzen??!

  • Dass Erdogan nicht allmächtig ist, darin gebe ich dem Professor Sahin recht. Ansonsten hat Erdogan immer wieder auf Gewalt und Repression gesetzt und derzeit verwüsten türkische Militärs ganze Ortschaften im Osten, in Kurdistan. Irgendeine Milde ist hier nicht zu spüren und auf irgendeine Art von Verständigung setzt Erdogan dort nicht.

     

    Durch diese überzogenen und vollkommen aus dem Zusammenhang stehenden Gewaltaktionen erreicht Erdogan eine gewisse, vielleicht trügerische Sicherheit und Stabilisierung.

     

    Das alleine reicht für mich aus, zu sagen, dass Erdogan sich nicht rechtlich oder parlamentarisch kontrollieren lassen will.

     

    Natürlich hat er keine 'echte' Mehrheit hinter sich - vieles ist eine Inszenierung Erdogans, um eigene Schwächen zu kaschieren, andererseits sind genau solche gesplatenen Staaten, solche schwachen Regierungen in der Vergangenheit in Gewaltexzesse abgedriftet und für die Kurden ist es ja auch schon so - sie werden niedergeschossen wie Tiere auf der Jagd.

     

    In Istanbul mag die Türkei noch offen erscheinen, so als könne sich auch alles noch ändern, aber auch hier hat die AKP, hat Erdogan Repression sich auf die Fahnen gemahlt und strebt nach tiefgreifenden Veränderungen, um politische Gegner und Konkurrenten für immer zu schwächen.

     

    Und wenn irgendwo 'Listen' vorhanden sind und dann abgearbeitet werden, dann hat das schon den Charakter einer totalen Machtergreifung, außerdem fehlt mir der konkrete Beweis für die Gülen-Verschwörung - gibt es die überhaupt? Oder braucht Erdogan einen Sündenbock? Vielleicht ist das Ganze ein Märchen, um einen Gegner vorzuführen?

    • @Andreas_2020:

      Erdogan kann bis heute keine Verantwortlichen benennen. Er kennt die Hintermänner – Gülen und der CIA –, und es gibt Ausführende; z.T. Kadetten in Ausbildung, denen man erzählt hat, sie nähmen teil an einem Anti-Terror-Manöber. Ein Gesicht der Verantwortlichen, der Verschwörer in der Türkei gibt es bis heute nicht.

  • Wieder eine Hofbericht diesmal als Interview - es wurden keine Fragen zum Verhalten vor den Putsch gestellt z.B bezüglich des Verlogenheit im Umgang mit dem IS oder den Kurden gestellt - da war doch schon klar wohin die Reise geht.

     

    Der Putsch und das Prozedere zur Ausschaltung aller Andersdenkender wirkt auf mich wie von Erdogan inszeniert.

    Den Mann kann man nicht trauen.

  • Eines stimmt auf jeden Fall: Es gibt hier im Westen eine Art Geringschätzung der Türkei gegenüber, die dem ersten durch das Volk und die demokratisch gewählte Regierung abgewehrten Militärputsch in der Geschichte der Türkei einfach nicht angemessen ist.

     

    Schon gar nicht von Deutschland aus, dessen letzte Revolution darin bestand, sich nach einem verlorenen grausamen Krieg von den Siegern Demokratie und Rechtsstaatlichkeit schenken zu lassen. Oder war die Revolution der Kopfschuss, den sich Hitler in auswegloser Lage versetzt hat? So oder so, das deutsche Volk war es nicht.

     

    Man muss da auch Widersprüche aushalten können: Die autokratischen Tendenzen in der Türkei sind wahr, aber das, was da passiert ist, ist größer als Erdogan. Der von Erdogan und anderen erhobene Vorwurf, dass die Verhinderung des Putsches nicht gewürdigt wird, ist vollkommen zutreffend. Die Türken brauchen Solidarität und keine pauschale Anfeindung oder Ablehnung. Und wenn in Deutschland mal eine gewaltsame Machtübernahme durch Menschen auf den Straßen verhindert werden sollte, die sich vor Panzer stellen und ihre gewählte Regierung verteidigen, dann dürfen die anschließend auch Fahnen schwenken. So, das musste jetzt mal raus...

    • @Mustardman:

      Von Anfang an wurde eigentlich von allen Seite, auch der deutschen, der Putsch als unrechtmäßig beurteilt und das auch öffentlich so gesagt.

       

      Dass es dann aber manchen komisch vorkam, wie schnell doch die Ermittler waren, dass am nächsten Tag schon die Verhaftung von tausenden angeleiert wurde, dass kann man ja wohl niemandem vorwerfen. Genauso wenig, dass das nicht als "Verhinderung des Putsches" gewertet wurde. Die Verhinderung des Putsches geschah in dieser einen Nacht, alles danach war zum größten Teil die Benutzung des Putsches als Ausrede, um alle Unliebsamen einzukasteln.

       

      Sie scheinen auf die Erdogan-Propaganda reinzufallen, die die Ablehnung der autoritären Aktionen nach dem Putsch mit einer impliziten Zustimmung zu dem Putsch verwechselt.

       

      Wenn es diese Aktionen nicht gegeben hätte bzw. nicht geben würde, hätte man Erdogan ja auch nicht wochenlang den Kopf dafür getätschelt.

      • @sart:

        Ich falle auf überhaupt keine Propaganda hinein. Ich sage nur, dass das eine nicht das andere ausschießt:

         

        1. Die gewählte türkische Regierung und das türkische Volk haben das erste Mal in der Geschichte der Türkei einen Militärputsch verhindert. Das ist nicht Nichts. Das war großartig und verdient mehr als eine kurze Verurteilung des Putsches.

         

        2. Erdogan nutzt die Gelegenheit, um seine Macht weiter auszubauen, diese Säuberungen waren natürlich lange vorbereitet, da wurde einfach in die Schublade mit den schwarzen Listen gegriffen.

         

        Beides ist wahr. Wer eines davon wegleugnet, weil das andere wahr ist, der ist offensichtlich von der Komplexität von Politik überfordert. Diese Unfähigkeit, Widersprüche auszuhalten und stattdessen zu einfachen und festen Feindbildern zu greifen, ist immer wieder das, woran kluge Politik scheitert.

        • @Mustardman:

          Und was erwarten Sie? Europaweite Volksfeste? Es wären auch deutlich mehr Reaktionen gewesen, die wohl Ihren Erwartungen entsprochen hätten, wenn Erdogan nicht am Morgen darauf bereits seine Säuberungsaktion gestartet hätte.

           

          Zur Komplexität der Politik gehört eben auch, dass Sie Ereignisse nicht getrennt von einander betrachten können. Wenn auf einen Putschversuch mit einer damit nur indirekt zusammenhängenden Säuberungswelle reagiert wird, kann man auf die Vereitelung des Putsches nicht so reagieren wie man es tun würde, hätte es keine Säuebrungswelle gegeben.

    • @Mustardman:

      Die Leipziger haben das gemacht. Nicht ihre gewählte Regierung verteidigt; diese aber wollten mit Panzern und Gewehre auf sie losgehen. Eine "Pekinger Lösung" lag mehr als in der Luft, Militär war einsatzbereit, alle Leipziger wußten das und legten es drauf an. Im Übrigen war die Aktion, die Menschen auf die Straßen zu schicken, zumindest mit heutigem Wissen – s.o. – vollkommen überflüssig. Der "Aufstand" hätte sich im Sande verlaufen. (Was nichts an deren Tapferkeit ändert.)

  • Auf wessen Gehaltsliste dieser Prof. steht scheint festzustehen. Diesem Erdogan, diesem Machtmenschen Verständnis abzugewinnen, ihn zum Opfer zu machen ist wirklichkeitsverzerrend. Kritiklos diesen Saturdaynight-Putsch, der an den Reichstagsbrand erinnert, als ernsthafte Bedrohung für Erdowahn hinzustellen ist starker Tobak. Is a bisserl Sympathy for the Devil.

  • "Gerettet haben ihn nicht seine islamischen Freunde, gerettet haben ihn säkulare, verfassungstreue Generäle, kritische Medien, die er zuvor verfolgt hat, die sich aber dennoch in der Stunde der Not auf die Seite der verfassungsmäßig legitimierten Regierung gestellt haben. Und eine Bevölkerung, die aus leidvoller Erfahrung gegen jeden Putsch eingestellt ist."

     

    Guter Witz, das. Als ob Erdogan nicht schon seit Jahren die Demokratie in der Türkei nachhaltig abbaute, Minderheiten diskriminierte, Oppositionelle verfolgte, Medien einschränkte. Eine rosarote "jetzt halten alle zusammen"-Brille ist hier völlig fehl am Platz, zumal seine Anhänger offensichtlich stark nationalistisch eingestellt sind und größtenteils auch den Völkermord an Armeniern leugnen und die Verfolgung der Kurden gutheißen.

     

    Wenn es sich um wirklich demokratische Kräfte bei den Türken, die sich jetzt bemerkbar machen, handelte, müssten sie jetzt auch Erdogans Rücktritt und Neuwahlen fordern. Aber da schwingt mir zu viel Nationalismus mit, da wird zu viel mit Flaggen gewedelt. Das ist keine im Kern demokratische Bewegung, die sich da zeigt.