Wirtschaft sagt Nein zum Volksentscheid: Kein gutes Klima fürs Plakat

Nach der Industrie- und Handelskammer halten nun auch die Unternehmensverbände Berlin Brandenburg Klimaneutralität bis 2030 nicht für umsetzbar.

Das Foto zeigt ein Werbeplakat für den Klima-Volksentscheid am 26. März in Berlin

Am Sonntag steht in Berlin der Volksentscheid über Klimaneutralität bis 2030 an Foto: dpa

BERLIN taz | Man kann sich nicht aussuchen, wer vor der eigenen Tür plakatiert, sei es bei Wahlen oder nun beim Klima-Volksentscheid. „Früher ist alles besser“ wirbt die Initiative Berlin 2030 klimaneutral vorm „Haus der Wirtschaft“, gleich gegenüber vom Schillertheater. Drinnen sieht man das ganz anders: „Klimaneutralität 2030 ist eine Illusion“, sagt da vor Journalisten der Chef der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), Christian Amsinck, „es wird über ein Gesetz abgestimmt, das nicht umsetzbar ist und Berlin schadet.“

Fünf Tage vor dem Volksentscheid ist die Abstimmung neben Forderungen an den nächsten Senat das zentrale Thema der UVB-Jahrespressekonferenz. Der Dachverband, nach eigener Sicht „die Stimme der Wirtschaft in der Hauptstadtregion“, führt für sein Nein Gründe an, die so ähnlich bis Januar auch von den Grünen zu hören gewesen waren. Die hatten noch im Dezember beim ablehnenden Beschluss des rot-grün-roten Senats wie nun Amsinck damit argumentiert, dass das Ziel zwar wünschenswert, aber von Berlin allein nicht zu erreichen sei.

So positionierte sich vergangene Woche auch die Industrie- und Handelskammer: Man halte ein klimaneutrales Berlin 2030 „zwar für erstrebenswert, aber angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen für nicht realistisch umsetzbar“. Nach Angaben der Volksentscheid-Initiative unterstützen zwar mehr als 100 Berliner Unternehmer ihr Anliegen – der jüngste IHK-Jahresbericht verzeichnet allerdings über 300.000 Mitgliedsunternehmen.

Ende Januar aber haben die Grünen bei einem Parteitag folgende Textpassage in ihr Wahlprogramm aufgenommen: „Wir begrüßen den Volksentscheid ‚Berlin 2030 klimaneutral‘ und wünschen ihm viel Erfolg.“ Fraktionschef Werner Graf sagte dazu damals der taz: „Das heißt nicht, dass wir dazu aufrufen, mit Ja zu stimmen.“

UVB-Chef Amsinck verwies am Dienstag auf Kosten allein für die energetische Sanierung des Wohnungsbestands, die bis 2030 pro Jahr 13 Milliarden Euro erfordern würden. Das wäre mehr als jeder dritte Euro im aktuellen Landeshaushalt – „dann müsste Berlin sich verschulden oder andere Aufgaben fallen lassen“. Und was Verbote für benzinbetriebene Autos anginge: Da müsste sich das Tempo beim Elektroladesäulen-Bau fast verfünffachen.

Vor dem Haus der Wirtschaft hat nicht nur die Klima-Initiative am Laternenpfahl plakatiert. Unter ihrer Forderung hängt auch über fünf Wochen nach der Abgeordnetenhauswahl noch das Bild des damaligen FDP-Spitzenkandidaten Sebastian Czaja, der gerne Senator geworden wäre. Ein gutes Klima für einen Volksentscheid-Erfolg ist diese Nähe nicht: Die FDP schaffte es im Februar nicht über die 5-Prozent-Hürde und damit nicht wieder ins Parlament – und Czaja nicht in die Regierung.

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