„Wir haben es satt!“-Demo: Vor der Demo zur Schnippeldisko
Am Vorabend der „Wir haben es satt!“-Demo wird wieder Gemüse geschnippelt und getanzt. Wie das geht, erklärt eine Mitarbeiterin von Slow Food Youth.
taz: Frau Duhan, am heutigen Freitag findet wieder die Schnippeldisko statt. Was genau hat es damit auf sich?
Louise Duhan: Das ist eine ganz besondere Disko, bei der mit Musik und Tanz ein Zeichen gegen Lebensmittelverschwendung gesetzt wird. Sie wurde 2012 ins Leben gerufen und findet in Berlin alljährlich am Vorabend der großen „Wir haben es satt!“-Demonstration statt.
Wie muss man sich das vorstellen?
Vorher sammeln wir bei Landwirten in Brandenburg Gemüse, das zu krumm ist oder zu klein und es deshalb nicht in die Supermarktregale schafft. Das meiste stammt aus biologischem Anbau oder aus Anbau, wo die Bauern nach Bio-Richtlinien arbeiten, aber noch nicht zertifiziert sind. Diesmal haben wir sehr viele Kürbisse bekommen. Letztes Jahr gab es eine sehr gute Kürbisernte, die Bauern konnten nicht alles loswerden aufgrund der Preiskonkurrenz durch osteuropäische Kürbisse. Die Kürbisse wären sonst auf dem Kompost gelandet oder verfüttert worden.
Bezahlen Sie für das Gemüse?
Die Bauern bekommen als Wertschätzung für ihre Essensspende ein kleines finanzielles Dankeschön. Wir würden ihnen gerne den normalen Preis zahlen, aber das sprengt unsere Möglichkeiten.
Was passiert dann?
Wir bringen das Gemüse in die Cabuwazi-Zelte auf dem Tempelhofer Feld. Dort wird es am Freitagabend bis Mitternacht geputzt, geschnippelt und zu einer Suppe verarbeitet, die nicht nur bei der Schnippeldisko, sondern hauptsächlich bei der Demo am nächsten Tag ausgegeben wird. Für gute Stimmung sorgen verschiedene DJs und es gibt Livemusik von einer Überraschungsband.
Louise Duhan, 29, ist Koordinatorin beim Slow Food Youth Netzwerk Deutschland. Die "Wir haben es satt"-Demo findet am Samstag statt, alle Infos: www.wir-haben-es-satt.de
Inzwischen ist das ein richtiges Event.
Angefangen haben wir damals in der Markthalle neun in Kreuzberg mit 400 Leuten und 700 Kilo Gemüse. Wir mussten dann umziehen, weil die Markthalle zu klein wurde. Inzwischen sind wir bei knapp 1.500 Menschen und knapp 2 Tonnen Gemüse gelandet. Dieses Jahr sind wir erstmals in den Cabuwazi-Zelten auf dem Tempelhofer Feld. Der große Zulauf hat auch damit zu tun, dass wir nicht nur schnippeln, sondern dass es an dem Abend auch Workshops und Podiumsdiskussionen gibt.
Was sind die Inhalte?
Alles dreht sich um das Thema Klima und Umwelt, Landwirtschaft und Ernährung – vom Anbau bis hin zum Endverbraucher. Es gibt drei Zelte plus einen Küchencontainer. Geschnippelt wird in dem großen Zelt, da gibt es auch viel Platz zum Tanzen. Es wäre ratsam, ein eigenes Brettchen und Messer mitzubringen. Wir haben zwar etliche vorrätig, aber das sind sehr begehrte Objekte.
Wer hatte ursprünglich die Idee dazu?
Das war eine Idee von Slow Food Youth Deutschland und anderen Organisationen. Unsere ältesten Partner sind „Meine Landwirtschaft“ und „flaming kitchen“, die sind jedes Jahr dabei. Inzwischen gibt es 100 Schnippeldiskos in 40 Ländern. Der weltweite World Disco Soup Day wird dieses Jahr der 25. April sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Netzgebühren für Unternehmen
Habeck will Stromkosten senken
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg