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Wieder im KinoWie es wirklich war

Das Klick-Kino würdigt Freddy Quinn, bessere Musik gibt´s von den Talking-Heads. Das Open Air Kino Mitte zeigt einen Klassiker von Hayao Miyazaki.

„Freddy und die Melodie der Nacht“ (1960), Regie: Wolfgang Schleif Foto: DIF

G anz ehrlich: Dass ich an dieser Stelle einmal etwas über Freddy Quinn schreiben würde, hätte ich mir auch nie träumen lassen. Denn so ziemlich alles an dem österreichischen Entertainer macht mich schaudern: seine mit rollendem R dröhnend vorgetragenen Schlagerschnulzen ebenso wie das Pseudo-Einsamer-Seemann-Image, das ihn durch seine Glanzzeiten begleitete.

Aber der Mann ist aus der Populärkultur der bundesrepublikanischen 1950er und -60er Jahre nun einmal nicht wegzudenken. Sein Image traf den Nerv der Zeit; Freddy verkaufte Unmengen von Schallplatten, und seine Popularität als Musiker fand ihren Ausdruck auch in knapp einem Dutzend Schlagerfilmen, zu denen sich mir stets nur eine einzige Frage aufdrängte: Wie konnte es „Freddy, die Gitarre und das Meer“ jemals auf die Liste jener Filme schaffen, denen die FSK die Vorführung an Feiertagen untersagte? Welches sittliche Empfinden war da möglicherweise in Gefahr?

Freddy Quinn ist mittlerweile 93 Jahre alt und hat kürzlich gemeinsam mit dem Journalisten Daniel Böcking seine Autobiografie mit dem schönen Titel „Wie es wirklich war“ herausgebracht – was umso lustiger ist, weil er zuvor immer nur massiv die eigene Mythologisierung betrieben hatte.

Böcking wird das Werk nunmehr am BuchMittwoch im Klick-Kino (27. 8., 20 Uhr) vorstellen, und zwar im Gespräch mit Elmar Kraushaar, der selbst vor etwa 15 Jahren eine Freddy-Biografie verfasste.

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Damals drängte sich offenbar vor allem die Frage auf, ob Freddy möglicherweise schwul sei. Im Anschluss läuft der Film „Freddy und die Melodie der Nacht“ (1960), in dem unser Held als Taxifahrer durchs nächtliche Berlin kurvt, zwischendurch zwei Schlager singt und auch noch in die Aufklärung eines Verbrechens verwickelt wird. Und die Liebesszenen mit Heidi Brühl sehen wirklich extrem leidenschaftslos aus…

Ein Vergleich bietet sich zwar nicht unbedingt an, aber bessere Musik bietet zweifellos der Talking-Heads-Konzertfilm „Stop Making Sense“ (1984) von Jonathan Demme. Ein Klassiker seines Genres – insbesondere, weil er sich auf die für den Film entworfene Performance konzentriert und sich der Idee eines Fan-Souvenirs strikt verweigert. 2024 kam der Film in einer 4K-Restaurierung zum 40-jährigen Jubiläum noch einmal in die Kinos und wirkte nicht gealtert. Die große Leinwand lohnt (22. 8., 22.20 Uhr, Zeiss Großplanetarium).

Im selben Jahr entstand mit „Nausicaä aus dem Tal der Winde“ einer der besten Filme des japanischen Animationsmeisters Hayao Miyazaki: Eine junge Prinzessin muss sich in einer postapokalyptischen Welt mit der zerstörten Umwelt, kriegerischen Bedrohungen und riesigen Insekten auseinandersetzen.

Noch Prä-Studio-Ghibli, aber mit dem gleichen Gespür für komplexe Charaktere und den in Miyazaki-Filmen immer präsenten Respekt vor der Natur (24. 8., 20 Uhr, Open Air Kino Mitte; 25. 8., 17.45 Uhr, Babylon Mitte).

In Frankreich war der 2013 entstandene Animationsfilm „Die Winzlinge – Operation Zuckerdose“ über den Kampf zweier Ameisenvölker um eine Zuckerdose ein echter Publikumshit. Die Re­gis­seu­r:in­nen Thomas Szabo und Hélène Giraud hatten das Konzept einer Fernsehserie, reale Naturaufnahmen mit den Abenteuern von animierten Insekten mit vermenschlichtem Verhalten zu kombinieren, zu einem abendfüllenden Spielfilm ausgebaut: Optisch sind die Verfolgungsjagden durch Wiesen, Wälder und Wildwasser absolut spektakulär und attraktiv anzusehen (22. 8., 13.45 Uhr, 27.8., 12.30 Uhr, Zeiss Großplanetarium).

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Lars Penning
Lars Penning, geboren 1962. Studium der Publizistik, Theaterwissenschaft und der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der FU Berlin. Freier Filmjournalist. Buchveröffentlichungen: Cameron Diaz (2001) und Julia Roberts (2003). Zahlreiche filmhistorische und –analytische Beiträge für verschiedene Publikationen. Lebt in Berlin.
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