Wie entstand das Coronavirus?: Einschätzung des BND
Der BND hielt offenbar seit 2020 eine Einschätzung zur Entstehung des Corona-Virus unter Verschluss. Die Erkenntnisse sollen geprüft werden.
Die Diskussion um den Ursprung der Coronapandemie bekommt neuen Zündstoff: Offenbar hält es der Bundesnachrichtendienst (BND) für überwiegend wahrscheinlich, dass ein Laborunfall die Ursache der weltweiten Pandemie gewesen ist. Zu dieser Bewertung kam der deutsche Auslandsgeheimdienst nach Informationen von Süddeutscher Zeitung und Zeit bereits im Jahr 2020. Im taz-Interview hatte Virologe Christian Drosten bereits im Januar betont, dass sich die Datenlage verändert habe und damit auch die Bewertung der Wahrscheinlichkeit eines Laborunfalls.
Der BND habe in seiner nun bekannt gewordenen Einschätzung die Labor-These mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 bis 95 Prozent bewertet. Grundlage seien neben einer Analyse öffentlicher Daten vor allem Material, das im Rahmen einer nachrichtendienstlichen Operation mit dem Codenamen „Saaremaa“ beschafft wurde, wie die beiden Medien am Mittwoch berichteten. Neben Hinweisen auf riskante Experimente im Wuhan-Institut für Virologie soll das Material auch zahlreiche Verstöße gegen Vorschriften für die Laborsicherheit nachweisen.
Den Auftrag, die Herkunft des neuartigen SARS-CoV-2-Virus zu untersuchen, hatte demnach das Kanzleramt erteilt. Sowohl unter Angela Merkel (CDU) als auch unter Olaf Scholz (SPD) habe das Kanzleramt aber offensichtlich entschieden, die Einschätzung unter Verschluss zu halten. Weder das für die Kontrolle der Nachrichtendienste zuständige Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags noch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) seien informiert worden.
Allerdings prüfen laut Medienbericht seit Dezember hochrangige externe Wissenschaftler – darunter der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lars Schade, und Virologe Christian Drosten – im Auftrag des Kanzleramts die Validität der BND-Erkenntnisse. Ein abschließendes Ergebnis liege noch nicht vor, solle aber demnächst veröffentlicht werden.
Über den Ursprung der Coronapandemie wird bereits seit deren Beginn debattiert. Führende Wissenschaftler*innen hielten einen Übergang von Tier auf Mensch für überwiegend wahrscheinlich. Im taz-Interview hatte Christian Drosten sich allerdings zuletzt skeptisch gezeigt, weil die chinesische Regierung trotz aller Möglichkeiten keine Bereitschaft zur Aufklärung zeige.
Die Debatte hat auch eine aktuelle Dimension, da laut Drosten zunehmend Fälle von „gefährlicher Forschung“ in China bekannt würden, die genauen Sicherheitsvorkehrungen aber teils unklar seien. (mit afp)
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