Widerstand in Grünheide: Das Camp geht, der Protest bleibt
Der Widerstand gegen die geplante Erweiterung der Tesla-Fabrik führt zu mehreren Festnahmen. Bald entscheidet die Gemeinde über das strittige Vorhaben.
taz | Es bleibt unruhig in Grünheide – auch wenn die Aktionstage des Bündnisses „Disrupt Tesla“ (zu Deutsch: Tesla stören) am Sonntag zu Ende gingen und auf Grünheides Festwiese Aktivist*innen ihr Protestcamp abbauten. Von hier aus waren am Freitag etwa 800 Aktivist*innen in einem Demozug mit dem Ziel losmarschiert, die angekündigte Route auf Höhe des Bahnhofs Fangschleuse zu verlassen und auf das Werksgelände einzudringen sowie über mehrere Stunden eine wichtige Zufahrtsstraße zu blockieren.
Vom Werksgelände wurden die Aktivist*innen trotz mehrerer Durchbrüche durch die Polizeiketten letztlich von den Einsatzkräften zurückgedrängt. Dabei setzte die Polizei neben Hieben und Tritten auch Schlagstöcke und Pfefferspray sowie Hunde und Pferde ein. Nach der Aktion wurden mehrmals einzelne Aktivist*innen aus der Demonstration herausgezogen und kontrolliert. Es kam am ganzen Tag zu mehreren Festnahmen, so auch bei einer Aktion am Flugplatz Neuhardenberg, den Tesla als Lagerstätte für bisher unverkaufte Autos verwendet. Dort hatten Aktivist*innen Teslas mit roter Farbe besprüht. An beiden Zufahrtswegen des Flugplatzes hatten sich einige Dutzend Aktivist*innen in einer Sitzblockade niedergelassen. „Unser Protest richtet sich nicht nur gegen Tesla, sondern gegen das System Auto“, so Lucia Mende, die Sprecherin von Disrupt Tesla.
Alle Blicke auf Donnerstag
Bereits seit Aufbau des Protestcamps und dem offiziellen Beginn am Donnerstag gab es eine hohe Polizeipräsenz in Grünheide. Sowohl am Bahnhof Erkner als auch am Bahnhof Fangschleuse standen schon Tage vor der Aktion am Freitag Polizeiautos. Auf dem Fußweg vom Bahnhof Fangschleuse zum Camp kam es zu Personenkontrollen.
Die Bündnisse Disrupt Tesla und „Tesla den Hahn abdrehen“ sowie die Bürger*inneninitiative Grünheide, die hier drei Tage lang gemeinsam protestierten, wollen mit ihrem Protest auf die Probleme aufmerksam machen, die Teslas sogenannte Gigafactory verursacht. Sie bewerten das Protestwochenende als Erfolg. „Wir freuen uns, dass so viele junge Menschen hier nach Grünheide gekommen sind und unsere Anliegen unterstützen“, sagt Manuela Hoyer von der Bürger*inneninitiative Grünheide, die sich bereits seit 2019 gegen Tesla engagiert. Ein zentrales Thema des Protests in Grünheide ist dabei das Wasser. Laut dem hiesigen Wasserverband überschritten Teslas Abwässer immer wieder verschiedene Schadstoffgrenzwerte.
Nach dem Wochenende dürften viele dem kommenden Donnerstag entgegenfiebern. Dann wird die Gemeindevertretung Grünheide über die geplante Erweiterung des Teslawerksgeländes abstimmen. Bei einer Bürger*innenbefragung im Februar sprach sich ein Großteil dagegen aus. Der parteilose Bürgermeister der Gemeinde, Arne Christiani, sagte daraufhin, dass der Bebauungsplan in seiner damaligen Form nicht zur Abstimmung gebracht werde.
Im überarbeiteten Bebauungsplan ist nun von einer kleineren Fläche die Rede, die Tesla für eine Erweiterung des Werks zugesprochen werden könnte. Die Errichtung von Lager- und Logistikflächen ist darin weiterhin vorgesehen, ebenso der Bau eines Güterbahnhofs. Auf der Webseite der Gemeindevertretung weist Christiani die Behauptung zurück, die Erweiterung ziele darauf ab, Teslas Produktionskapazitäten anzuheben. Er weist außerdem darauf hin, dass die geplanten Lager- und Logistikkapazitäten nun deutlich kleiner ausfallen als im ursprünglichen Bebauungsplan und das Fabrikgelände lediglich bis zur Landstraße erweitert werden soll.
Was Bürgermeister Christiani allerdings nicht explizit nennt, ist, dass dieses Vorhaben die Inanspruchnahme von immerhin noch 71 Hektar Waldfläche vorsieht. Ob die Reduktion der Fläche, die Tesla durch den überarbeiteten Bebauungsplan zugesprochen wird, die Wogen glätten wird, ist daher zweifelhaft. Disrupt Tesla hat bereits angekündigt, die Grünheider*innen weiter zu unterstützen.
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