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Widerstand gegen Kohle in LützerathLetzter Garzweiler-Bauer gibt auf

Landwirt Heukamp verkauft seinen Hof im vom Kohletagebau Garzweiler bedrohten Dorf Lützerath. Doch er ist nicht der letzte Grundeigentümer.

Bauer Eckhardt Heukamp im Dezember 2021 Foto: Matthias Oesterle/imago

AACHEN taz | Überraschung im rheinischen Lützerath: Lange kämpfte Landwirt Eckardt Heukamp um seinen denkmalgeschützten Hof und gegen die Kohlegrube ­Garzweiler. Am Montagmorgen hat er den Verkauf seiner Gebäude und vieler Hektar Nutzflächen zum September an den Energiekonzern RWE bekanntgegeben.

Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte vergangene Woche Heukamps Widerspruch gegen eine Enteignung abgelehnt. „Mein Zuhause ist kein Spielball für Gerichte und Politik, die sich aus der Verantwortung für Klimaschutz ziehen wollen. Nach zehn Jahren im Konflikt mit den Profitinteressen von RWE brauche ich eine Verschnaufpause“, erklärte er nun.

Die Gerichtsentscheidung war eine Blaupause, wie Klimapolitik hierzulande läuft: Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung hatte die Entscheidung über Lützeraths Zukunft ausdrücklich der Justiz überlassen. Das Gericht verwies in seinem Urteil jetzt auf die fehlende gesetzliche Grundlage für einen Baggerstopp vor Lützerath.

Bis September können die mehr als hundert AktivistInnen in Baumhäusern, Zelten und Nebengebäuden des Hofes bleiben. „Gegen die Klimakrise und dieses System werden wir hier weiter Widerstand leisten“, kündigte Florian Özcan an, Sprecher der Initiative Lützerath Lebt. Für den 24. April ist seit Langem eine Demonstration angekündigt.

Steuerberater Claßen bleibt

„Der psychische Druck, den RWE auf Umsiedler ausübt, ist absolut unmenschlich“, weiß David Dresen aus dem Nachbarort Kuckum. „Wir sind beeindruckt, wie lange und mutig Eckardt Heukamp diesem Druck standgehalten hat.“

Letzter Grundeigentümer jenseits von RWE, wie jetzt überall gemeldet, ist Heukamp aber nicht. Denn vor Jahresfrist hat er ein Stück Wiese an den Kerpener Steuerberater Kurt Claßen verkauft, offensichtlich als Sperrgrundstück gedacht.

Claßen ist einschlägig bekannt. Ihm gehört eine Wiese direkt am Hambacher Wald, wo er seit Jahren ein Widerstandscamp duldet. Claßen hat viele Prozesse um dieses Stück Land erfolgreich überstanden. Jetzt wird sein Lützerather Ackerrandstreifen von der Größe eines halben Fußballplatzes in den Fokus rücken. Ob er auch verkaufen wolle? „Nein!“, so Claßen gestern zur taz.

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4 Kommentare

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  • Schade.

    Die Politik muss endlich gegen die Braunkohlemafia durchgreifen! Privatpersonen schaffen es ja offenbar nicht. Die einen sind bestechlich, die anderen werden fertiggemacht. Das Abbaggern von Dörfern und Landschaften muss endlich kriminalisiert werden!

  • Kevin Kühnert hatte vor Jahren eine Idee, BMW zu enteignen.



    Alle: Kommunist!



    RWE enteignet Höfe, Grundstücke, ganze Dörfer.



    Alle: Na Und?

    • @Troll Eulenspiegel:

      In unserem korrupten System gilt es nichts mehr, wenn unser Grundgesetz vorschreibt, es dürfte nur "zum Wohl der Allgemeinheit" enteignet werden. De facto wird eher zum Wohl von Konzernen enteignet, die Allgemeinheit leidet. Bestes Beispiel ist die Braunkohlemafia, die mit der totalen Vernichtung von Dörfern Unsummen an Geld verdient und dabei unser aller Atemluft mit CO2 und anderen Schadstoffen vollpumpt, die das Klima und die Umwelt allgemein belasten. Und das soll dann zum Wohl der Allgemeinheit sein. Wir brauchen ein Verbot solcher Praktiken!

  • Absolut zu verstehen, dass der Mann eine Pause braucht. Aber jetzt ist die Politik gefragt.



    Die Grünen müssen nun durchsetzen, dass das Grundstück mit Hof erhalten bleibt und als Denkmal für fühere verfehlte Politk erhalten bleibt., Und wenn die Grünen hier nicht durchsetzungssfähig genug sind muss der Hof als Denkmal auf Kosten von RWE Stein für Stein ortsnah umgesetzt werden. Wer Denkmäler kauft, darf nicht billiger wegkommen als jeder andere Bürger.