piwik no script img

Whistleblower auf der FluchtSnowden beantragt Asyl in Ecuador

Die US-Regierung fordert Russland zur Auslieferung von Edward Snowden auf. Der hingegen will von Moskau über Kuba nach Ecuador. Sein Asylantrag wird geprüft.

Snowdens Transportmittel: Aeroflot-Jet auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo. Bild: reuters

MOSKAU/WASHINGTON rtr/ap | Edward Snowden hat in Ecuador Asyl beantragt. Das Land prüft den Antrag des von den USA wegen der Enthüllung von Geheimdienstinformationen gesuchten Whistleblowers. Außenminister Ricardo Patino erklärte am Montag in Hanoi, die Entscheidung habe etwas zu tun mit „Meinungsfreiheit und mit der Sicherheit der Menschen in der ganzen Welt“. Patino gab ein kurzes Statement auf dem Weg zu einem Treffen mit dem Außenminister Vietnams. Wieviel Zeit die Prüfung des Gesuchs Snowdens in Anspruch nehmen wird, sagte er dabei nicht.

Der ehemalige IT-Techniker Snowden hatte am Sonntag Hongkong verlassen und war nach Moskau geflogen. Die USA drängen darauf, dass Russland den Mann doch noch an sie ausliefert. Die Regierung in Moskau solle „alle verfügbaren Optionen“ prüfen, damit Snowden in die USA weiterreise, wo er sich wegen Spionagevorwürfen vor Gericht verantworten müsse, sagte die Sprecherin des Sicherheitsrats der US-Regierung, Caitlin Hayden, am Montag.

Snowden hält sich derzeit vermutlich im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo auf und soll Kreisen zufolge noch am Montag nach Kuba weiterreisen. Der 30-Jährige habe ein Ticket für einen Flug von Moskau nach Havanna gebucht, hieß es aus Kreisen der russischen Fluggesellschaft Aeroflot. Kuba gab an, nichts davon zu wissen. Der ecuadorianische Außenminister Ricardo Patino sagte, Snowden habe Asyl in seinem Land beantragt. Der Antrag werde „mit großer Verantwortung“ geprüft.

Nach Darstellung seines Anwaltes wurde Snowden vor dem Flug nach Russland zur Ausreise aus Hongkong aufgefordert. Ein Mann habe sich bei Snowden gemeldet und angegeben, die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungszone zu vertreten, sagte Albert Ho. Dieser habe gesagt, Snowden könne Hongkong verlassen und sollte dies auch tun. „Das ist ein sehr ungewöhnlicher Vorgang“, sagte Ho, der auch Abgeordneter im Regionalparlament ist. Das US-Justizministerium äußerte sich über die Hongkonger Behörden verärgert, weil sie seine Ausreise erlaubten.

Snowden wird in den USA gesucht, weil er geheime Informationen über Spähaktionen an Medien weitergegeben hat. Die Enthüllungen entpuppen sich zunehmend als Problem für US-Präsident Barack Obama, der sich international für die Geheimdienst-Abhöraktionen rechtfertigen muss.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • P
    PeterWolf

    Was für ein Geheimnis hat er eigentlich verraten?

    Dass die (Auslands-) Geheimdienste alles Abhören und speichern?

    Das weiß doch jeder, der es wissen wollte, seit Jahrzehnten.

    Viele stört es ja nicht mal, dass Hinz und Kunz in Fratzenbuch und Co. alles mögliche über ihn erfahren.

    Wer wirklich sensible Daten unverschlüsselt verschickt, hat es nicht anders verdient.

    Auf der anderen Seite:

    Auch mit noch so ausgefeilten Algorithmen lassen sich nicht präzise brisante von banalen Nachrichten trennen. Das kann nur ein "ausgeschlafener" Mensch, und das auch nur mit geringer Geschwindigkeit.

    Angesichts der unübersehbaren Flut von Mail und Telefonaten wäre das ein Fingern im Dreck nach der relevanten Nachricht.

    Die Überwachung sämtlicher Nachrichten ist ergo völlig ineffizient, wenn nicht nach konkreten Sendern und Empfängern gefiltert wird, reine Zeitverschwendung.

    Und genau das geschieht: Der gesamte Datenverkehr wird gefiltert, aber nur relevante Daten ausgefiltert und ausgewertet.

    Profis wissen das, deshalb werden mit diesen Methoden hauptsächlich terroristische Volltrottel erwischt.

    Theoretisch könnte sich auch jeder "Fremdgänger", der mit seiner neuen Flamme nicht nur direkt turtelt, abgehört und erpressbar fühlen.

    Aber da sollte er sich mehr vor seinem direkten Umfeld fürchten, als vor den Geheimdiensten.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Was für eine bittere Ironie. Die Länder der Oberlehrer in Sachen Demokratie sind für Snowdens Sicherheit und Unversehrtheit zweifelhaft. Beim ersten Lackmustest zu ihrem eigenen Gelaber fallen sie durch. Obwohl Snowden lediglich Aufklärung betrieben hat.

  • D
    D.J.

    Zur Auslieferungsforderung an Russland: Scheint, dass die Amerikaner nunmehr völlig den Bezug zur Realität verloren haben (Syrien lässt grüßen). Eine Tragödie, dass die USA nach dem letzten verantwortungsvollen Präsidenten, Clinton, nur noch einen religiösen Spinner bzw. danach einen von infantilen Zeitgenossen als Messias verehrten Schwätzer hatten.

  • H
    heiligervater

    da erreicht er doch endlich das reich der Freiheit - viel vergnügen

  • D
    Desconocido

    Ich muss sagen, ich hätte Angst wenn ich mit Herrn Snowden zusammen im Flugzeug auf seinem Weg ins politische Exil sitzen würde. Wie egal den USA zivile Kollateralschäden sind, haben sie ja in den letzten Jahren bei ihren Drohneneinsätzen gezeigt. Ich glaube zumindest nicht das Herr Snowden sicher sein kann, dass sein Flugzeug von den USA nicht abgefangen wird.

    Gleichwohl würde ich gerne mein leben riskieren und das menschliche Schutzschild spielen um diesen Helden zu schützen.

  • G
    Gudrun

    Außenminister Ricardo Patino erklärte am Montag in Hanoi, die Entscheidung habe etwas zu tun mit „Meinungsfreiheit und mit der Sicherheit der Menschen in der ganzen Welt“

     

    Hat Patino das Thema auch in Hanoi angesprochen? Dort wurden doch jetzt immer wieder Blogger festgenommen. Im kommunistischen Vietnam herrscht nämlich keine Meinungsfreiheit, in Ecuador übrigens auch nicht. Politisch Andersdenkende werde verfolgt, die Medien sind nicht frei. Ich hoffe das Snowden die ecuadorianischen Verhältnisse veröffentlicht. Oder traut er sich das nicht?