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Wetterdaten früher und heuteHeißer, blauer, grüner

Unser Autor hat vor 45 Jahren eine Wetterstation aufgebaut. Jetzt hat er die Messungen ausgewertet. Deckt sich das Lokale mit dem Globalen?

Schreiber für Temperatur und ­Luftfeuchte an der Messstation Foto: Bernward Janzing

Als Schüler habe ich im Zusammenhang mit einem Jugend-forscht-Projekt in meiner Heimatstadt Furtwangen im Schwarzwald eine professionelle Wetterstation aufgebaut. Dazu gehört in erster Linie die typische weiße Wetterhütte mit Messinstrumenten für Temperatur und Luftfeuchte. Die Niederschläge sammelt ein Regenmesser nach DIN-Norm, oft schlicht nach seinem Erfinder „Hellmann“ benannt.

Auch tägliche Messungen der Schneehöhe liegen von Anfang an lückenlos vor. Etwas später kamen Messungen von Wind und Sonneneinstrahlung hinzu. Mit dem Fortschritt der Messtechnik hielt auch die Elektronik zunehmend Einzug: Ein Regensensor erfasst heute neben der Menge auch die Niederschlagsart, der mechanische Windmesser ist einem Ultraschallsensor gewichen.

Die nunmehr 45 Jahre umfassenden Messreihen geben tiefen Einblick in die Veränderungen des Klimas. Unter dem Titel „Protokoll des Klimawandels“ ist jetzt eine Analyse mit zahlreichen Grafiken und etwas Statistik als Taschenbuch erschienen. Einige Trends erweisen sich als statistisch hochsignifikant – und doch lässt sich bisher nicht alles, was man an Klimaänderungen vermuten könnte, anhand der Daten zweifelsfrei belegen.

Unverkennbar ist der Anstieg der Temperatur. Damit zeigt die Schwarzwälder Wetterstation exemplarisch, was Klimaforscher weltweit in ähnlicher Weise beobachten. Im Messzeitraum wurde es pro Jahrzehnt um etwa 0,5 Grad wärmer. Dieser Wert ergibt sich, wenn man über die Jahresmitteltemperaturen der vorliegenden Zeitspanne eine Trendlinie legt – in der Statistik „lineare Regression“ genannt.

Die Nächte sind wärmer

Der Temperaturtrend ist unabhängig von der Jahreszeit. An anderer Stelle jedoch zeigt der Anstieg der Temperatur eine bemerkenswerte Schlagseite: Die Nächte haben sich stärker erwärmt als die Tage. Zwar haben auch die warmen und heißen Tage über die Jahrzehnte zugenommen, doch viel drastischer haben die kalten Nächte abgenommen; Tage mit Frost sind deutlich seltener geworden, ebenso Tage mit strengem Frost unter minus 10 Grad Celsius. Auch in Sommernächten kühlt es nicht mehr so stark ab wie in früheren Jahrzehnten.

Entsprechend ist auch die Temperaturschwankung im Verlauf des Tages heute im Durchschnitt geringer als früher. Während die Tageshöchsttemperatur im Mittel um 0,2 Grad pro Jahrzehnt zunahm, erhöhte sich die nächtliche Tiefsttemperatur pro Dekade um durchschnittlich 0,6 Grad. Die Höchst- und Tiefsttemperatur haben sich im Schwarzwald also um fast ein halbes Grad angenähert.

Alle Datenreihen, die mit der Temperatur zusammenhängen, spiegeln die globale Erwärmung wider: Der erste Frost trat im Mittel jede Dekade um 4,6 Tage später auf, die Frostperiode endete parallel dazu 3,1 Tage früher. Entsprechend begann die Vegetationsperiode im Mittel jedes Jahrzehnt 5,5 Tage früher und die Zahl der Vegetationstage stieg um 8,6 je Dekade. Heute werden damit in den Höhenlagen des Schwarzwaldes Früchte reif, an die vor Jahrzehnten nicht zu denken war.

Zugleich nahmen die Schneemengen ab. Die Zahl der Wintersporttage – solche mit mehr als 30 Zentimeter Schneedecke – sank jedes Jahrzehnt um rund fünf. Die mittlere Schneehöhe an dem gut 950 Meter hoch gelegenen Standort ging pro Dekade im Durchschnitt um 17 Prozent zurück; der Tag, an dem die letzten Schneereste registriert wurden, ereignete sich jedes Jahrzehnt rund eine Woche früher.

Schwieriger sind hingegen Veränderungen bei den Niederschlagsmustern auszumachen. Die Regenmengen im Frühjahr, Sommer und Herbst zeigen zwar einen leicht abnehmenden Trend, der aber ist zu diffus, um als statisch signifikant gewertet zu werden. Im Winter blieben die Niederschlagsmengen im Beobachtungszeitraum konstant.

Die Regensummen sind nur eine Art der Betrachtung. Ein anderer Aspekt ist die Frage, ob die Extreme zugenommen haben – ob es also mehr Trockenphasen und zugleich mehr Starkregen gab. Global gilt das als gesichert, doch bei diesem Nachweis kommt die Statistik einer einzelnen Station an ihre Grenzen.

Eine relevante Messgröße in diesem Kontext könnte die höchste Tagesmenge an Regen sein, die pro Jahr ermittelt wurde. Dieser Parameter aber liegt – bei erheblichen Schwankungen der Einzelwerte – ohne erkennbaren Trend im Mittel bei etwa 70 Litern pro Quadratmeter. Auch die Anzahl der Starkregentage, die mit mindestens 30 Litern pro Quadratmeter definiert sei, hat sich über die Jahrzehnte nicht signifikant verändert.

Nun ist das alles natürlich noch kein Beleg dafür, dass Starkregenereignisse nicht doch zugenommen haben könnten. Denn die Regenmengen der Wetterstation liegen nur als Tageswerte lückenlos vor. Überflutungen aber hängen naturgemäß auch stark davon ab, in welchem Zeitraum die Regenmengen niedergehen – ob in einer Stunde oder über den Tag verteilt, macht einen erheblichen Unterschied. Von daher muss man hier feststellen, dass die Auflösung der Daten für weitergehende Aussagen schlicht nicht ausreicht.

Zugleich sind auch sommerliche Dürren mit den verfügbaren Daten schwer zu greifen. Analysiert man die Trockenphasen im Verlauf der Jahrzehnte, so ist bei alleiniger Betrachtung der Niederschlagsdaten keine relevante Veränderung erkennbar. Die längste Phase im Jahr ohne messbaren Regen liegt im Mittel bei rund 15 Tagen – praktisch unverändert.

Statistische Analysen ergaben, dass nur 10 der 44 analysierten Messgrößen einen signifikanten Trend zeigen.

Allerdings kann Dürre in der Natur auch dann zunehmen, wenn die Regenmengen konstant bleiben. Denn Dürre resultiert nicht allein aus geringen Regenmengen, sondern erheblich auch aus der Höhe der Verdunstung. Bei steigenden Temperaturen können daher selbst bei unveränderten Regenmengen Dürren häufiger werden. Die vorliegenden Messungen könnten ein Indiz dafür sein, dass der Effekt der zunehmenden Verdunstung im Schwarzwald als Ursache von Trockenheit überwiegt.

Leichte Trends zeigen sich auch bei der Sonneneinstrahlung, die im Fachjargon Globalstrahlung genannt wird. Die Einstrahlung ist – mit umgekehrtem Vorzeichen – auch ein Maß für die Bewölkung. Im Frühjahr, Sommer und Herbst belegen die Messreihen im Beobachtungszeitraum eine leichte Zunahme der Solareinstrahlung, doch dieser Trend ist noch zu diffus, um als statistisch signifikant zu gelten. Im Winter blieb die Einstrahlung, und damit das Maß der Bewölkung, über die Jahrzehnte unverändert. So gibt es manche Trends, die auf Basis der Messdaten augenscheinlich gegeben sind. Doch die entscheidende Frage ist immer, ob die Entwicklung dermaßen deutlich ist, dass sie kaum zufällig aufgetreten sein kann.

Statistische Analysen, die sehr strenge Signifikanzkriterien ansetzten, ergaben, dass nur 10 der 44 analysierten Messgrößen einen signifikanten Trend zeigen. Sie haben ausnahmslos mit der Temperatur zu tun. Ob sich die Trends bei den Niederschlägen so weit festigen werden, dass sie irgendwann statistisch als gesichert gelten können, wird die Frage der kommenden Jahre sein.

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2 Kommentare

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  • Ein paar Grafiken über die Jahre wären schön gewesen.

  • Die Aussage bzw. das Ergebnis, dass sich bisher nur die Temperaturen signifikant geändert haben, die weiteren Wetterparameter dagegen noch keinen erkennbaren Trend zeigen, deckt sich mit dem, was ich in verschiedenen neuen Studien gelesen habe.



    Allerdings gibt es Regionen wo es deutlich mehr geregnet hat und Regionen wo es deutlich weniger geregnet hat.



    Die Satellitenbeobachtung bzw. -messung, dass die Wolkenbedeckung der Erde in den letzten Jahrzehnten geringer geworden ist, konnte der Autor an seiner Wetterstation nicht feststellen. Daran sieht man, das lokale und globale Verhältnisse durchaus mal zusammenpassen können und mal nicht.