Weniger Emissionen in Europa und USA: Auch weniger ist mehr

Die CO2-Emissionen waren noch nie höher, wachsen aber nur noch leicht. Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Und das letzte Jahrzehnt war so heiß wie nie.

Eisberg und kleines Boot

Die Eisberge in Grönland werden immer kleiner Foto: Felipe Dana/ap

Der weltweite Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid hat 2019 deutlich langsamer zugelegt als in den Vorjahren. Er gefährdet aber nach einem neuen Bericht immer noch „das Pariser Abkommen und die Gesundheit des Planeten.“ So warnt ein Team von WissenschaftlerInnen aus Universitäten und Forschungsinstituten, die jährlich das „Globale Kohlenstoffbudget“ der Erde berechnen.

Insgesamt steigerten sich nach den neuesten und noch vorläufigen Zahlen die CO2-Emissionen aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas um etwa 0,6 Prozent. Der Bericht des „Global Carbon Project“ wird am Mittwoch anlässlich der 25. UN-Klimakonferenz in Madrid veröffentlicht.

Demnach sind die Emissionen in Europa und den USA in diesem Jahr um jeweils 1,7 Prozent gesunken. Die Zuwächse in Indien (1,8 Prozent), China (2,6 Prozent) und dem Rest der Welt (0,5 Prozent) treiben den CO2-Ausstoß aber in immer neue Höhen. Vor allem mehr Autos und Flugreisen in Asien und immer billigeres Gas auf den Weltmärkten sorgen dafür, dass „ein weiterer Anstieg auch 2020 wahrscheinlich ist“, heißt es.

Weniger Emissionen in Europa und USA – überall sonst mehr

Dennoch flacht die Emissionskurve der Klimakiller 2019 ein bisschen ab: 2018 waren die Emissionen noch um 2,1 Prozent und 2017 um 1,5 Prozent gewachsen. Dieses Wachstum hatte Hoffnungen enttäuscht, dass nach dem Pariser Klimaabkommen 2015 der Trend nach unten zeigen könnte. Denn von 2014 bis 2016 war der Ausstoß praktisch gleich geblieben.

Für die Klimaziele des Pariser Abkommens wäre eine Trendwende dringend nötig: Um die Erderwärmung auf 1,5 Grad bis 2100 zu begrenzen, müssten die Emissionen im nächsten Jahrzehnt insgesamt etwa um 50 Prozent fallen, hat der Weltklimarat IPCC berechnet.

Die Autoren des aktuellen „Kohlenstoffbudgets“ warnen nun ebenfalls: Um den steigenden Emissionen entgegenzuwirken, brauche es mehr Effizienz, weniger Energieverbrauch, die schnelle Einführung von E-Autos, CO2-Speicherung (CCS) und ein grünes Stromsystem, in dem „Erneuerbare die Fossilen ersetzen, nicht ergänzen“, heißt es. Schärfere Ziele und ein CO2-Preis „würden dabei helfen“, schreiben die Autoren.

Entscheidend für die Emissionen ist der Verbrauch von Kohle: Weil der 2019 weltweit zurückging, stieg der CO2-Ausstoß auch nicht so stark. Allerdings wurden weiterhin mehr Öl und Gas verbrannt. „Die CO2-Emissionen schwanken von Jahr zu Jahr, wichtig ist der langfristige Trend“, sagte Joeri Rogelj vom IIASA-Institut in Österreich. „Die geringe Verlangsamung in diesem Jahr ist wirklich kein Grund, übertrieben begeistert zu sein.“ Ohne einen grundlegenden Strukturwandel „werden die Emissionen im Durchschnitt und auch die Geschwindigkeit des Klimawandels einfach weiter allmählich zunehmen.“

Für Hans Schipper vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) zeigen „leider die Auswertungen, dass der Höhepunkt der Emissionen auch in den nächsten Jahren nicht unmittelbar bevorsteht“.

1,1 Grad über den Werten von 1850

Die Klimakonferenz am Ende des Jahres ist traditionell der Anlass, Daten rund ums Klima zu veröffentlichen. So verkündete dann auch die Weltorganisation für Meteorologie WMO, die Jahre von 2010 bis 2019 seien wahrscheinlich die heißeste jemals gemessene Dekade gewesen – die globale Temperatur liegt inzwischen um 1,1 Grad Celsius über den Werten von 1850.

Seit 1980, erklärte die WMO, sei jedes Jahrzehnt wärmer gewesen als das vorherige. Bereits letzte Woche hatte die Behörde auf einen neuen Höchststand der Konzentration von CO2-Molekülen in der Atmosphäre verwiesen: 2018 ist der Anteil von Kohlendioxid in der Luft auf 407,8 ppm (Teile pro Million) geklettert, auch der Anteil der Treib­hausgase Methan und Stickoxid stieg, sagte WMO-Chef Petteri Taalas. Ähnliche CO2-Konzentrationen habe es zuletzt vor 3 bis 5 Millionen Jahren auf der Erde gegeben. „Damals war es 2 bis 3 Grad wärmer, und der Meeresspiegel lag um 10 bis 20 Meter höher“, so Taalas.

Ebenfalls letzte Woche hatte das UN-Umweltprogramm mit ihrem „Emissionslücken-Report“ auf die riesige Kluft zwischen Emissionen und Klimazielen hingewiesen: Statt auf 2 Grad steuere die Welt derzeit auf 3,2 Grad zu.

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