Wenig Zukunft für Lukaschenko: Angezählt

Der ewige Autokrat in Minsk sollte sich mit dem Gedanken anfreunden, dass es in Belarus eine Zukunft ohne ihn gibt.

Plakat mit der Aufschrift "not my President"

Ziemlich deutliche Ansage einer Demonstarantin in Minsk Foto: reuters

Auch wenn der letzte Diktator Europas seit seinem Machtantritt zahlreiche Todesurteile hat vollstrecken und alle Wahlen unter seiner Ägide hat fälschen lassen, hat es Alexander Lukaschenko doch immer wieder geschafft, sich mit dem Westen gut zu stellen und gleichzeitig mit Wladimir Putin gut Freund zu sein.

2016 hat die EU ihre Sanktionen gegen Lukaschenko und Vertreter seiner Regierung aufgehoben. Offensichtlich hatte man ihm das harte Vorgehen von 2010 gegen Demonstranten, die gegen Wahlfälschungen protestiert hatten, verziehen. Noch im Februar war der US-Außenminister Pompeo in Minsk zu Gast, wenige Monate später besuchte Lukaschenko Moskau, auf Einladung von Wladimir Putin. Und dass die Gespräche zum Ukraine-Konflikt in Minsk geführt werden, hat auch Lukaschenkos internationales Ansehen gestärkt.

Doch das Game, Putin gegen den Westen auszuspielen, ist over. Die Ukraine will die Gespräche über eine Regelung des Krieges im Donbass nicht mehr in Minsk führen, solange dort Lukaschenko Herr im Hause ist, und der Westen zeigt dem Diktator mit einer Neuauflage der Sanktionen die rote Karte.

Der Kreml hat Lukaschenkos Erklärung, Russland würde ihn notfalls auch militärisch unterstützen, mit einer etwas vorsichtiger formulierten Erklärung über Bündnisverpflichtungen zugestimmt. Trotzdem stellt sich die Frage, ob Moskau wirklich seine Streitkräfte in Belarus einsetzen würde – ähnlich wie in Syrien, wo es vor allem aus der Luft in den Krieg eingreift. Und wie soll so ein Einsatz aussehen?

Es können ja wohl nicht Luftangriffe auf streikende Fabriken gemeint sein? Ein Einsatz von russischen Bodentruppen wiederum würde jahrelange Kämpfe mit Partisanen und Tausende von Toten bedeuten. Vor allem aber hat Lukaschenko bei sich zu Hause jeglichen Rückhalt verloren. Sogar die orthodoxe Kirche hat ihn scharf angegriffen. Wer nur noch auf die schlagkräftigen Polizisten der verhassten Omon-Einheiten zählen kann, der ist angezählt.

Wenige Tage vor der Wahl noch hatte Lukaschenko dem ukrainischen Journalisten Dmitri Gordon anvertraut, er könne sich ein Leben, in dem er nicht Präsident sei, gar nicht vorstellen. Vielleicht sollte sich Alexander Grigorjewitsch Lukaschenko doch so langsam mit diesem Gedanken vertraut machen. Der Einzige, der ihn jetzt noch an der Macht halten könnte, wäre Putin. Doch es gibt keinen einzigen logischen Grund, warum dieser dem weißrussischen Diktator noch einmal helfen sollte.

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Jahrgang 1957 Ukraine-Korrespondent von taz und nd. 1980-1986 Russisch-Studium an der Universität Heidelberg. Gute Ukrainisch-Kenntnisse. Schreibt seit 1993 für die taz.

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