Weltweite Klimaklagen: Zweischneidiges Schwert
226 neue Klimaklagen wurden 2024 eingereicht. Mit einem relevanten Anteil davon soll Klimaschutz allerdings ausgebremst werden.
Demnach wurden 2024 226 Klimaklagen eingereicht, während es 2021 noch über 300 waren. Fast drei Viertel dieser Klagen landeten bei US-Gerichten, der Rest verteilt sich vor allem auf Australien, das Vereinigte Königreich, Brasilien und Deutschland.
Von den 226 Klimaklagen richten sich den Berichtsautor*innen zufolge 60 gegen stärkeren Klimaschutz, statt auf konsequentere Maßnahmen im Kampf gegen die Erderhitzung zu drängen. Auch diese Klagen häufen sich in den USA, wo zum Beispiel die Regierungen von Tennessee und Texas den Vermögensverwalter Blackrock verklagten, weil er durch umweltfreundlichere Investments die Rendite für seine Kund*innen verringerte.
„Die Entwicklung in den USA zeigt deutlich: Klimaklagen sind keine Einbahnstraße“, sagt Joana Setzer vom Grantham Research Institute. „Sie können den Klimaschutz voranbringen, aber auch ausbremsen.“
Erfolg in Korea und Brasilien
Dem Bericht zufolge landen weiterhin Klagen vor hohen Gerichten. In Südkorea entschied das Verfassungsgericht zum Beispiel, dass die Ziele im nationalen Klimagesetz nicht ausreichend konkret sind. Es begründete diese Entscheidung wie das deutsche Verfassungsgericht 2021 unter anderem damit, dass zukünftige Generationen einer zu großen Last ausgesetzt sind, wenn die heutige Regierung unzureichenden Klimaschutz betreibt.
Im vergangenen Jahr wurden dem Bericht zufolge 80 Klagen nach dem Verursacherprinzip eingereicht. Dadurch sollen Unternehmen, die die Erderhitzung durch ihre CO2-Emissionen vorantreiben, an den Kosten von Klimafolgen beteiligt werden. In Brasilien musste ein Unternehmen zum Beispiel 10 Millionen Real (etwa 1,5 Millionen Euro) Entschädigung zahlen, weil es durch die Rodung von Bäumen CO2-Emissionen verursachte.
Zu diesen Prozessen gehört auch der Fall des peruanischen Bergbauern Saúl Luciano Lliuya, der den deutschen Energiekonzern RWE verklagt hatte. Er wollte, dass RWE Schutzmaßnahmen bezahlt, weil die Erderhitzung eine Flutwelle aus einem Gletscherseen in der Nähe seiner Heimatstadt wahrscheinlicher mache.
Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte zwar, dass RWE grundsätzlich für die Folgen ihrer CO2-Emissionen zur Verantwortung gezogen werden kann, und schuf so einen Präzedenzfall, den Lliuyas Anwält*innen als großen Erfolg sehen. Das Gericht sah jedoch nicht als nachgewiesen an, dass Lliuyas Haus ausreichend gefährdet ist.
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