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Der Begriff der Impf-Apartheid wird hier noch sehr eng gefasst. Sind wir nicht gerade dabei, eine Impf-Apartheid im eigenen Lande zu etablieren, indem wir 2G Regeln einführen und alle Ungeimpften vom sozialen Leben aussperren? Wen wollen wir damit denn schützen? Die Geimpften vor den Ungeimpften? Oder die Ungeimpften untereinander, indem wir sie in unkontrollierte Milieus abdrängen, um sich dort zu treffen? Unter epidemiologischen Aspekten ist diese Maßnahme daher völlig sinnfrei, ja sogar extrem kontraproduktiv. Sie lässt sich nur erklären, wenn man davon ausgeht, dass damit auf Ungeimpfte massiver Druck aufgebaut und ein Impfzwang durch die Hintertür etabliert werden soll.
Impf-Apartheid?
Tatsächlich sollten die Impfstoffe auch in den armen Ländern möglichst bald erhältlich sein.
Bis Jahresende sollen über COVAX (WHO) zwei Milliarden Impfdosen für die 92 ärmsten der 190 Teilnehmerstaaten bereitgehalten werden.
Deutschland hat 2,2 Milliarden Euro Hilfe zugesagt. Was mindestens für 200 Millionen Dosen BionTech oder eine Milliarde AstraZeneka reichen sollte, womit 80 Prozent der Afrikaner geimpft wären.
Der Produktionsprozess dauert allerdings.
Der komplexe Produktionsprozess von RNA-Impfstoffen erfordert nicht nur Zugriff auf ein Netzwerk aus hunderten Lieferanten (um deren knappe Ressourcen sowieso schon hart konkurriert wird), sondern auch hoch spezialisierte Geräte und ausgebildete Fachkräfte. Der Technologietransfer ist vor allem zeitintensiv.
Biontech und sein Partner Pfizer wollen in diesem Jahr eine Milliarde Dosen ihres Corona-Impfstoffs in ärmere Länder liefern. Eine weitere Milliarde Dosen solle im nächsten Jahr folgen. Pfizer und Biontech haben sich verpflichtet, in den nächsten 18 Monaten zwei Milliarden Dosen des Covid-19-Impfstoffs für Länder mit mittlerem und niedrigem Einkommen bereitzustellen.
Arme Länder sollen das Mittel zum Selbstkostenpreis erhalten, Länder mit mittleren Einkommen zur Hälfte des bisher in reichen Ländern gezahlten Preises von rund 20 Dollar je Dosis.
AstraZeneka hat seine Patente von Anfang an freigegeben. Jeder konnte sofort loslegen.
Z. B. das Serum Institute of India, der größte Produzent von Impfstoffen weltweit, darf den von der Universität Oxford entwickelten Impfstoff milliardenfach produzieren, ohne Lizenzgebühr zu bezahlen. Bis zur neuen indischen Corona-Welle wurden von dort aus die meisten Länder der Welt beliefert, auch Bangladesh.
Jedem ist klar, dass die ganze Welt rasch Impfstoffe braucht. Schon aus eigenem Interesse, denn neue Mutanten werden immer gefährlicher.
Hat sich China eigentlich schon gemeldet?
Impf-Apartheid? "das Ende sämtlicher Fortschritte der Menschheit seit der Aufklärung"?
Ging es nicht wenigstens etwas kleiner?
Ja, die Ungleichgewichtung bei er Impfung kann man zum Thema machen. Allerdings hat Afrika auch kaum Infekte zu vermelden, weil das Virus offenbar doch ziemlich wetterfühlig ist, wir wir hier ja auch gerade merken.
@Samvim Also quasi frei nach Trump, wo keine Tests gemacht werden, kann man sich erfreuen darüber das es keine Infektionen gibt.
*facepalm*
Solange selbst Testkapazitäten für afrik. Staaten zu teuer sind. So lange ist die Realität in den afrik. Staaten etwas anderes als "Meldungen der Gesundheitsbehörden" suggerieren.
Selbst bei Staaten wie Südafrika wo etwas mehr Geld da ist. Haben wir eine wöchentliche Änderungen von +23% (quelle .worldometer), oder Tunesien + 18%, Oman +34% klar da kann man davon reden das in Afrika das Virus ja gar nichts macht...
Paar weitere Beispiele: Uganda +87%, Zambia +158%, Namibia +68%, Botswana + 58%, ...aber klar für manche ist es erst relevant wenn afrik. Staaten vielleicht mal die Top10 erreichen...dann können wir vielleicht mal drüber reden ob die auch von und Impfdosen erhalten können sollten. (Natürlich erst wenn wir durchgeimpft sind, und schon lange wieder reisen und Co. können)
#unmenschlich & #menschenverachtend so ein Kommentar!
@Samvim Mit den Außentemperaturen hat das nichts zu tun. Schließlich sind Brasilien und Indien nicht gerade als besonders kühle Gegenden bekannt.
Viel schwerer wiegt der demographische Faktor. Ausgerechnet die reichsten Länder, allen voran Japan und Deutschland, haben die ältesten und damit anfälligsten Bevölkerungen der Welt. In Ländern mit einem Altersdurchschnitt von 23 Jahren können einfach nicht besonders viele Leute zu Risikogruppen gehöre. ABER: je mehr Infizierte, und seien sie symptomlos, umso mehr Chancen auf Mutationen - siehe die brasilianische und die indische Variante. Letztere hat gerade in Großbritannien zu einem sprunghaften Anstieg der Neuinfektionen von 90 Prozent geführt. Es liegt also im ureigensten Interesse der Industrieländer, ärmeren Staaten zu helfen.
Dennoch muss ich zugeben, dass auch ich die Beschwörung des Endes sämtlicher Fortschritte der Menschheit seit der Aufklärung für völlig übertrieben halte. Noch ist Covid-19 nicht mit dem Schwarzen Tod zu vergleichen.
Mit der drohenden Preiserhöhung auf 64 Euro würde das Deutschlandticket die meisten Vorteile verlieren. Der Staat sollte die Finanzierung übernehmen.
Weltweite Coronabekämpfung: Impf-Apartheid verhindern
Der unterschiedliche Schutz vor Covid-19 darf nicht zu einer globalen Spaltung führen. Ausgerechnet die G7-Staaten könnten nun genau das verhindern.
Mehr davon: Impfstoff von AstraZeneca aus der COVAX-Initiative in einem Krankenhaus in Kenia Foto: Ben Curtis/ap
So geht es nicht weiter. Die reichen Länder impfen ihre Bevölkerungen immer schneller durch. In den armen Ländern ist der Zustrom von Impfstoffen zum Versiegen gekommen. Während sich unter den ärmeren zwei Dritteln der Welt neue Virusvarianten ausbreiten und für die meisten Menschen weder soziale Sicherung noch medizinische Hilfe zur Verfügung steht, träumen die oberen zehn Prozent – vor allem in Europa und Nordamerika – von der Rückkehr zur Normalität.
Realität kann dieser Traum jedoch nur in Form einer globalen Impf-Apartheid werden, in der die Reichen und Geimpften die Armen und Kranken systematisch auf Abstand halten und in der Bewegungsfreiheit und volle Bürgerrechte nur noch für eine Minderheit gelten.
Diese globale Apartheid darf nicht eintreten. Sie wäre das Ende sämtlicher Fortschritte der Menschheit seit der Aufklärung, ein Rückfall in finsterste Zeiten, als das Konzept einer gemeinsamen Menschheit und Menschlichkeit nicht existierte.
Was stattdessen zu tun ist, ist klar. Impfstoffe gegen Covid-19 müssen allen Ländern zur Verfügung gestellt werden und alle Menschen erreichen. Und es muss überall auf der Welt funktionierende Testkapazitäten geben, Betten für die Kranken, Sauerstoff für die Intensivpatienten, im Rahmen eines leistungsfähigen globalen Gesundheitswesens.
Die Summen, die dafür nötig wären, sind ein Klacks im Vergleich zu den üppigen Rettungsschirmen, die die reichen Industrienationen zur Unterstützung ihrer Wirtschaft in Coronazeiten aus dem Hut gezaubert haben.
Das können die reichen Länder nur gemeinsam beschließen. Der G7-Gipfel der wichtigsten westlichen Industrienationen am kommenden Wochenende wäre die seltene Gelegenheit dafür. Die G7-Runde wird seit Jahren eher belächelt, als Runde der Mächtigen von gestern. Aber diesmal wäre sie genau der richtige Ort, um mit mutigen gemeinsamen Beschlüssen die Idee der Weltgemeinschaft wieder zu stärken. Dass Corona das globale Thema Nummer eins ist, darüber sind sich ja alle einig.
Ungewöhnliche Konstellation beim Gipfel
Leider ist zu befürchten, dass alle Teilnehmer eher an sich selbst denken. Für Angela Merkel ist es der Abschiedsgipfel; für Emmanuel Macron auch, wenn er Pech hat bei den nächsten Wahlen. Gastgeber Boris Johnson, Joe Biden, Mario Draghi und der Japaner Yoshihide Suga wiederum sind Neulinge, Justin Trudeaus Nimbus ist verbraucht. Eine eingespielte Truppe sieht anders aus.
Aber vielleicht fördert ja gerade diese ungewöhnliche Konstellation ungewöhnlichen Mut. Und sei es nur aus dem Grund, dass jeder auf Kosten der anderen glänzen möchte.
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Schwerpunkt Coronavirus
Kommentar von
Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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