Weltkriegsgedenken in Russland: Parade der Superlative
14.000 Soldaten marschieren im Gedenken an den Sieg über Nazideutschland in Moskau auf. Kremlchef Wladimir Putin scheint das zu genießen.
Oberbefehlshaber Putin legte großen Wert darauf, dass die vom 9. Mai auf den 24. Juni wegen der Pandemie verlegte Militärschau noch stattfinden konnte. Unter seiner Herrschaft hat die Rolle des Militärischen pompöse Dimensionen angenommen.
Wladimir Putin ist mit seiner Begeisterung fürs Militärische jedoch nicht allein. Viele Menschen genießen die Paraden von Kindesbeinen an. Anscheinend kann man sich in Auspuffschwaden schwerer Technik besonders gut entspannen.
Deutlich wird allerdings auch, dass die Bürger den Kult um Armee und Militär heute nicht mehr so vorbehaltlos schätzen wie noch zum Zeitpunkt des Überfalls auf die Ukraine 2014.
Verfeindete Staaten
Fast 14.000 Soldaten aller Waffengattungen nahmen an der Parade teil, darunter auch Militärs aus den ehemaligen Sowjetrepubliken. So defilierten die Einheiten der verfeindeten Staaten Armenien und Aserbaidschan direkt hintereinander an den Gästen vorbei.
Auf der Ehrentribüne hatten sich geladene Staatsgäste aus dem ehemaligen sowjetischen Imperium eingefunden. Darunter die Chefs von Süd-Ossetien und Abchasien, die Moskau als selbständige Staaten aus dem georgischen Staatsverband herauslöste.
Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko, der die Parade trotz Corona am 9. Mai durchgezogen hatte, war auch unter den Gratulanten. Er war einer von den sechs vertretenen GUS-Staatschefs. Kirgistans Präsident musste unverrichteter Dinge abziehen, nachdem in der Delegation des Zentralasiaten Corona entdeckt worden war.
Wladimir Putin hatte sich gegen die Bedenken von Corona-Infektionen vieler Experten vorher immun gezeigt und schien die Veranstaltung auch zu genießen. Sekundenbruchteile zuckten Regungen über sein Gesicht.
Die Parade war in mehrfacher Hinsicht ein Erfolg. Zunächst war es ein Sieg über das Virus. Nebenher gelingt es Moskau nun auch, den Fahrplan für die Verfassungsabstimmung einzuhalten. Wichtigstes Ereignis für den Präsidenten wird die Erlaubnis sein, mindestens bis 2036, wenn nicht sogar bis zu seinem Ableben im Amt bleiben zu können. Vom 25. Juni bis zum 1. Juli werden die Bürger darüber entscheiden. Das Ergebnis steht wohl schon vor dem Urnengang fest.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour