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Welthungerindex vorgestelltJeder achte Mensch hungert

Weltweit leiden 842 Millionen Menschen unter chronischer Unterernährung. Notwendig ist ein stärkerer Kampf gegen Krisen infolge des Klimawandels.

Aufgebrochene Erde im Dürregebiet im Norden von Kenia Bild: dpa

BERLIN taz | Rund 842 Millionen Menschen weltweit sind chronisch unterernährt, besonders viele davon in Südasien und Afrika südlich der Sahara. Das zeigt der jüngste Welthungerindex, der am Montag in Berlin vorgestellt wurde. „Das ist jeder achte Mensch“, sagte Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Welthungerhilfe, bei der Vorstellung des Berichts.

Dass Millionen Menschen hungern, liege zunehmend an bewaffneten Konflikten, Naturkatastrophen und hohen Nahrungsmittelpreisen. Und Krisen, wie Dürren, würden zunehmen. Dabei schlüge eine Dürre umso verheerender zu, je weniger widerstandsfähig die Menschen seien.

Deshalb richtet die Welthungerhilfe ihren Blick stärker als bisher auf Krisen und fordert, die Widerstandsfähigkeit langfristig zu stärken. „Jeder US-Dollar, der in Resilienz gesteckt wird, spart 3 US-Dollar, um die Katastrophe zu behindern“, erklärte Dieckmann. Dafür müssten etwa Bewässerungssysteme, Dämme oder stabile Gebäude gebaut und in bessere Anbaumethoden investiert werden. Die medizinische Versorgung und die Ernährung gerade von Kindern müsse gesichert werden.

Eine gentechnische Weiterentwicklung von Pflanzen sowie Nahrungsmittel-Exporte in Hungerregionen hält die Organisation dagegen für ungeeignet, Hunger zu bekämpfen. Exporte würden sogar die Abhängigkeit der Kleinbauern von großen Konzernen stärken.

Bessere Zusammenarbeit gefordert

Von den Geberländern und UN-Organisationen fordert die Welthungerhilfe eine stärkere Verzahnung von Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe. „Wir müssen in den Einzelfragen globaler Nachhaltigkeit besser zusammenarbeiten“, sagte Dieckmann. Auf Bundes-, EU und UN-Ebene müssten beteiligte Politikfelder koordiniert werden. Dieckmann forderte zudem von den Industriestaaten, den Klimawandel zu bremsen. Dieser könne zur „tiefgreifendsten Ursache für Hunger“ werden.

Auch niedrige Importzölle und die Förderung der Agrarindustrie in den Industriestaaten trügen maßgeblich zum Hunger bei. Ein „Skandal sei, dass genug Nahrungsmittel produziert werden, um alle Menschen zu ernähren, aber wir es nicht schaffen, sie richtig zu verteilen“, kritisierte die Präsidentin.

Besonders dramatisch ist die Lage laut Index in Burundi, Eritrea und auf den Komoren bei Madagaskar. Langfristige Konflikte und politische Instabilität hätten dort den Hunger seit 1990 verschlimmert. Auch in Syrien hungerten mittlerweile Menschen wegen des Bürgerkriegs.

Insgesamt hat sich der Anteil der weltweit hungernden Menschen im vergangenen Jahr verringert. Im Vergleich zu 1990 sank der Welthungerindex um 34 Prozent; verbessert hat sich die Situation insbesondere in Südasien sowie in Lateinamerika und der Karibik.

Die Welthungerhilfe gibt den Index bereits seit 2006 jährlich heraus. Der Index errechnet sich aus dem Anteil der unterernährten Menschen, dem Anteil von Kindern unter fünf Jahren, die untergewichtig sind, und der Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren.

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5 Kommentare

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  • D
    D.J.

    @Marie,

     

    Tja, Marie, da war noch der linke Diskurs der 70er und 80er. Überbevölkerung sei ein Risenproblem und der Papst daran schuld. Arg verkürzt, aber nicht ganz falsch. Heutzutage verfolgt die Linke (bzw. deren dümmerer Teil) ausschließlich die "Der-Westen-insgesamt-ist-schuldig"-Säkularreligion und leugnet das Problem der Überbevölkerung. Irgendwie irre.

  • A
    Alex

    Überbevölkerung ist sicherlich nicht das einzige Übel. Und die Armut resultiert auch nicht daraus, sondern eher umgekehrt.

    Sorgt man dafür, dass Kinder nicht die einZIGE Absicherung für das Alter sind, senkt sich die Geburtenrate.

  • M
    marie

    Marie

    das eigentlich am schwerwiegensten Problem dieser Menschen in ihren dichtbesiedelten Ländern ist deren Geburtenrate.

    Das einzigste Übel unserer schönen Welt ist die Überbevölkerung und die daraus resultierende Armut. Wildtiere sterben aus und die Menschen vermehren sich wie Nagetiere, die wenigstens noch eine Funktion in der Natur haben.

    • @marie:

      Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Die Armut erzeugt Überbevölkerung. Da kann man Lebensstandard schon umgekehrt proportional zur Bevölkerungszahl ansetzten. Also Armut bekämpfen, der Rest erledigt sich von selbst.

      • M
        M.A.
        @lions:

        Am besten gleich die Schuhe ausziehen!

         

        Bildung schlägt Überbevölkerung schlägt Armut. Bildung erfordert allerdings innere Sicherheit.

        Sorry, aber "geringere" Armut führt zu längerer Lebenserwartung, die führt bei gleicher Fertilität zu noch mehr Überbevölkerung. Eine Todesspirale, in der Afrika seit Jahrzehnten gefangen ist.