Weibliche Doppelspitze im Aufsichtsrat: Henkel setzt auf Frauen
Das Chemieunternehmen Henkel aus Düsseldorf ist der erste DAX-Konzern mit zwei Frauen an der Spitze des Aufsichtsrats.
Die Rollen der beiden Frauen könnten jedoch unterschiedlicher nicht sein. Während Bagel-Trah als Ururenkelin des Firmengründers Fritz Henkel als wichtigste Vertreterin des Düsseldorfer Clans gilt, der immer noch rund 60 Prozent der Stammaktien hält, hat sich das Eigengewächs Helten-Kindlein im Unternehmen hochgearbeitet. Die gebürtige Düsseldorferin ist in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt.
Im Jahr 1985 begann sie eine Lehre als Büroassistentin bei dem Chemiekonzern. Später studierte sie berufsbegleitend Betriebswirtschaft mit den Schwerpunkten Finanzen und Personalmanagement. Sie stieg im Controlling der Firma auf, bevor sie 2001 für ihre Arbeit als Betriebsrätin freigestellt wurde und 2008 in den Aufsichtsrat avancierte.
Neben ihrer Arbeit im Betrieb saß sie im Bezirksvorstand der Gewerkschaft IG BCE. Mit dem Wechsel an die Spitze von Henkel vertritt sie nun rund 53.000 Mitarbeiter*innen und 1.300 Aktionär*innen in 80 Ländern.
Helten-Kindlein ist stolz auf die Fortschritte
Auch wenn Henkel mit der Personalie ziemlich weit vorne ist, sind Frauen im Unternehmen noch immer stark unterrepräsentiert: Nur 34 Prozent der Führungskräfte sind weiblich, in den drei höchsten Führungsschichten sind es nur noch 23 Prozent und im Vorstand 17 Prozent. Traurige Realität ist, dass Henkel damit über dem DAX-Durchschnitt liegt. Helten-Kindlein sagte auf einer Tagung der Max-Planck-Gesellschaft, sie sei „sehr stolz auf die Fortschritte“.
„Vorbildlich“ sei die Berufung Helten-Kindleins, sagte die stellvertretende Geschäftsführerin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Jella Benner-Heinacher. Lob kam auch von Heide Pfarr vom Deutschen Juristinnenbund: „Man hätte ja sagen können, wenn schon eine Frau den Aufsichtsrat leitet, muss ein Mann Stellvertreter werden“, sagte sie der Rheinischen Post. „Dass es nun anders kam, zeigt, dass bei Henkel wichtige Positionen wirklich nach Befähigung vergeben werden.“
Nicht vergessen darf man bei all der Euphorie, dass Henkel vor dem Hintergrund der seit 2016 geltenden verbindlichen Frauenquote in Aufsichtsräten großer Unternehmen agiert. Über die Regelung hatte Bargel-Trah noch 2015 gegenüber der Welt gesagt: „Ich bin gegen eine starre Quote.“ Dem „Managerinnen-Barometer“ des Instituts für Wirtschaftsforschung zufolge hat sich die Quote in Aufsichtsräten inzwischen auf 30 Prozent erhöht. In den deutschen Vorständen, für die eine verbindliche Regelung bislang fehlt, ist man von solchen Zahlen weit entfernt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen