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Weibliche Doppelspitze im AufsichtsratHenkel setzt auf Frauen

Das Chemieunternehmen Henkel aus Düsseldorf ist der erste DAX-Konzern mit zwei Frauen an der Spitze des Aufsichtsrats.

Hier wird es weiblicher: Henkel-Zentrale Foto: reuters

BERLIN taz | Vier Nachnamen für ein Halleluja: Der Chemiekonzern Henkel hat Birgit Helten-Kindlein zur Vize von Aufsichtsratschefin Simone Bagel-Trah ernannt. Damit komplettiert die Finanzexpertin die erste weibliche Doppelspitze im Aufsichtsrat eines DAX-Konzerns. Das Unternehmen, bekannt für die Marken Persil und Schwarzkopf, ist Vorreiterin in Sachen Frauen in Führungsämtern: Bereits Bagel-Trah war 2009 die erste Frau in ihrer Position als Aufsichtsratsvorsitzende eines Börsenunternehmens.

Die Rollen der beiden Frauen könnten jedoch unterschiedlicher nicht sein. Während Bagel-Trah als Ururenkelin des Firmengründers Fritz Henkel als wichtigste Vertreterin des Düsseldorfer Clans gilt, der immer noch rund 60 Prozent der Stammaktien hält, hat sich das Eigengewächs Helten-Kindlein im Unternehmen hochgearbeitet. Die gebürtige Düsseldorferin ist in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt.

Im Jahr 1985 begann sie eine Lehre als Büroassistentin bei dem Chemiekonzern. Später studierte sie berufsbegleitend Betriebswirtschaft mit den Schwerpunkten Finanzen und Personalmanagement. Sie stieg im Controlling der Firma auf, bevor sie 2001 für ihre Arbeit als Betriebsrätin freigestellt wurde und 2008 in den Aufsichtsrat avancierte.

Neben ihrer Arbeit im Betrieb saß sie im Bezirksvorstand der Gewerkschaft IG BCE. Mit dem Wechsel an die Spitze von Henkel vertritt sie nun rund 53.000 Mitarbeiter*innen und 1.300 Aktionär*innen in 80 Ländern.

Helten-Kindlein ist stolz auf die Fortschritte

Auch wenn Henkel mit der Personalie ziemlich weit vorne ist, sind Frauen im Unternehmen noch immer stark unterrepräsentiert: Nur 34 Prozent der Führungskräfte sind weiblich, in den drei höchsten Führungsschichten sind es nur noch 23 Prozent und im Vorstand 17 Prozent. Traurige Realität ist, dass Henkel damit über dem DAX-Durchschnitt liegt. Helten-Kindlein sagte auf einer Tagung der Max-Planck-Gesellschaft, sie sei „sehr stolz auf die Fortschritte“.

„Vorbildlich“ sei die Berufung Helten-Kindleins, sagte die stellvertretende Geschäftsführerin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Jella Benner-Heinacher. Lob kam auch von Heide Pfarr vom Deutschen Juristinnenbund: „Man hätte ja sagen können, wenn schon eine Frau den Aufsichtsrat leitet, muss ein Mann Stellvertreter werden“, sagte sie der Rheinischen Post. „Dass es nun anders kam, zeigt, dass bei Henkel wichtige Positionen wirklich nach Befähigung vergeben werden.“

Nicht vergessen darf man bei all der Euphorie, dass Henkel vor dem Hintergrund der seit 2016 geltenden verbindlichen Frauenquote in Aufsichtsräten großer Unternehmen agiert. Über die Regelung hatte Bargel-Trah noch 2015 gegenüber der Welt gesagt: „Ich bin gegen eine starre Quote.“ Dem „Managerinnen-Barometer“ des Instituts für Wirtschaftsforschung zufolge hat sich die Quote in Aufsichtsräten inzwischen auf 30 Prozent erhöht. In den deutschen Vorständen, für die eine verbindliche Regelung bislang fehlt, ist man von solchen Zahlen weit entfernt.

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2 Kommentare

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  • Es ist typisch, dass die Argumente "Gleichstellung", "Quote", "Diversität" alle egal sind, wenn Frauen von einer einseitigen Geschlechterverteilung profitieren. Damit wird auch klar, dass diese Argumente insgesamt keine sind. Ich hoffe für Henkel, dass die beiden Frauen gut sind und nicht vordergründig wegen ihres Geschlechts ausgewählt worden sind. Dann ist es auch in Ordnung, dass kein Mann dabei ist - wie es bei jedem rational denkenden Unternehmen ebenso in Ordnung ist, wenn bei sorgfältiger Auswahl eine männliche Doppelspitze das Ergebnis ist.

    Feiern wir also die weibliche Doppelspitze als das Ende von Quote, Diversitätsgequatsche und künstlicher Gleichstellung - als Erfolg der besten Kandidat_innen. Wer anderer Auffassung ist, kann den beiden Frauen ja auch die Qualifikation absprechen und den verfassungswidrigen Irrweg, Posten nach Geschlecht zu vergeben, weiterverfolgen.

    • @Velofisch:

      Interessant,dass diese Vermutung,jemand hätte seinen Job „nur wegen seines Geschlechts bekommen“, immer nur angebracht wird,wenn Frauen tatsächlich,endlich irgendwann mal einen Posten bekommen.

       

      Die vielen nachweislich! inkompetenten Männer in ihren Machtpositionen stören sie hingegen weniger.

      Woran liegt das nur,fragt man sich?