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Wegen Kritik am Zentralrat der JudenStudent darf nicht Rabbi werden

In einem taz-Kommentar hatte ein Student dem Zentralrat der Juden Rassismus vorgeworfen. Nun wurde er von der Rabbiner-Ausbildung ausgeschlossen.

Der Student könne es nächstes Jahr nochmal probieren, sagte Kollegleiter Walter Homolka Foto: imago/gezett

Potsdam dpa | Nach einem äußerst kritischen Kommentar über den Zentralrat der Juden hat das Abraham Geiger Kolleg in Potsdam einem Rabbineranwärter die Ordination verweigert. Das Vertrauensverhältnis zu dem Kandidaten sei nachhaltig verletzt, heißt es in einer schriftlichen Begründung des Kollegs. Darüber hatte zuerst Der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe berichtet.

Der Rabbiner-Student Armin Langer hatte im November vergangenen Jahres in einem Kommentar für die taz vorgeschlagen, dass sich der Zentralrat der Juden in den Zentralrat der rassistischen Juden umbenenne. Langer bezog sich in seinem Text auf die Forderung des Vorsitzenden Josef Schuster nach einer Obergrenze für Flüchtlinge in Deutschland.

Langer ist Mitbegründer der Initiative „Salaam-Schalom“, die sich für ein friedliches Miteinander der Religionen einsetzt. 2014 war der 25-Jährige wegen seines Engagements von Bundespräsident Joachim Gauck empfangen worden.

Der Student räumte am Dienstag ein, er habe mit einer negativen Reaktion auf den Kommentar gerechnet, weil seine Sprache teilweise verletzend gewesen sei – aber nicht damit, rausgeworfen zu werden. Allerdings sei ihm schon in der Vergangenheit von Seiten des Kollegs von seinem Engagement abgeraten worden.

„Unsere Entscheidung sollte nicht als Kritik am Engagement Langers verstanden werden, sich für den jüdisch-muslimischen Dialog einzusetzen“, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme von Walter Homolka, dem Rektor des Abraham Geiger Kollegs, vom Dienstag.

Langer müsse als künftiger geistlicher Repräsentant des Judentums seine öffentliche Wahrnehmung und seine Wortwahl so gestalten, dass sich die jüdische Gemeinschaft auch von ihm vertreten lassen möchte, hieß es weiter. Im vorliegenden Fall habe es wiederholt an Fingerspitzengefühl des Kandidaten gefehlt.

Das Kolleg bietet Langer eine Wiederbewerbung für die Ordination als Rabbi nach zwölf Monaten an. Das Studium der Jüdischen Theologie an der Universität Potsdam kann der 25-Jährige fortsetzen.

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29 Kommentare

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  • Was dem einen recht ist, ist dem anderen noch längst nicht billig. Dieser uralte "Glaube" eint ganz offensichtlich alle Religionen dieser Welt - sowohl untereinander also auch mit vielen Atheisten bzw. Agnostikern.

     

    Das Abraham Geiger Kolleg in Potsdam (in Gestalt seines Rektors Walter Homolka) vertraut dem Rabbiner-Studenten Armin Langer nicht. Die taz glaubt, dass sie selbst diesen Verlust zu verantworten hat. Langers taz-Artikel nämlich ist zu entnehmen, dass der Student dem Zentralrat der Juden nicht vertraut. Genauer: Dessen Vorsitzenden Josef Schuster.

     

    Das ist Insubordination (laut Wikipedia der Ungehorsam gegenüber – vor allem militärischen – Vorgesetzten) und wird postwendend bestraft, darf sich die Leserschaft nun denken. Ob Armin Langer, der es angeblich bereits geahnt hat, um der guten Sache willen oder in Erwartung einer gewissen Aufmerksamkeit für seine Person polemisiert, bleibt vorerst sein Geheimnis. Die "Utopie der Normalität", die Ambros Waibel sich angeblich wünscht, sieht allerdings doch deutlich anders aus, vermute ich.

     

    Schon klar: Hier geht es nicht um Fußball. Es geht um mehr. Ein "künftiger geistlicher Repräsentant des Judentums" muss "seine öffentliche Wahrnehmung und seine Wortwahl so gestalten, dass sich die jüdische Gemeinschaft auch von ihm vertreten lassen möchte". Allerdings: Wieso ein bereits gewählter Repräsentant genau das offenbar nicht tun muss nach Ansicht des Herrn Homolka, wüsste ich zu gern. Und überhaupt: Wie soll man Leuten vertrauen, die einen nicht auch offen kritisieren (dürfen)?

     

    Je nun. Wenn es Josef Schuster an Fingerspitzengefühl fehlt, dann ist das offenbar kein Problem des Abraham Geiger Kollegs in Potsdam bzw. dessen Rektors. Es bzw. er könnte ja sonst etwas lehren.

     

    Übrigens: Dass die Entscheidung genau so verstanden werden würde, wie sie angeblich nicht gemeint war, muss den Entscheidern klar gewesen sein. Ihre Entscheidung hätte sonst gar keinen Sinn ergeben.

    • @mowgli:

      "Ob Armin Langer, der es angeblich bereits geahnt hat, um der guten Sache willen oder in Erwartung einer gewissen Aufmerksamkeit für seine Person polemisiert, bleibt vorerst sein Geheimnis."

       

      Nun, ganz so geheimnisvoll ist das nicht. Herr Langer ist auf Effekthascherei aus. Die "Jüdische Allgemeine" hat ihm in der Sache Langer gegen ZdJ einen sehr treffenden Kommentar gewidmet

      http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/24072

      • @Nicky Arnstein:

        Zitat aus verlinktem Artikel in der



        "Jüdische Allgemeine":



        "Und wäre der Zentralrat rassistisch, hätte er 2012 nicht gemeinsam mit türkischen und arabischen Muslimen das Beschneidungsgesetz durchgesetzt"



        Und ich dachte, die Gesetze werden vom gewählten Parlament beschlossen und dann durchgesetzt?

         

        [...]

        Kommentar bearbeitet. Bitte beachten Sie die Netiquette.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Jesus hat es wahrscheinlich auch an Fingerspitzengefühlt gefehlt und Münzer und Hus auch.

     

    Der Student wird wegen Unbotmäßigkeit gefeuert. Das ist unerträglich patriarchalisch!

    • @849 (Profil gelöscht):

      Da haben Sie vollkommen recht. Wie kann es eine Gemeinschaft verlangen, dass einer ihrer Repräsentanten sie vertritt? Das geht überhaupt nicht

  • Der Zentralrat der Juden repräsentiert ohnehin nur ein Teil der in Deutschland lebenden Juden, die eher konservativ ausgerichtet sind. Sein Einfluss dürfte daher nun weiter bröckeln.

  • bin gespannt, was das kabarett aus diesem fall von erdo-uvan macht.

    • @christine rölke-sommer:

      Wer ist erdo-uvan?

      • @Jürgen Matoni:

        gute frage!

        wer wäre Ihnen lieber: Schuster oder Homolka?

  • Fehlendes "Fingerspitzengefühl". Au ja, aber echt hey, und Berufsverbot, zack!

    Aber die (Aus-) Grenzeroberriege (völlig wurscht welcher Hierarchie oder Religion), die mal so salopp aus dem Mund und dem behaglichen Arbeitszimmer, die, die über dem Grenzwert liegen, in die Verdammnis (bzw. den Limbo in irgendeinem erdogan'schen Lager zB) zurück schicken, au ja!, DIE haben Fingerspitzengefühl. Und sind die (auf)rechten Guten.

    Schöne Globalisierte Ego- und Ekelwelt.

  • Betrachtet man den Vorsitzenden Josef Schuster im Hinblick auf gesamtdeutsche Interessen, dann halte ich ihn für eine außerordentlich fragliche Figur. Hingegen nimmt er die Interessen seiner Glaubensbrüder in exzellenter Weise wahr.

    Vergleiche ich weiter unseren Heiligen Vater Franziskus, dann bin ich wieder ganz froh, dass er nicht Schuster heißt und das Gesamte, eine Vision für das Miteinander aller stets vor sich führt und allen vorhält.

    • @Nico Frank:

      Seit wann spielen "gesamtdeutsche Interessen" bei der nur Juden betreffenden Frage, ob ein Rabbi ordiniert wird oder nicht, eine Rolle? Im übrigen ist es abstrus von Ihnen, den gegenwärtigen, vermeintlichen stellvertreter Christi (übrigens eines Juden!) auf Erden mit dem Präsidenten einer deutschen Organisation zu vergleichen, die für die Wahrung der Interessen der in Deutschland lebenden Juden eintritt. Äpfel und Birnen. Da scheint der fromme Katholik in Ihnen den alten Kampf gegen die Juden fortführen zu wollen, oder habe ich da etwas in den falschen Hals bekommen?

      • @Nicky Arnstein:

        Wenn Sie die Auffassung vertreten, der Papst sei ja nur der Stellvertreter EINES Juden, der Präsident des Zentralrates hingegen zumindest mal der Stellvertreter ALLER (in Deutschland lebenden) Juden und wenn Sie daraus quasi ableiten wollen, wer denn nun mehr Gewicht und mehr Größe habe, meinen Sie nicht, es könnte jemand auf die Frage kommen, ob es da historisch gesehen eher hinderlich oder doch eher bedeutungslos war, dass ein Jude einen anderen verriet?







        [ ... ]

         

        Kommentar bearbeitet. Bitte beachten Sie die Netiquette.

        Und das ist immer ein bedauerlicher Irrtum, den wir Deutschen zuletzt vor ca. 80 Jahren begangen haben. Sie sollten es besser wissen, aber sie wollen es wohl nicht.

        • @cursed with a brain:

          [...] Der Kommentar, auf den Sie sich beziehen, wurde bereits entfernt. Die Moderation

  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Es ist natürlich ein Ausbund an Reife eine Obergrenze für Flüchtlinge zu fordern, nur weil die Mehrheit derer Muslime sind. Herr Schuster stellt sich in eine Reihe mit CSU, AfD und Pegida. Das und nur das ist allerdings kritikwürdig.

    • @60440 (Profil gelöscht):

      Was auch immer kritikwürdig ist oder nicht, Langer hat zugegeben, dass seine Wortwahl verletzend war...In 12 Monaten kann er sich wieder bewerben. Was soll die Aufregung?

  • "Langer müsse als künftiger geistlicher Repräsentant des Judentums seine öffentliche Wahrnehmung und seine Wortwahl so gestalten, dass sich die jüdische Gemeinschaft auch von ihm vertreten lassen möchte, hieß es weiter. Im vorliegenden Fall habe es wiederholt an Fingerspitzengefühl des Kandidaten gefehlt."

     

    Sehe ich auch so. Herr Langer fehlt es an geistiger Reife, wenn er der Organisation, die die Interessen der Juden in Deutschland vertritt, Rassismus vorwirft. Nichts gegen etwas Polemik, aber hier ist er deutlich übers Ziel geschossen. Nun ja, in 12 Monaten kann er sich wieder bewerben.

    • @Nicky Arnstein:

      Wieso blenden sie die Begründung Langers für diesen Vorwurf eigentlich aus?







      Und wie bringen Sie das Grundrecht auf Asyl mit dem vom Vorsitzenden des Zentralrates eingebrachten Begriff einer "Obergrenze" in Einklang, wenn dies nicht eine rassistische Tendenz vermuten liesse?







      [ ... ]

       

      Kommentar bearbeitet. Bitte beachten Sie die Netiquette.







      Sie vergessen oder negieren, dass die schlimmsten Freunde eines jeden Menschen nicht diejenigen sind, die hin und wieder kritisieren und warnen, sondern die bedingungslosen, devoten Kopfnicker und Claqueure.

      • @cursed with a brain:

        Mir scheint, dass Sie reflexhaft nach allen schnappen, die nicht Ihre kritische Haltung dem Zentralrat entgegenbringen, anders kann ich Ihre Giftigkeit ncht deuten, mit der Sie Ihren Vorschreiber anzicken. Das wirkt ziemlich niveaulos.

      • @cursed with a brain:

        Doch ich habe Antworten auf Ihre exaltierten Angriffe gegen meine Person und blende gar nichts aus.

        Langers "Begründung" gibt nicht das wieder, was Schuster gesagt hat, sondern ist Langers Verdrehung der Aussagen, die auf Langers Unvermögen hindeutet, Quellen richtig wiederzugeben. Ich stimme der Journalistin der "Jüdischen Allgemeinen" zu, die seinerzeit zu Langer schrieb: "Auch mit seinem spätpubertären Kommentar in der »taz«, in dem er Zentralratspräsident Josef Schuster »Rassismus« vorwarf, hat sich Armin Langer als nützlicher Idiot einspannen lassen, der Juden medienwirksam vors Schienbein tritt." Langer behauptete, Schuster habe gesagt, Antisemitismus sei ein ethnisches Problem. Josef Schuster hatte in der Zeitung »Die Welt« zur Integration muslimischer Einwanderer die Überlegung geäußert, man könne zu dem Schluss kommen, es handele sich »nicht um ein religiöses Problem, sondern um ein ethnisches«. Langer hat Schusters Worte nach Gutdünken verdreht und sich medienwirksam in Szene gesetzt.

        Wäre Schuster Rassist, hätte er sich wohl kaum beim Mitzvah Day des Zentralrats für Kinder aus Syrien engagiert. Übrigens sprach selbst Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, von einer »technischen Obergrenze« für Flüchtlinge, die in Deutschland offenkundig bald erreicht sei. Ist also auch der Zentralrat der Muslime, vertreten durch Mazyek, ein Zentrum von Rassisten? Und wo bleibt Ihre gespielte Empörung darüber?

        • 2G
          25726 (Profil gelöscht)
          @Nicky Arnstein:

          "Langers "Begründung" gibt nicht das wieder, was Schuster gesagt hat,"

           

          Sie sollten Schusters Aussage nicht nur zitieren, sondern mit Verstand lesen. Dann kommen Sie - ohne Scheuklappen - zu dem Ergebnis, daß Langers Begründung korrekt ist. Ich erkenne keinen inhaltlichen Unterschied wie bspw. zu Seehofers Geschwafel.

    • @Nicky Arnstein:

      Eine Organisation, die "die Interessen der Juden" (viel zu pauschal formuliert!) vertritt kann sehr wohl rassistisch handeln und sein. Dies zu benennen und zu beanstanden ist meiner Meinung nach Recht und Pflicht eines jeden Menschen.

       

      Fehlt es Dir vielleicht an geistiger Reife, wenn Du behauptest, die Menschen im Zentralrat der Juden wären immun gegenüber der Entwicklung eigener Rassismen? : P

       

      Wie auch immer: Ich denke es war das WIE, um das es ging. Also wie Armin Langer hier Kritik geübt hat, nicht, dass er überhaupt kritisierte.

       

      Dennoch ist es immer heikel, wenn, wie hier, der Kritisierte (der ZdJ) in die Rolle des Beurteilenden in einer anderen Sache gerät und so Macht auf seine Kritiker ausüben kann. Das hinterlässt einen faden Beigeschmack.

      • @bonus bonus:

        Hier geht es nicht um den ZdJ oder darum, ob man ihn kritisieren darf oder nicht (natürlich darf man das!!), sondern darum, dass ein angehender Rabbi die für diesen Job erforderlichen Qualifikationen offensichtlich nicht mitbringt: Fingerspitzengefühl, Diplomatie und Ausdrucksvermögen. Im Übrigen hat nicht der ZdJ die Entscheidung getroffen, sondern Walter Homolka , "ein deutscher Rabbiner und ordentlicher Universitätsprofessor für Jüdische Religionsphilosophie der Neuzeit, Schwerpunkt Denominationen und interreligiöser Dialog, an der 2013 gegründeten School of Jewish Theology der Universität Potsdam. Er ist Gründer und erster Rektor des 1999 errichteten Abraham-Geiger-Kollegs an der Universität Potsdam." Also bitte schön sachlich bleiben.

        • @Nicky Arnstein:

          Wie die neue Anordnung des Kollegs - vermutlich auf Betreiben des ZDJ als einflussreicher Geldgeber - zeigt, darf man genau das eben nicht.

        • @Nicky Arnstein:

          Wo waren "Fingerspitzengefühl, Diplomatie und Ausdrucksvermögen" bei der Forderung nach einer "Obergrenze" für Flüchtlinge?

           

          Der Kritiker antwortete in der Sprache des Kritisierten um diesem vor Augen zu führen, wohin dessen Wortwahl und seine Forderung den Zentralrat bringen.

           

          Dass eine offene Auseinandersetzung und ein Nachdenken in diesen Kreisen offenbar unerwünscht ist, ist nun jedem klar geworden.

          • @cursed with a brain:

            "in diesen Kreisen" - Wie meinen Sie das genau?

          • @cursed with a brain:

            Siehe meine Antwort an Sie weiter oben.... Ich möchte mich nicht wiederholen.