Wechsel in der EU-Kommission: Personalrochade als Politikum

Dem niederländischen EU-Klimakommissar Timmermans folgt der Slowake Maroš Šefčovič. Auf Ursula von der Leyen kommen Probleme zu.

Ursula von der Leyen vor der blauen EU-Fahne mit gelben Sternen

Kann sich in der Klimapolitik nicht mehr hinter Timmermans verstecken: Ursula von der Leyen Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Brüssel taz | Wachwechsel in der Europäischen Kommission: Zehn Monate vor der Europawahl im Juni 2024 verlässt einer der profiliertesten EU-Politiker, der niederländische Klimakommissar Frans Timmermans, die Brüsseler Behörde. Seinen Job übernimmt der slowakische EU-Kommissar Maroš Šefčovič, wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstagabend mitteilte.

Die scheinbar simple Personalrochade ist ein Politikum. Timmermans geht im Streit mit der Europäischen Volkspartei – der politischen Familie von der Leyens. Die EVP hatte seine Klimapolitik als angeblich industriefeindlich attackiert. Deshalb war auch sein Verhältnis zu von der Leyen angespannt. Die CDU-Politikerin ließ den Sozialdemokraten im Regen stehen.

Nun verlässt Timmermans Brüssel. Bei der niederländischen Parlamentswahl im Herbst will er als Spitzenkandidat der Sozialdemokraten und der Grünen antreten. Sein Amtsnachfolger Šefčovič dürfte sich schwertun, die Lücke zu füllen. Er gilt als farbloser Ausputzer vom Dienst. Zuletzt war er für „politische Koordinierung“ zuständig und auf der EU-Bühne fast unsichtbar.

Der 57-Jährige muss die Gesetzesvorhaben des „European Green Deal“ zu Ende führen. In der Pipeline ist noch ein Gesetz über nachhaltige Lebensmittel und die Reform der Chemikaliengesetzgebung Reach. Zudem soll er die Klimabilanz der EU im Europawahlkampf verteidigen. Keine leichte Aufgabe, wie sich an Deutschland zeigt: Im größten EU-Land werden wohl die Klimaziele für 2030 verfehlt.

Nichts als Personalprobleme

Auch auf von der Leyen kommt Ärger zu. Sie hat den „European Green Deal“ 2019 nach ihrer umstrittenen Wahl persönlich ausgerufen und kann sich nun nicht mehr hinter Timmermans verstecken. Der wortgewaltige Niederländer verstand es, seiner Chefin den Rücken freizuhalten und die europäischen Sozialdemokraten und die Gewerkschaften einzubinden.

Von der Leyen muss zudem zwei weitere Personalfragen klären. Zum einen fehlt nach Timmermans’ Abgang ein niederländischer EU-Kommissar. Wann und wen die scheidende Regierung in Den Haag nominiert, ist offen. Der oder die Kandidatin muss nicht nur zu von der Leyen passen, sondern auch dem EU-Parlament ge­fallen.

Zum anderen droht der nächste Abgang: Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Die Dänin möchte den scheidenden Chef der Europäischen Investitionsbank ablösen, den Deutschen Werner Hoyer (FDP). Kommt es so, ist von der Leyen fast allein zu Haus.

In der Kommission gilt nur noch der Franzose Thierry Breton als Schwergewicht. Der Binnenmarkt-Kommissar hat sich im Kampf gegen die US-Internetriesen und bei der Aufrüstung der einstigen Friedensunion EU profiliert. Er könnte sich 2024 um die Leitung der nächsten Kommission bewerben – wie von der Leyen.

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