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Wasserstoffantrieb in der ForschungAntrieb Zukunft

Die schwarze Forschungsministerin Karliczek ist für „grünen“ Wasserstoff. Vier Projekte starten zum Oktober. Stress gibt es nur um den Standort.

Eine Tankstelle für Wasserstoff Foto: imago images/Rene Traut

Die Energieforschung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gibt sich flexibel: mal so, mal so. Weil Elektromobilität die neue Leittechnologie im Verkehrsbereich werden soll, investiert das Haus von Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) massiv in die Fertigung von Batteriezellen – aber seit Neuestem auch in die Alternativvariante des Wasserstoffantriebs. Was dagegen aus den einst mit großem Aufwand gestarteten Kopernikus-Forschungsprojekten zur Energiewende werden soll, ist nur teilweise geklärt.

Als Karliczek Ende Juni ein aktualisiertes Forschung- und Innovationsprogramm zum Klimaschutz mit einem Fördervolumen von rund 300 Millionen Euro bis 2025 vorstellte, spielte darin der „grüne Wasserstoff“ eine zentrale Rolle. „Wir wollen die Forschung zur Nutzung von Wasserstoff verstärken“, erklärte die Ministerin. Ein detailliertes Gesamtkonzept solle bis Ende des Jahres vorliegen.

Neu ist die Ausrichtung auf die Elektrolyse, die Strom aus erneuerbaren Energiequellen zur Wasserspaltung benutzt. Das so gewonnene Wasserstoffgas könne „zum Beispiel in Autos, in der Produktion oder beim Heizen über eine Brennstoffzelle genutzt werden“, erläuterte Karlizek. Allein in der deutschen Chemieindustrie und den Petro-Raffinerien könnten nach Schätzung von Experten bis zu 15 Millionen Tonnen CO2 im Jahr vermieden werden, wenn der heutige „graue“ Wasserstoff aus Erdgas und Öl durch klimafreundlichen „grünen“ Wasserstoff ersetzt würde, und damit fast ein Zehntel der industriellen CO2-Emissionen.

Klimaschutz als globales Geschäftsmodell

Das BMBF will in den nächsten drei Jahren rund 180 Millionen Euro für Projekte in der Wasserstoff­forschung bereit stellen, doppelt soviel wie in den letzten drei Jahren. So soll im Forschungsvorhaben „Power-to-X“ – eines der vier Kopernikus-Projekte – in der zweiten Phase die Erzeugung von grünem Wasserstoff aus dem Laborstadium in die Marktnutzung gebracht werden. Das BMBF gibt dafür 30 Millionen Euro an Forschungsmitteln.

Mit Partnern in Afrika soll dort ein „Potenzialatlas zu grünem Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen“ aufgelegt werden, der die Erzeugungs- und Exportpotentiale sowie deren Erschließung analysiert. „Damit kann Klimaschutz zu einem globalen Geschäftsmodell werden“, hofft die Forschungsministerin.

Eine ähnliche Wirkung hatte indirekt das deutsche EEG für die weltweite Verbreitung der Photovoltaik gehabt. Zusammen mit französischen Forschungspartnern wird an Möglichkeiten gearbeitet, um grünen Wasserstoff zum Heizen im Wohnbereich zu nutzen. Vier Projekte starten zum 1. Oktober 2019, für die es von deutscher Seite rund 4,5 Millionen Euro gibt.

Politischen Stress hat sich Karliczek mit ihrer Förderung der „Forschungsfabrik Batteriezelle“ (500 Millionen Euro bis 2022) eingehandelt, seitdem Ende Juni die Standortentscheidung einer Auswahljury bekannt gegeben wurde. Von acht konkurrierenden Standorten für das ambitionierte Vorhaben machte die NRW-Wissenschaftsstadt Münster das Rennen, wo gleich nebenan die Bundestagsabgeordnte Karliczek ihren Wahlkreis hat.

„Eine Entscheidung mit Geschmäckle“, wurde kritisiert. Drei Ministerpräsidenten verlangten in einem Brief an die Bundeskanzlerin eine Korrektur der Entscheidung, wohingegen die Forschungsministerin betonte, dass sie nicht direkt mit der Auswahl befasst gewesen sei. Diese hätten die ministeriellen Fachleute nach rein sachlichen Kriterien entschieden. Münster habe demnach die beste universitäre Batterieforschung.

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3 Kommentare

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  • Auf ins Münsterland!



    Forschungsministerin Karliczek wählte den richtigen Standort: das Münsterland ist die Wiege der Schweinezucht und damit der ideale Standort für ein Güllenetz zu deren Vergärung. Bekanntlich lässt sich Wasserstoff besonders umweltfreundlich aus dem bei der Vergärung entstehenden Methan gewinnen, bei der keinerlei Kohlenmonoxyd die Katalysatoren der Brennstoffzellen vergiftet. Auf das dem Münsterland eigene Aroma der Atemluft müssen wir dann allerdings verzichten. Dieses wird mit dem in der Gülle steckenden Schwefel vollständig entfernt und ebenfalls in Wertstoff verwandelt. Die anaerobe Vergärung wandelt ebenso vollständig grundwassergefährdendes Nitrat und Ammoniak in Frischluft.



    Auch entfällt endlich die energiezehrende Stromverschwendung aus Braunkohle zur Elektrolyse von Wasser , oder , was noch schlimmer ist, wertvollem Solarstrom. Im Übrigen lässt sich der entstehende Wasserstoff sehr viel einfacher in Form von flüssigem Methan speichern oder gar durch einfache Einspeisung in unser Erdgasnetz.

    Lithiumbatterien lassen sich übrigens hervorragend recyceln, indem man sie einfach unter Wasser zerschneidet und abbrennen und dort abbrennen lässt. Es entstehen sowohl reiner Wasserstoff wie hochkonzentrierte grüne Lithiumlauge, die direkt wieder der Lithiumerzeugung zugeführt wird. Danach lässt sich das nun ungefährliche Nickel ebenfalls problemlos wiedergewinnen. Die Lauge lässt sich obendrein solar eindampfen, wie es die Bauern an den Salzseen Boliviens ebenfalls tun.



    Von wegen, schwierige Entsorgung!



    Verbrauchte Lithiumakkus sind Wertstoff!

  • wieso wird hydrogen technik nicht so gefördert wie die nicht zukunftsträchtige batterie-technik? irgendwann ist alles lithium weg! CO2 footprint ist erbärmlich: 200.000 km um im vergleich mit diesel aufzuschließen.laut tesla sind aber schon bei ca.100.000 km die batterien zu tauschen...das berechnet niemand mit ein! deshalb ist toyota schon bei hydrogen dabei...und in 20 jahren bemerkt man dann hier auch, das mal wieder in verfehlte technik investiert wurde.aber kurzfristige gewinnerwartungen der autokonzerne bestimmen mal wieder unsere zukunft! finster!

    • @m. luz:

      Im Gegensatz zu Erdöl wird Lithium nicht verbraucht. Es kann am Ende der Lebenszeit eines Akkus wiedergewonnen werden. Auch die Werte zu CO2 Bilanz und Lebensdauer im Auto sind falsch. Es gibt mittlerweile jede Menge Teslas mit bedeutend über 100000km Laufleistung. Auch wird der Einsatz der Akkus nach dem Autoleben nicht berücksichtigt. Sie können als Speicher von Solarenergie eingesetzt werden. Wenn bei der Produktion der Akkus erneuerbare Energie verwendet wird, verbessert sich die CO2 Bilanz schlagartig.