Wasserdampf auf Planet K2-18b: Noch mal von vorn im Weltraum
ForscherInnen haben auf dem gerade mal 110 Lichtjahre entfernten Planeten K2-18b Wasserdampf entdeckt. Worauf warten wir noch? Nichts wie hin!
Wie mit einer Wohnung im Kleinen verhält es sich mit unserem Wohnplaneten im Großen: Die Erde ist langsam echt so ein bisschen runtergerockt. Ein paar Millionen Jahre war es ja ganz schön, doch irgendwann fängt man an, sich unwohl zu fühlen. Der Suffi im Stockwerk unter uns (a.k.a. Regierungschef des vormaligen Bündnispartners) krakeelt Tag und Nacht. Manchmal scheißt er auch in den Hausflur.
Selbst ist man nicht viel besser, dazu muss man sich nur mal in der eigenen Bude umgucken – Messi, dein Name ist Mensch: Die Tapeten sind runter, die Tiere und Grünpflanzen verreckt, der Aschenbecher (formerly known as Regenwald) ist voll. Der Permafrostboden taut auf und eigentlich bräuchte man dringend einen neuen Kühlschrank.
Irgendwie sind auch zu viele Mitbewohner hier, es wird eng in der WG Erde und alle werden immer komischer: Populisten, Spinner, Umweltzerstörer. Jeden Tag gibt es Ärger respektive Krieg, wer den Müll rausbringt, und am Ende fühlt sich doch wieder keiner verantwortlich. Asien und Afrika haben jedenfalls keinen Bock mehr drauf, dass es immer an ihnen hängenbleibt.
Draußen vor der Tür sieht es kaum besser aus. Die Gegend, die wir früher mal so geil fanden, ödet uns bloß noch an: unser Sonnensystem ist uncool geworden, durchgentrifiziert, langweilig. Immer derselbe Mond, dieselbe Sonne, derselbe Abendstern. Die ganze Atmo ist im Arsch. Wer etwas auf sich hält, zieht weg. Und da wir als Menschheit so beharrlich wie unangebracht viel auf uns halten, wechseln wir alle gemeinsam den Planeten. Es muss ja kein völlig anderes Viertel sein – ein paar Hausnummern die Milchstraße runter genügt uns schon.
Wasser gibt's, und Rotlicht für die Nebenhöhlen
Denn dort, nur hundertzehn Lichtjahre entfernt, tut sich eine überraschende Gelegenheit auf: der Exoplanet K2-18b. Mit der achtfachen Masse und dem doppelten Umfang unserer Erde ist er überraschend geräumig, steht völlig leer und ist quasi bezugsfertig. Wer zuerst kommt, kann im Grunde einziehen. Auch dass die Astronomen dort keinerlei Leben ausmachen konnten, ist einer raschen und unbürokratischen Übernahme zuträglich. Denn wenn man erst noch gegenüber einer Population hochintelligenter Riesenamöben den Eigenbedarf geltend machen müsste, dauerte der Prozess sicher Jahrmillionen.
Auch Wasser gibt es schon auf K2-18b, das müsste man also nicht mehr mühsam legen lassen, geschweige denn in (Plastik!) Flaschen von der Erde ankarren. Neben dem Vorhandensein von Wasser sowie einer Atmosphäre konnte ein Forscherteam der University of London überlebensfreundliche Temperaturen feststellen. In dieser Kombination ist das für einen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems einzigartig.
K2-18b kreist um einen roten Zwergstern namens K2-18, wobei wir uns vom Ausdruck Zwergstern nicht täuschen lassen sollten. Die kleine Sonne ist schon ordentlich groß und taucht unsere neue Heimat die meiste Zeit über in ein angenehmes rotes Licht. Das tut besonders unseren Mitbürgern mit chronischen Nasennebenhöhlenentzündungen gut.
Aber auch für alle anderen beginnt eine neue Zeitrechnung. Mit das Schönste an einem Ortswechsel ist die Aufbruchstimmung, der Karmaschub, das Abenteuer. Noch einmal ganz von vorne anfangen zu können setzt so viel frische Energien frei. Wir können alles anders machen, die Städte von vorneherein menschenfreundlich und autofrei konzipieren.
E-Zeppeline und Pfirsichalleen
Wenn das Wasser erst mal läuft, pflanzen wir ganze Alleen voller Pfirsichbäume, die sternförmig auf rotlicht- und luftdurchflutete Siedlungen aus allerliebsten Hobbithäuschen zulaufen. In denen verteilt wohnt nun die gesamte Menschheit, denn Platz ist auf der großzügig geschnittenen Supererde ja genug. Endlich sind wir ihn los, den beengenden Ballast jahrtausendealter Architektur, die sperrig und unzeitgemäß im Weg rumstand (Stonehenge, Kolosseum, Akropolis, Rothenburg ob der Tauber).
Den völkisch-regressiven Eindruck der Häuschen kompensiert man mit einem flotten und innovativen Radioprogramm. Und was Bruno Taut einst nur ansatzweise versucht hat, hier wird es Wirklichkeit. Der Mensch steht wieder im Mittelpunkt, besser gesagt, der neue Mensch, ein hochmoralisches Wesen, das sich achtsam und ressourcensparend (E-Zeppelin, Sammetpfötchen, Winddraisine) über den neuen Planeten bewegt. Ein zweites Mal wird er es nicht versauen.
Der neue Mensch macht keinen Fehler, verhält sich still und verzichtet auf überhöhte Rituale. Silvester etwa fällt aus, denn da K2-18b vergleichsweise nah an seiner Sonne liegt, ist das Jahr nur dreiunddreißig Tage lang. Und so häufig muss man nun wirklich nicht dumm herumstehen und Menschen umarmen, die einem fremd sind. Schluss also mit der Überhöhung des Jahreswechsels; das Geballer spart sich der leise und nach Harmonie strebende „Ka-Zwoler“, wie er sich halbironisch nennt.
Die hundertzehn Lichtjahre Entfernung sind zurzeit freilich noch eine kleine logistische Herausforderung. Bislang erreicht man K2-18b nicht in einem Menschenleben. Aber dank der immer besseren medizinischen Versorgung und unserer mittelfristig zu erwartenden Unsterblichkeit können wir die Anreise bald locker wuppen.
Bis dahin haben wir auch Umzugswagen entwickelt, die mit zehn hoch drölfzig Husch (km/h war gestern) unseren Hausstand aus CD-Ständern, Katzenklos und Atom-U-Booten transportieren können. Hoffentlich geht dabei nicht allzu viel kaputt. Es heißt ja nicht umsonst: Dreimal umziehen ist wie einmal abgebrannt.
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