Wasser in Zeiten wachsender Trockenheit: Nass mit Nebenwirkungen
Geklärtes Abwasser könnte auch in Deutschland bald auf trockenen Äckern eingesetzt werden. Umweltministerin kündigt eine Wasserstrategie an.
Diese Regeln könnten auch einen neuen Umgang mit gebrauchtem Wasser umfassen. Abwasser aus privaten Haushalten oder Unternehmen wird bislang in Deutschland überwiegend in Kläranlagen gereinigt und danach in Flüsse eingeleitet. Aus Südeuropa kommt die Idee, das Wasser stattdessen direkt wiederzuverwenden, es also zu recyceln.
In der Industrie – etwa in der Stahl- oder Chemiebranche – ist das schon lange üblich, in der Landwirtschaft bisher nicht. Seit dem Frühjahr ist diese Wasserwiederverwendung EU-weit auch für solche neuen Anwendungen geregelt. Es gilt eine drei Jahre lange Übergangsfrist, dann kann die Verordnung in Deutschland angewendet werden.
Seitdem hätten „weder das Umweltbundesamt (UBA) noch ein anderes Ministerium des Bundes ihr geplantes Vorgehen dazu publik gemacht“, kritisiert Wido Waelput, Manager bei Kemira, einem finnischen Chemieunternehmen, das unter anderem Technik und Chemikalien zur Wasseraufbereitung herstellt. In Deutschland sieht er offenbar einen interessanten Markt, den es zu erschließen gilt.
Bei Niedrigwasser problematisch
In der Verordnung werden die Industrie oder etwa Golfplätze als Abnehmer von Brauchwasser genannt, Hauptzielgruppe sind aber Landwirte. Bei ihnen wie beim UBA gibt man sich jedoch zurückhaltend. „Es stellen sich jede Menge Fragen, die wir in den kommenden drei Jahren beantworten müssen“, sagt UBA-Wasserexpertin Manuela Helmecke. Lokal könnte etwa das Ausbleiben des Zuflusses aus Kläranlagen für Flüsse problematisch werden, die sowieso von Niedrigwasser betroffen sind.
So hat das UBA in einer Studie 2018 festgestellt, dass der Anteil von behandeltem Abwasser bei Niedrigwasser zum Teil bei 30 bis 50 Prozent liegt, beispielsweise in Abschnitten des Mains, der Ems, der Weser und der Havel. Teilweise können diese Anteile auf über 50 Prozent steigen, wie in Teileinzugsgebieten des Neckars und des Nieder- und Mittelrheins.
Knackpunkt einer Wiedernutzung sei aber, wie sauber das Wasser nach der Reinigung in der Klär- und Wiederaufbereitungsanlage sei. „Häufig sind Rückstände aus Arnzeimitteln, perfluorierten Chemikalien (PFCs) oder anderen Industriechemikalien im Abwasser enthalten“, sagt Helmecke. Die Mengen seien gering, sodass sie in der Vermischung mit dem Flusswasser im Durchschnitt eine untergeordnete Rolle spielten. „Bei der Bewässerung in der Landwirtschaft sieht das aber schon anders aus.“ Hier müsse genau untersucht werden, ob sich die Stoffe in den Pflanzen, in Böden oder im Grundwasser anreichern.
Dem Deutschen Bauernverband gehen die Regelungen in der entsprechenden EU-Verordnung deswegen auch nicht weit genug. Es sei zwar eine Risikoprüfung für das Recyclingwasser vorgesehen. „Es fehlen aber Grenzwerte, beispielsweise für Schwermetalle wie Arsen oder Blei, sowie für bestimmte Keime“, sagt Gerolf Bücheler vom Deutschen Bauernverband.
Zunehmende Trockenheit
Eine Rolle spielt künstliche Bewässerung vor allem im Gemüse- und Obstanbau. Hier könne die zunehmende Trockenheit in einigen Regionen neue Konzepte für die Wassernutzung notwendig machen. Es stelle sich aber eher die Frage, ob Landwirte weiterhin die Genehmigung zur Entnahme von Oberflächen- und Grundwasser erhielten.
Hier hakt der Verband der Kommunalen Unternehmen (VKU) ein und fordert, dass sich Landwirte Entwässerungsanlagen wie Drainagen künftig genehmigen lassen müssten. Die neue EU-Richtlinie begrüßt der Verband, er hält es aber für „richtig, dass die Wiederverwendung von aufbereitetem Abwasser nicht generell erlaubt ist“. Die Zulassung sei an Auflagen zu Risikobewertung und Qualitätsstandards geknüpft, die nun im Rahmen der nationalen Umsetzung weiter ergänzt werden sollten. Letztlich komme es auf die praktische Umsetzung der Verordnung an.
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